Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage an den EuGH wegen Gültigkeit einer Antidumping-Verordnung
Leitsatz (amtlich)
Ist die Verordnung (EG) Nr. 926/2009 des Rates vom 24. September 2009 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls und zur endgültigen Vereinnahmung des vorläufigen Zolls auf die Einfuhren bestimmter nahtloser Rohre aus Eisen oder Stahl mit Ursprung in der Volksrepublik China gültig?
Normenkette
EGVO Nr. 926/2009
Nachgehend
Tatbestand
I.
Die Klägerin begehrt die Erstattung von endgültigen Antidumpingzöllen auf die Einfuhr von nahtlosen Rohren mit Ursprung in der Volksrepublik (VR) China.
Die Klägerin, die Hochdruckstahlflaschen herstellt, führte von Mai 2014 bis Dezember 2015 nahtlose Stahlrohre aus der VR China ein, für die sie insgesamt über ... € Antidumpingzölle auf der Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 926/2009 entrichtete. Eine dieser Einfuhren fand am 4. November 2014 statt. An diesem Tag überführte sie Rohre aus Stahl der Unterposition 7304 5993 20 0 der Kombinierten Nomenklatur unter Angabe des TARIC-Zusatzcodes A950 in den zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr. Hersteller der Rohre war die A. Hierfür setzte der Beklagte mit Einfuhrabgabenbescheid vom 4. November 2014 (XXX-1) Antidumpingzoll in Höhe von ... € fest. Der Zoll bemisst sich nach dem unternehmensspezifischen Antidumpingzollsatz von 27,2 % für kooperierende Hersteller gemäß Art. 1 Abs. 2 i.V.m. dem Anhang der Verordnung (EG) Nr. 926/2009. Zu diesen kooperierenden Herstellern gehört auch A.
Mit Schreiben vom 6. November 2017 beantragte die Klägerin die Erstattung der mit Bescheid vom 4. November 2014 festgesetzten Antidumpingzölle. Ein ebenfalls geltend gemachter Zinsanspruch ist nicht Gegenstand des Vorlageersuchens.
Die Klägerin begründet ihren Erstattungsantrag damit, dass das Gericht der Europäischen Union (EuG) mit Urteil vom 29. Januar 2014 (T-528/09) die Rechtsgrundlage für die Erhebung der Antidumpingzölle - die Verordnung (EG) Nr. 926/2009 - im Hinblick auf Ausfuhren von Waren, die von der Hubei Xinyegang Steel Co. Ltd. hergestellt worden seien, für nichtig erklärt habe. Die Rechtsmittel gegen dieses Urteil habe der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil vom 7. April 2016 (C-186/14 P und C-193/14 P) zurückgewiesen. Die Gründe für die Nichtigerklärung seien von allgemeiner Natur und nicht auf den klagenden Hersteller beschränkt. Daher sei die Verordnung (EG) Nr. 926/2009 insgesamt unwirksam.
Mit Bescheid vom 12. Dezember 2017 (XXX-2) lehnte der Beklagte den Erstattungsantrag ab. Das genannte Urteil des EuG gelte nur für den klagenden Hersteller, nicht jedoch für Einfuhren der Klägerin.
Den mit Schreiben vom 20. Dezember 2017 eingelegten Einspruch lehnte der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 23. August 2018 (xxx-3) ab. Da die Verordnung (EG) Nr. 926/2009 noch nicht mit Wirkung gegenüber allen Wirtschaftsbeteiligten für nichtig erklärt worden sei, sei Art. 2 Abs. 2 i.V.m. dem Anhang dieser Verordnung noch immer die rechtliche Grundlage für die Erhebung der Antidumpingzölle, deren Erstattung beantragt worden sei.
Mit der am 28. September 2018 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie beruft sich auf die erga omnes-Nichtigkeit der Verordnung. Hierbei stützt sie sich auf das Urteil des EuG vom 29. Januar 2014 (T-528/09). Die Rechtsfehler, die das EuG festgestellt habe, würden insgesamt zur Nichtigkeit der Verordnung führen. Die Klägerin regt an, dass das Finanzgericht den EuGH nach der Gültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 926/2009 fragt.
Sie - die Klägerin - sei weder Herstellerin noch Ausführerin der betroffenen Waren. Sie verkaufe die eingeführten Rohre auch nicht weiter, sondern verarbeitete sie. Daher lägen keine Wiederverkaufspreise vor. Sie sei mit keinem der Ausführer der betroffenen Waren geschäftlich verbunden.
Sie - die Klägerin - habe nach Erlass der vorläufigen Antidumping-Verordnung - der Verordnung (EG) Nr. 289/2009 - einen Antrag auf Anhörung gemäß Art. 2 dieser Verordnung gestellt. Die Anhörung habe daraufhin am 24. Juni 2009 in ... stattgefunden.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 12. Dezember 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 23. August 2018 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seinen bisherigen Vortrag.
Entscheidungsgründe
II.
Der Vorlagebeschluss ergeht im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
Der Senat setzt das Verfahren in analoger Anwendung des § 74 der Finanzgerichtsordnung aus und legt dem EuGH gemäß Art. 267 Satz 1 Buchst. b des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) die im Tenor genannte Frage zur Vorabentscheidung vor, weil die rechtliche Würdigung des Falles von der Anwendung eines Unionsrechtsakts abhängt, dessen Gültigkeit zweifelhaft ist.
1. Zulässigkeit des Vorlageersuchens
Die Klägerin kann sich auf die Ungültigkeit der Verordnung (EG) Nr. 926/2009 berufen. Ein Wirtschaftsteilnehmer, der einen Antra...