Entscheidungsstichwort (Thema)
Ad-Valorem-Steuersatz für Zigarillos. Tabaksteuer; Mindeststeuersatz; Zigarillo; Richtlinienkonforme Auslegung; Ad-Valorem-Steuersatz; Kleinverkaufspreis
Leitsatz (redaktionell)
§ 4 Abs. 1 Nr. 2 TabStG i. d. F. vom 21.12.1992 ist im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 15.06.2000 - Rs. C-365/98 dahingehend richtlinienkonform auszulegen, dass für Zigarillos ausschließlich der Ad-Valorem-Steuersatz von 5 v. H. des Kleinverkaufspreises und nicht der Mindeststeuersatz von 3,1 Pfennig/Stück angewandt wird.
Normenkette
TabStG 1992 § 4 Abs. 1 Nr. 2; EWGRL 80/92 Art. 3 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin stellte Zigarillos her und gab für die Entnahme dieser Tabakwaren aus ihrem Steuerlager in dem Zeitraum vom 19. November 1996 bis zum 19. Juni 1997 Steueranmeldungen beim beklagten Hauptzollamt ab, mit denen sie die von ihr zu entrichtende Tabaksteuer nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 des Tabaksteuergesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2150) (TabStG) berechnete. Gegen diese Steueranmeldungen legte die Klägerin in dem Zeitraum vom 13. Dezember 1996 bis zum 25. Juni 1997 jeweils Einsprüche ein, mit denen sie im Wesentlichen vorbrachte: Sie wende sich gegen den Mindeststeuersatz. von 3,1 Pf je Stück, der in § 4 Abs. 1 Nr. 2 TabStG vorgesehen sei. Dieser Mindeststeuersatz von 3,1 Pf je Stück sei in der Richtlinie 92/80/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 zur Annäherung der Verbrauchsteuern auf andere Tabakwaren als Zigaretten (ABl EG Nr. L 316/10) (Richtlinie 92/80/EWG) nicht vorgesehen.
Mit Einspruchsentscheidungen vom 27. Juni 1997 wies das beklagte Hauptzollamt die Einsprüche der Klägerin zurück. Dabei verwies es im Wesentlichen darauf, dass die Richtlinie 92/80/EWG zwar einen nationalen Mindeststeuersatz für Zigarillos nicht vorsehe. Hieraus könne ein Steuerpflichtiger jedoch keine Rechte für sich herleiten. Die Richtlinie 92/80/EWG wende sich an die Mitgliedstaaten. Im Hinblick auf die den Mitgliedstaaten eingeräumten Wahlmöglichkeiten bezüglich des Steuersatzes für Tabakwaren scheide eine unmittelbare Wirkung der Regelungen der Richtlinie 92/80/EWG für den Steuerpflichtigen aus.
Die Klägerin hat am 30. Juli 1997 Klage erhoben, mit der sie beantragt hat, ihre Steueranmeldungen vom 18. November 1996, 6. Januar, 17. April, 5. Mai, 15. Mai, 2. Juni sowie 16. Juni 1997 aufzuheben, soweit damit die Tabaksteuer unter Anwendung des Mindeststeuersatzes von 3,1 Pf je Stück berechnet worden ist. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen: Der Mindeststeuersatz von 3,1 Pf je Stück sei in der Richtlinie 92/80/EWG nicht vorgesehen. Hierauf könne sie sich auch berufen. Art. 3 der Richtlinie 92/80/EWG enthalte eine abschließende Regelung über die zulässigen Steuertarife. Die Bestimmungen der Richtlinie 92/80/EWG seien hinreichend genau, um unmittelbare Wirkung für den Steuerpflichtigen zu entfalten. Erst § 4 Abs. 1 Nr. 2 TabStG in der Fassung des am 1. Juni 1998 in Kraft getretenen Art. 1 des Gesetzes vom 26. Mai 1998 (BGBl I, 1121) enthalte eine richtlinienkonforme Regelung des Steuertarifs für Zigarren und Zigarillos.
Das beklagte Hauptzollamt hat im Wesentlichen vorgetragen: Die Richtlinie 92/80/EWG sehe zwar keinen nationalen Mindeststeuersatz für Zigarren und Zigarillos vor. Dies bedeute jedoch noch nicht zwingend, dass der deutsche Gesetzgeber die Richtlinie 92/80/EWG unzulänglich umgesetzt habe. Die Richtlinie 92/80/EWG räume den Mitgliedstaaten in Einzelfragen einen gewissen Gestaltungsspielraum ein, in dessen Rahmen sich auch § 4 Abs. 1 Nr. 2 TabStG bewege. Selbst wenn § 4 Abs. 1 Nr. 2 TabStG nicht voll umfänglich den Regelungen der Richtlinie 92/80/EWG entspreche, habe dies keine folgenschweren Auswirkungen für den Steuerpflichtigen. Darüber hinaus könne die Richtlinie 92/80/EWG im Hinblick auf die vorgesehenen Besteuerungsalternativen für Tabakwaren keine unmittelbare Wirkung entfalten.
Mit Beschluss vom 5. Oktober 1998 hat der Senat das vorliegende Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Stellt § 4 Abs. 1 Nr. 2 TabStG eine unzulängliche Umsetzung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/80/EWG dar?
Für den Fall, dass diese Frage bejaht wird: Erwächst einem Steuerpflichtigen aus Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/80/EWG ein unmittelbares Recht auf eine richtlinienkonforme Steuerbelastung mit der Folge, dass die in der Bundesrepublik Deutschland entgegen dem Wortlaut der Richtlinie angewandte Mindeststeuer auf Zigarren/Zigarillos von den nationalen Gerichten aufzuheben ist?
Der EuGH hat mit Urteil vom 15. Juni 2000 - Rs. C-365/98 - (Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern (ZfZ) 2000, 303) Folgendes entschieden:
1. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/80/EWG ist dahin auszulegen, dass er der Erhebung einer Steuer auf Zigarren oder Zigarillos entgegensteht, die nach dem Wert berechnet wird, dabei aber einen Mindestbetrag nicht unterschreiten darf.
2. Einem Steuerpflich...