EU kämpft gegen Entwaldung: Das müssen Unternehmen wissen
Zehn Millionen Hektar globale Waldfläche gehen jährlich verloren und davon 90 Prozent an die Ausweitung der Landwirtschaft: Die Nachfrage an Naturrohstoffen wie Kaffee, Kakao, Kautschuk oder Soja kostet wertvollen Boden. Die großflächige Umwandlung von Wald in landwirtschaftlich genutzte Fläche, die sogenannte Entwaldung, wirkt sich negativ auf die betroffenen Ökosysteme aus. Die Folgen: gestörte Wasserhaushalte, eine sinkende Biodiversität oder auch Bodenerosionen. Durch Ernteausfälle und steigende Temperaturen verschlechtern sich zudem die Lebensbedingungen für einheimische Völker.
Um dem entgegenzuwirken, hat die EU die European Deforestation Regulation, kurz EUDR, auf den Weg gebracht. Diese hat zum Ziel, durch den Stopp von Entwaldung 32 Millionen Tonnen an Kohlenstoffemissionen einzusparen sowie insgesamt eine Führungsrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels und dem Verlust der biologischen Vielfalt einzunehmen. Unternehmen sind nun in der Pflicht, ihre Lieferkette kritisch zu hinterfragen und ihren Anteil an Entwaldung und Waldschädigung zu stoppen. Eine anspruchsvolle und tiefgreifende Umstellung, die je nach Unternehmensgröße und Segment bis Ende 2024 beziehungsweise Mitte 2025 abgeschlossen sein muss. Betroffene Organisationen sollten also schleunigst die nötigen Schritte gehen, um die Regulierung zu erfüllen.
Produktangebot prüfen, Maßnahmen umsetzen
Ähnlich wie beim Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) geht es auch bei der EUDR um die Nachvollziehbarkeit der gesamten Lieferkette. In vielen Anforderungen überschneiden sich die beiden Gesetze, die EUDR legt ihren Schwerpunkt jedoch auf die Entwaldung und Menschenrechte, insbesondere die von indigenen Völkern. Damit verbunden sind umfangreiche Aufgaben entlang des Herstellungs- und Distributionsprozesses.
So sieht die EUDR vor, dass bestimmte Rohstoffe und daraus hergestellte Produkte nur noch in die EU importiert, dort vertrieben und aus der EU exportiert werden dürfen, wenn die Ursprungsflächen nach dem Stichtag 31. Dezember 2020 keine Entwaldung oder Waldschädigung aufweisen. Dementsprechend sind Unternehmen jetzt gefragt, den Status quo zu prüfen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.
Wer fällt unter die EU-Entwaldungsverordnung?
Betroffen sind all diejenigen Unternehmen, die für den EU-Markt die vorgegebenen Produktgruppen produzieren, verarbeiten oder mit ihnen handeln. Im Fokus stehen Kaffee, Kakao, Palmöl, Soja, Kautschuk, Holz sowie Rinder. Die Pflichten gelten aber auch für eine Vielzahl der daraus hergestellten Folgeprodukte wie Lederwaren, Reifen, Schokolade, Glycerin, Sperrholz oder Papier.
Unterschieden wird dabei in Marktteilnehmer und Händler, aber auch in Kleinstunternehmen, kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Nicht-KMUs. Als Marktteilnehmer gelten Unternehmen, die die definierten Produktgruppen erstmalig auf dem EU-Markt bereitstellen oder die Ausfuhr der Produkte aus dem EU-Markt organisieren. Marktteilnehmer aus dem KMU-Segment haben bis zum 30. Juni 2025 Zeit für die Umstellung.
Händler wiederum sind alle anderen Akteure in der Lieferkette, die die betroffenen Produkte auf dem EU-Markt bereitstellen oder sie (un-)entgeltlich vertreiben. In dieser Gruppe gilt sowohl für die Nicht-KMUs als auch die KMUs der 30. Dezember 2024 als Starttag für die EUDR. Unternehmen, die zwei der folgenden Merkmale erfüllen, werden dabei als Nicht-KMU definiert: mehr als 50 Millionen Euro Umsatz, mehr als 25 Millionen Euro Bilanzsumme und mehr als 250 Mitarbeitende.
Anforderungen der EUDR: Dokumentation entlang der Lieferkette
Fallen Unternehmen in eine der genannten Kategorien, sollten sie im nächsten Schritt Antworten auf folgende Fragen suchen: Lassen sich die beschafften Rohstoffe bis zum Erzeugungspunkt zurückverfolgen? War und ist die Erzeugung mit allen lokalen Gesetzen konform? Und was muss sich verändern, um die Anforderungen zu erfüllen? Jetzt gilt es, die eigenen Beschaffungs- und Produktportfolios zu analysieren, Lücken zu identifizieren und schnellstmöglich zu schließen.
Die EU-Verordnung fordert von Unternehmen, dass sie aussagefähig sind und eine Erklärung über ihre Entwaldungsfreiheit abgeben. Anders als beim LkSG ist hier nicht das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig, sondern die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Zu den Sorgfaltspflichten zählt, Daten zur Geolokalisierung der Erzeugungsflächen bereitzustellen, damit die Behörden die Angaben überprüfen können. Denkbar ist auch, Flächen mithilfe von Satellitenbildern aus der Ferne zu überwachen.
Aber auch Maßnahmen zur Risikobewertung gehören zu den Anforderungen der EUDR. Hier geht es darum, die Gefahr der Entwaldung und Waldschädigung einzuschätzen, die Rohstofferzeugung mit der jeweiligen nationalen Gesetzgebung abzugleichen sowie unter anderem Menschenrechte und die Rechte indigener Völker zu berücksichtigen. Auf dieser Basis müssen Unternehmen dann vor dem Inverkehrbringen oder der Ausfuhr entsprechender Rohstoffe eine Sorgfaltserklärung abgeben, für deren Richtigkeit sie verantwortlich sind.
Großunternehmen oder multinationale Konzerne, die eigene Lösungen zum Entwaldungsstopp einführen, müssen diese entwickelten Verfahren mindestens einmal im Jahr überprüfen lassen und öffentlich darüber berichten. KMU-Marktteilnehmer und KMU-Händler können hiervon profitieren und passende Strategien für ihre eigenen Prozesse übernehmen.
Hohe Strafen bei Verstößen gegen die EUDR
Erfüllen Unternehmen nicht die Sorgfaltspflichten, drohen ihnen harte Sanktionen. Neben Reputationsrisiken und der Erstattung des entstandenen finanziellen Aufwands der Behörden bedeutet ein Verstoß weitere Zwangs- und Bußgelder. Um ein angemessenes Verhältnis zu den verursachten Umweltschäden und dem Warenwert herzustellen, werden Geldbußen festgelegt. Hier ist mit Strafen von über vier Prozent des Jahresumsatzes zu rechnen. Zusätzlich gilt ein vorübergehendes Verbot des Inverkehrbringens, Handelns oder der Ausfuhr relevanter Rohstoffe oder Erzeugnisse.
Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Durch die Überschneidungen mit dem LkSG haben Unternehmen, die hierzu aktiv geworden sind, schon eine gute Basis geschaffen, um die weiteren Anforderungen der EUDR umzusetzen. Wer bislang noch nicht mit der Umstellung begonnen hat, ist gut beraten, die EUDR als klaren Startschuss zu verstehen. Wer eine transparente Kommunikation und Datengrundlage schafft, behält nämlich den Überblick über das eigene Netzwerk und kann bei Störungen oder Gefahren eingreifen. Eine entscheidende Qualität, um zukunftsfähig und nachhaltig zu bleiben.
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