Entscheidungsstichwort (Thema)
Strom- und Energiesteuervergütung: Eigenständigkeit eines kleineren und mittleren Unternehmens (KMU)
Leitsatz (redaktionell)
- Die bei der Einführung eines lediglich alternativen Systems zur Verbesserung der Energieeffizienz für die Gewährung einer Strom- und Energiesteuervergütung relevante Eigenschaft als eigenständiges kleineres und mittleres Unternehmen ist nach der Empfehlung der Kommission vom 06.05.2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. EU Nr. L 124 vom 20.05.2003, S. 36 ff.) zu bejahen, wenn die Tätigkeit zweier beteiligungsidentischer KGs, die Produkte für Beschichtungen herstellen und vertreiben, deshalb nicht in demselben oder in benachbarten Märkten stattfindet, weil eine KG Zulieferer für komplexe technische Beschichtungsverfahren der Industrie ist und dabei weitere Dienstleistungen erbringt, während die Kunden der anderen KG überwiegend Malerbetriebe oder Baumärkte sind.
- Es fehlt in diesem Fall an der Nachfrage- und Angebotssubstituierbarkeit der Produkte sowie an unmittelbar vor- oder nachgeschalteten Märkten.
- Der jeweils relevante Markt kann nicht durch eine Bezugnahme auf die WZ 2003 bestimmt werden.
Normenkette
StromStG § 10 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 3 Nr. 1, Abs. 3 S. 2, Abs. 4 S. 1 Nr. 1; EnergieStG § 55 Abs. 1 S. 1, Abs. 2, 4 S. 1 Nr. 1, S. 2, Abs. 5 S. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Hinblick auf die Voraussetzungen für Strom- und Energiesteuervergütungen darüber, ob die Klägerin ein eigenständiges kleines oder mittleres Unternehmen ist.
Persönlich haftender Gesellschafter der Klägerin sind die A GmbH und B. Kommanditist ist die C GmbH. Persönlich haftender Gesellschafter der A GmbH & Co. KG (KG) sind die GmbH und B, Kommanditistin die C-GmbH. B ist einer der Geschäftsführer der GmbH und Geschäftsführer der C-GmbH. Er ist auch alleiniger Gesellschafter der GmbH. Alleinige Gesellschafterin der C GmbH ist seit 2015 die KG.
Am 12.03.2015 beantragte die Klägerin für das Jahr 2014 die Entlastung von der Strom- und von der Energiesteuer nach § 10 des Stromsteuergesetzes (StromStG) und § 55 des Energiesteuergesetzes (EnergieStG). Dabei legte sie als Nachweis über ein Energiemanagement-, Umweltmanagement- oder ein alternatives System zur Verbesserung der Energieeffizienz eine von einer akkreditierten Konformitätsbewertungsstelle unterschriebene Bestätigung vor. Darin wurde bestätigt, dass die Klägerin mit der Einführung eines Energiemanagements-, Umweltmanagements- oder eines alternativen Systems zur Energieeffizienz begonnen habe.
Auf diesen Antrag forderte der Beklagte die Klägerin auf, durch den ausgefüllten Vordruck 1459 nachzuweisen, dass sie ein kleines oder mittleres Unternehmen sei. Hierauf teilte die Klägerin auf dem Vordruck die Einstufungskriterien mit und erklärte, dass es sich bei ihr um ein eigenständiges Unternehmen handele, weil sie nicht als verbundenes Unternehmen oder als Partnerunternehmen gelte.
Sodann ließ der Beklagte die Eigenschaft der Klägerin als kleines oder mittleres Unternehmen durch sein Sachgebiet Prüfungsdienst im Rahmen einer Steueraufsichtsmaßnahme überprüfen. Dieses teilte mit, die Klägerin sei nicht als eigenständiges Unternehmen anzusehen. Sie sei nach Art. 3 Abs. 3 des Anhangs der Empfehlung der Kommission vom 06.05.2003 betreffend die Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen (ABl. EU Nr. L 124 vom 20.05.2003, S. 36 ff.) – Empfehlung – unmittelbar mit der GmbH und über diese mittelbar mit der KG verbunden. Die GmbH sei sowohl bei ihr als auch bei der KG persönlich haftende Gesellschafterin und nehme auch die Geschäftsführung wahr. B sei Geschäftsführer. Die GmbH übe damit auf beide Unternehmen einen beherrschenden Einfluss aus. Daher seien die Mitarbeiterzahlen der GmbH und der KG zu berücksichtigen. 2014 habe die KG mehr als . . … Mitarbeiter, Umsatzerlöse von … . … T€ und eine Bilanzsumme von … . … T€ gehabt. Damit seien die Schwellenwerte von Kleinstunternehmen, kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) deutlich überschritten.
Mit Bescheiden vom 16.11.2015 lehnte der Beklagte die Entlastungsanträge nach § 10 StromStG und § 55 EnergieStG ab, da die Klägerin die Voraussetzungen für die Entlastung nicht erfülle. Sie sei kein eigenständiges Unternehmen, da sie mit der KG und der GmbH verbunden sei. Daher sei sie kein KMU-Unternehmen, für das eine bestätigte Zertifizierung genüge.
Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und trug zur Begründung vor, sie und die KG seien keine verbundenen Unternehmen. In Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 des Anhangs der Empfehlung seien die Unternehmensbeziehungen abschließend aufgelistet, in denen ein Unternehmen ein anderes Unternehmen kontrollieren könne. Derartige Beziehungen schieden mangels unmittelbarer gesellschaftsvertraglicher oder vertraglicher Beziehungen aus.
Aus Anhang Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 4 der Empfehlung ergebe sich nichts anderes: Danach bestehe in Fällen persönlicher...