Entscheidungsstichwort (Thema)
Mindestbesteuerung nach § 2 Abs. 3 EStG und Verlustausgleichsbeschränkung gem. § 22 Nr. 3 Satz 1und § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG verfassungsgemäß
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Mindestbesteuerung nach § 2 Abs. 3 EStG 1999 verstößt nicht gegen das subjektive Nettoprinzip, soweit der um die festgesetzte Einkommensteuer und das Existenzminimum erhöhte negative Einkünftesaldo auf einem Buchverlust durch Teilwertabschreibung im Betriebsvermögen beruht.
2. Die Verlustausgleichsbeschränkungen der § 22 Nr. 3 Satz 3 und § 23 Abs. 3 Satz 8 EStG sind verfassungsmäßig
3. Bei einer Zwischenanlage von Vermietungseinnahmen mit dem Ziel, durch Devisenoptionsgeschäfte Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften bzw. aus Leistungen zu erzielen, werden die angelegten Finanzmittel unmittelbar Gegenstand dieser Einkunftserzielungstatbestände, ohne dass es einer „Entnahme” – wie sie im Betriebsvermögen zur Lösung des betrieblichen Veranlassungszusammenhangs eines Wirtschaftsgutes erforderlich ist – bedürfte.
4. Mangels engen wirtschaftlichen Zusammenhangs der Devisenoptionsgeschäfte mit der „Vermietungssphäre” können diese regelmäßig auch nicht aufgrund der Subsidiaritätsklauseln der §§ 23 Abs. 2 Satz 1, 22 Nr. 3 Satz 1 1. Alt. EStG den Einkünften gem. § 21 EStG zugerechnet werden.
5. Der bloße Wille des Stpfl., mit dem angelegten Geldbetrag zu einem späteren Zeitpunkt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen, reicht nicht für eine Verdrängung der Einkunftsarten des § 23 Abs. 1 Nr. 2 und 4 EStG bzw. des § 22 Nr. 3 EStG aus, wenn dieser Wille zum Zeitpunkt der Zwischeninvestitionen noch nicht in ein konkretes Stadium getreten ist.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 2, §§ 22-23; HGB § 252 Abs. 1 Nr. 4 1. Halbsatz
Streitjahr(e)
2000
Nachgehend
Tatbestand
Der Kläger erzielte im Streitjahr 2000 einen hohen Verlust aus einer gewerblichen Tätigkeit als Immobilienmakler und positive Einkünfte aus Kapitalvermögen gem. § 20 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG. Da der Beklagte (das Finanzamt --FA--) die Regelungen zur sog. Mindestbesteuerung gem. § 2 Abs. 3 EStG i.d.F. des Steuerentlastungsgesetzes 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (künftig: § 2 Abs. 3 EStG alte Fassung –a.F.-) anwendete, kam es im Einkommensteuerbescheid vom 26. März 2002 zu einer Festsetzung von Einkommensteuer (ESt) und Solidaritätszuschlag (SolZ), obwohl der Einkünftesaldo negativ war.
Dagegen legte der Kläger fristgemäß Einspruch ein, den er u.a. damit begründete, dass die Beschränkung des Verlustausgleichs gem. § 2 Abs. 3 EStG a.F. verfassungswidrig sei. Im Rahmen des Einspruchsverfahrens ergingen am 12. August 2002 und am 9. Dezember 2002 Einkommensteueränderungsbescheide. Zuletzt ergaben sich – u.a. aufgrund des Ergebnisses einer Betriebsprüfung – folgende Besteuerungsgrundlagen:
Einkünfte aus Gewerbebetrieb |
-984.817 DM |
Einkünfte aus Kapitalvermögen |
167.101 DM |
Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung |
776.416 DM |
Sonstige Einkünfte (§ 23 EStG) |
-5.157.502 DM |
Das FA ermittelte darauf basierend die ESt wie folgt:
Summe der positiven Einkünfte |
943.517 DM |
Summe der negativen Einkünfte (ohne § 23) |
984.817 DM |
Davon ausgleichsfähig nach § 2 Abs. 3 EStG |
521.759 DM |
Summe der Einkünfte |
421.758 DM |
Zu versteuerndes Einkommen |
408.143 DM |
Festgesetzte ESt |
186.110 DM |
Festgesetzter SolZ |
10.236 DM |
Der Einkommensteueränderungsbescheid vom 9. Dezember 2002 erging teilweise vorläufig gem. § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO), da das FA die Höhe der über ein Konto bei der LB abgewickelten Devisenoptionsgeschäfte i.S.d. § 23 EStG noch nicht endgültig geprüft hat. Laut einem Schreiben der LB vom 13.6.2002 beliefen sich die Prämien-Einnahmen für das Jahr 2000 auf 25.224.814 € und die Prämien-Ausgaben auf 25.052.238 €. Nach Auffassung des Klägers war allerdings nicht der sich daraus ergebende Überschuss in Höhe von 172.575 €, sondern ein Verlust in Höhe von 2.343.475 € anzusetzen. Die Differenz ergibt sich daraus, dass der Kläger den Betrag in Höhe von 172.575 € zum einen um im Folgejahr angefallene Optionsprämien (2.695.750 €) für die Glattstellung von im Streitjahr eingeräumten Optionen (short-Positionen) minderte. Zum anderen ordnete der Kläger im Streitjahr verausgabte Prämien für im Jahr 1999 eingeräumte Optionen dem Vorjahr zu (179.700 €). Das FA legte im zuletzt ergangenen Einkommensteuerbescheid schließlich Einkünfte gem. § 23 EStG in Höhe von -5.157.502 DM zugrunde. Dieser Betrag ergibt sich aus den im Einkommensteueränderungsbescheid vom 12.8.2002 angesetzten Einkünften gem. § 23 EStG in Höhe von 114.926 DM und der vom Kläger vorgenommenen Minderung um 2.695.750 €.
Der Verlust aus Gewerbebetrieb resultiert im Wesentlichen aus einer Teilwertabschreibung auf Aktien, die der Kläger dem Betriebsvermögen zugeordnet hat. Der Kläger hatte insoweit zu Beginn des Jahres 2000 eine Festgeldanlage in Höhe von ca. 4 Mio. DM in das Betriebsvermögen überführt und diese Ein...