Entscheidungsstichwort (Thema)
Energiesteuerentlastung für Erdgasverbrennung zur Erzeugung von inertem Prozessgas
Leitsatz (redaktionell)
1. Für das zur Herstellung von Kohlestaub durch Mahlen und Trocknen von Rohkohle verbrannte Erdgas ist die Energiesteuerentlastung nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d EnergieStG zu gewähren, da dessen Verbrennung nicht nur der Trocknung des Kohlestaubs, sondern zugleich der Herstellung des für den Betrieb der Anlage ohne Explosionsgefahr erforderlichen inerten Prozessgases dient.
2. Weitere Anforderungen an die Annahme einer Verwendung des Erdgases zu anderen Zwecken als als Heiz- oder Kraftstoff (doppelter Verwendungszweck) bestehen nicht; insbesondere kommt es nicht darauf an, dass die erforderliche Inertisierung auch durch Eindüsen von Stickstoff erreicht werden könnte.
Normenkette
EnergieStG § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. D; RL 2003/96/EG Art. 2 Abs. 4 Buchst. b
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin betrieb an ihrem Standort in X-Stadt…Kohlemahlanlagen zur Herstellung von Kohlestaub durch Mahlen und Trocknen von Rohkohle.
Diese Anlagen arbeiteten entsprechend ihrer Betriebsgenehmigung wie folgt: Zum fünf bis zehn Minuten dauernden Anfahren der Anlage wurde der mit Erdgas betriebene Prozessgaserzeuger gestartet und auf Temperatur gebracht, während die eigentliche Kohlemühle und die Filteranlage noch abgekoppelt waren. Die Rauchgase entwichen über den Anfahrkamin, da sie für den Einsatz in der Kohlemühle noch zu heiß waren. In die Mühle und Filteranlage wurde gleichzeitig Stickstoff eingeleitet, so dass der Sauerstoffgehalt in diesen Anlagen unter 2% lag.
In den folgenden zehn bis 30 Minuten wurden zunächst der Anfahrkamin geschlossen, die Klappen zur Mühle geöffnet und der Hauptventilator und die Filterreinigung eingeschaltet. Mit dem Rauchgas wurde die Anlage auf eine Temperatur von mehr als 80°C gebracht, so dass die zuvor in Bunkern gelagerte Rohkohle eingegeben werden konnte. Zugleich wurde weiter Stickstoff eingedüst, um den Anstieg des Sauerstoffgehalts, der bis zu 10% erreichen konnte, zu minimieren.
Für die Anfahrvorgänge bis dahin wurden durchschnittlich zwischen 0,09 und 0,13% des insgesamt eingesetzten Erdgases verbraucht.
Hatte die Anlage eine Temperatur von mehr als 80°C erreicht, wurden die Mühle und kurz danach die Rohkohlezuteilung zugeschaltet. Durch die heißen Rauchgase wurde Wasser aus der zerkleinerten Rohkohle verdampft und zusammen mit der Staubkohle zum Filter transportiert. Im Filter wurde das Prozessgas (Rauchgas und Wasserdampf) von der Kohle getrennt. Die dort abgeschiedene Staubkohle wurde über Förderschnecken und Zellradschleusen aus dem Filter ausgetragen und pneumatisch zu den Staubbunkern gefördert.
Ein Teilstrom des Prozessgases wurde sodann dem Prozessgaserzeuger wieder zugeführt und kühlte die Rauchgase auf höchstens 450 °C herunter. Dadurch entstand ein inertes Prozessgas, das eine explosionsfähige Atmosphäre verhindert und die Zufuhr von Stickstoff unnötig machte. Das nicht dem Prozessgaserzeuger zugeführte Prozessgas wurde in die Atmosphäre geleitet.
Nach Angaben der Klägerin wurden durchschnittlich 73 bis 80% des Brüdens (hier mit Wasserdampf gesättigtes Rauchgas-Luftgemisch, das beim Trocknen von Feststoffen entsteht) mehrfach verwendet, während 20 bis 27% in die Atmosphäre geleitet wurden.
Kam es zu einem übermäßigen Temperatur- und Sauerstoffanstieg, wurde in die Anlage hinter dem Prozessgaserzeuger Wasser eingedüst.
Am 22. September und am 14. Oktober 2013 beantragte die Klägerin jeweils für die Monate August und September 2013 die Entlastung von der Energiesteuer für das in ihren Kohlemahlanlagen eingesetzte Erdgas nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. d des Energiesteuergesetzes (EnergieStG) , und zwar in Höhe von…€ für August 2013 und in Höhe von…€ für September 2013.
Diese Anträge lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 19.03.2014 ab, wobei er zur Begründung auf einen am selben Tag ergangenen Steueränderungsbescheid verwies. Darin hatte er ausgeführt, das verbrannte Erdgas sei nur zur Erzeugung von Wärme und nicht gleichzeitig zu Heizzwecken und zu anderen Zwecken verwendet worden. Das Rauchgas sei überwiegend als Trocken- und Transportmedium dem Prozess zugeführt worden und habe erst durch den bei der Trocknung der Kohle entstehenden Wasserdampf die erforderliche Inertisierung bewirken können.
Die chemische Zusammensetzung des Rauchgases sei nicht definiert worden, zumal es auch nicht unmittelbar, sondern erst nach einer Abkühlung von über 1.000°C auf ca. 450°C in die Kohlemühle eingeführt worden sei.
Dagegen legte die Klägerin fristgerecht Einspruch ein und verwies zur Begründung auf den gegen den Steueränderungsbescheid eingelegten Einspruch. Darin hatte sie ausgeführt, bei der Herstellung von Rauchgas sei ein Vorrang der Wärmeerzeugung gerade nicht gegeben. Vielmehr werde das Rauchgas erst noch heruntergekühlt, um dann als Schutzgas verwendet zu werden. Die Transportwirkung sei zu vernachlässig...