Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen im Rahmen des Erwerbs einer Fluglizenz können bei einer zweistufigen Flugausbildung steuerlich vollständig als Werbungskosten berücksichtigt werden
Leitsatz (redaktionell)
- Soweit bei einer Fachausbildung zum Verkehrsflugzeugführer (ATPL) als notwendiges Durchgangsstadium auch die Kenntnisse vermittelt werden, die zum Erwerb einer Privatpilotenlizenz (PPL) erforderlich sind, sind diese - anders als Aufwendungen zum isolierten Erwerb einer PPL - als vorweggenommene Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen.
- Allein eine konkrete Aussicht auf steuerfreie Erstattung dieser Aufwendungen in einem späteren Veranlagungszeitraum rechtfertigt noch keine entsprechende Kürzung der Werbungskosten nach Maßgabe des § 3c EStG.
- Gleiches gilt jedenfalls dann, wenn eine derartige in unmittelbarem Zusammenhang mit den vorweggenommenen Werbungskosten stehende steuerfreie Erstattung auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Steuerfestsetzung nicht positiv festgestellt werden kann.
- Die Entscheidung, ob die Deklaration einer möglicherweise als steuerfrei zu behandelnden Einnahme in einem späteren Veranlagungszeitraum Anlass zur Änderung bereits durchgeführter Veranlagungen gibt, kann nicht ohne Anregung und Mitwirkung der Finanzbehörde in ein noch nicht abgeschlossenes gerichtliches Klageverfahren vorverlagert werden. Das Gericht kann diese Umstände nicht in die Entscheidung über einen vorangegangen Veranlagungszeitraum übernehmen.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 11, §§ 3c, 9 Abs. 1 Satz 1; FGO § 76 Abs. 1 Satz 1; FVG § 17 Abs. 2
Streitjahr(e)
2003
Tatbestand
Streitig ist, ob und ggf. in welchem Umfang Aufwendungen steuerlich berücksichtigt werden können, die dem Kläger im Zusammenhang mit dem Erwerb einer Fluglizenz entstanden sind.
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2003 als Zeitsoldat Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Im August 2003 stellte er beim Kreiswehrersatzamt in „A” den Antrag, eine Fachausbildung (§§ 5 und 5a des Soldatenversorgungsgesetzes ≪SVG≫) zum Verkehrsflugzeugführer (Erwerb einer Airline Transport Pilot Licence = ATPL) auch finanziell zu fördern. Daraufhin wurde der Kläger vom militärischen Dienst freigestellt (Bescheid vom 3.9.2003). Ferner wurde seinem Förderungsantrag mit einem Fachausbildungsbescheid vom 15.9.2003 entsprochen und es wurden die ggf. erstattungsfähigen Kosten mitgeteilt. Als Ausbildungsstelle war die Firma „B” mit Sitz in „C” vorgesehen. Wegen der Einzelheiten des Fachausbildungsbescheides wird auf die in den Gerichtsakten (Bl. 46) enthaltene Ablichtung Bezug genommen. Unter dem 30.9.2003 schloss der Kläger mit der „B” einen Ausbildungsvertrag. Danach sollte die „B” die Ausbildung zum Erwerb einer Privatpilotenlizenz (PPL = Private Pilot Licence) und der ATPL übernehmen. Wegen der Einzelheiten des Vertrages wird auf die in den Steuerakten enthaltene Ablichtung Bezug genommen. Nach einem Umzug von „A” nach „C” begann der Kläger mit der Ausbildung. Im Dezember 2003 bestand er die theoretische Prüfung zum Erwerb der PPL und im September 2005 die theoretische Prüfung zum Erwerb der ATPL.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2003 hatte der Kläger die Aufwendungen, die im Vorfeld der Ausbildung zum Flugzeugführer angefallen waren (Untersuchungs- und Verwaltungsgebühren sowie Aufwendungen für Schulungsmaterial und vorbereitende Kurse), und die ersten von der „B” in Rechnung gestellten Beträge als Fortbildungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend gemacht. Wegen der Zusammensetzung des von ihm ermittelten Betrages in Höhe von 6.807,-- € wird auf die zu den Gerichtsakten (Bl. 42) gereichte Aufstellung und auf die in den Steuerakten abgehefteten Einzelnachweise Bezug genommen.
Der Beklagte berücksichtigte bei der Veranlagung lediglich andere, hier nicht streitige Werbungskosten und ließ die vom Kläger geltend gemachten Fortbildungskosten im Hinblick auf eine nach seiner Ansicht ungeklärte Rechtslage außer Ansatz (Bescheid vom 6.5.2004). Die Steuer setzte er auf…€ fest. Den Einspruch des Klägers wies er unter dem 18.6.2004 als unbegründet zurück. Dazu führte er aus, dass der Kläger für das Streitjahr lediglich Aufwendungen zum Erwerb der PPL geltend gemacht habe. Diese wiederum könnten nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) regelmäßig nicht als Werbungskosten berücksichtigt werden, weil sie der privaten Lebensführung zuzuordnen seien. Insbesondere seien sie nicht als notwendige Vorstufe zum Erwerb der ATPL anzusehen.
Im Klageverfahren hat der Kläger zunächst vorgetragen:
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid sei rechtswidrig, denn der Beklagte habe die in der Steuererklärung geltend gemachten Aufwendungen zu Unrecht außer Ansatz gelassen. Er (der Kläger) habe nämlich die Ausbildung zum Verkehrsflugzeugführer ohne Vorkenntnisse absolvieren müssen. Daher seien die zum Erwerb der PPL notwendigen Schulungsteile zwingend auch Teil der ATPL-Ausbildung gewesen. Insoweit habe...