Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterschiedsbetrag zwischen Ausgabe- und Einlösekurs sog. EVA-Zertifikate von Unternehmen ist für Arbeitnehmer als Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit steuerbar
Leitsatz (redaktionell)
- Bei dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Ausgabe- und Einlösekurs sog. Economic Value Added („EVA”) Zertifikate, die dem Arbeitnehmer virtuelle Anteile am Unternehmen des Arbeitgebers vermitteln, handelt es sich um Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit, wenn das Bestehen des Dienstverhältnisses notwendige Voraussetzung für das Zeichnungsrecht ist.
- Auch der Zweck der Bindung und Motivation eines begrenzten Kreises zertifikatsberechtigter leitender Angestellter an den Arbeitgeber spricht für eine Veranlassung durch das Dienstverhältnis.
Normenkette
EStG § 8 Abs. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
2001
Nachgehend
Tatbestand
Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 2001 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt werden. Der Kläger erzielte im Streitjahr unter anderem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bei der Firma J-Service GmbH (GmbH). Sein Arbeitsverhältnis bei dieser Firma endete im Streitjahr.
Der Beklagte setzte die Einkommensteuer des Streitjahres für die Kläger auf Grund der von ihnen eingereichten Steuererklärung durch Bescheid vom 21.08.2002 fest.
Am 27.01.2004 ging beim Beklagten eine Prüfungsmitteilung des Finanzamts L-Stadt vom 21.01.2004 auf Grund einer Lohnsteueraußenprüfung ein. In dieser Prüfungsmitteilung ist angegeben, dass der Kläger im Streitjahr steuerpflichtigen Arbeitslohn in Höhe von (umgerechnet) 6.507,-. Euro erhalten habe, der vom Arbeitgeber nicht versteuert worden sei. Dieser Betrag ist die Differenz zwischen dem Ausgabekurs so genannter „EVA-Anteile” im Jahr 1998 (10.000,-DM, umgerechnet 5.113,-Euro) und dem Einlösekurs im Streitjahr 2001 (11.620,-Euro; Auszahlung 29.06.2001). In einer Anlage zur Kontrollmitteilung heißt es: „Die ltd. Angestellten der Fa. J. und deren Tochtergesellschaften haben die Möglichkeit, sich durch Einsatz eigenen Kapitals am Erfolg des Unternehmens zu beteiligen, ohne tatsächlich Gesellschaftsanteile zu erwerben. Der ltd. Angestellte erwirbt virtuelle Anteile (Phantom stocks) seiner Gesellschaft, die nach einer Mindestbehaltefrist von 5 Jahren, zum Kurswert an die Gesellschaft zurückgegeben werden können. Die max. Behaltedauer beträgt 10 Jahre. Erstmalig wurden die Anteile zum 01.07.1997 ausgegeben. Unabhängig von der Mindestbehaltedauer müssen die Anteile beim Ausscheiden aus dem Unternehmen sofort zurückgegeben werden.
Der Kurswert richtet sich nach der Marktentwicklung des Unternehmens und wird unter Berücksichtigung des „economic value added” – EVA – berechnet. In diese Berechnung fließen nicht nur die Gewinne, sondern auch die stillen Reserven der Gesellschaft ein. Dividenden werden nicht gezahlt.
Am 14.08.1997 fand im FM NW eine Besprechung mit Teilnehmern der Fa. J., der OFD und des FM statt.
Im Rahmen dieser Besprechung wurde den Firmenvertretern mitgeteilt, dass die Differenzbeträge zwischen Ausgabe- und Einlösungskurs einschließlich der 6 %-igen Risikoprämie als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) anzusehen sind. Bei diesen Einkünften handelt es sich um Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten, für die der ermäßigte Steuersatz gem. § 34 Abs. 1 i. V. m. § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG gewährt werden kann. Diese Auffassung hat sich bis heute nicht geändert.
Die Mindestbehaltedauer endet am 30.06.2002. Aber alle ausgeschiedenen An. mussten ihre Anteile vorzeitig zurückgeben. Für diesen Personenkreis wurden im Rahmen der LStAP Kontrollmitteilungen gefertigt.”
Der Beklagte änderte unter Bezugnahme auf die Feststellungen der Lohnsteueraußenprüfung die Einkommensteuerfestsetzung der Kläger für das Streitjahr gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Abgabenordnung – AO – durch Bescheid vom 11.02.2004. In den Erläuterungen zu diesem Bescheid heißt es, die Differenz zwischen Ausgabe- und Einlösekurs (einschließlich der 6 %- igen Risikoprämie) der EVA- Anteile sei als Einnahme aus nichtselbständiger Arbeit anzusehen und als Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten zu versteuern.
Hiergegen haben die Kläger nach erfolglos gebliebenen Einspruchsverfahren Klage erhoben und im Klageverfahren die Zertifikatsbedingungen für die EVA-Anteile eingereicht, die nach ihren Angaben in der mündlichen Verhandlung – abgesehen von den in den Bedingungen enthaltenen Jahreszahlen und dem Eurobetrag – denjenigen entsprechen, die für die EVA-Zertifikate des Klägers galten.
In den Zertifikatsbedingungen ist unter anderem Folgendes bestimmt:
1.1 „Der Emittent gewährt dem namentlich bestimmten Inhaber eines Economic Value Added Zertifikats („EVA-Zertifikat”) das Recht („Zertifikatsrecht”), von ihm nach Maßgabe dieser Zertifikatsbedingungen bei Fälligkeit Zahlung des in Ziff. 1.2 bezeichneten Abrechnungsbetrages zu verlangen. Der Zeichner muss zum Zeitpunkt de...