Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung neben einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung
Leitsatz (redaktionell)
Neben einem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3 FGO) kommt grundsätzlich ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht (§ 114 Abs. 5 FGO).
Normenkette
FGO § 114 Abs. 5
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege einer einstweiligen Anordnung Vollstrekkungsschutz bis zur Entscheidung über einen bereits bei Gericht anhängigen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung.
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache darüber, ob die Antragstellerin zu Recht für Steuerschulden der "Bau ... GmbH i.L." (künftig : GmbH) in Haftung genommen wurde.
Am 30.03.2001 erließ der Antragsgegner zwei Haftungsbescheide, mit der die Antragstellerin als frühere Geschäftsführerin der GmbH gem. §§ 34, 69 AO für rückständige Steuern und steuerliche Nebenleistungen in Höhe von 142.750,50 DM bzw. 165.609,18 DM in Anspruch genommen wurde. Die Haftungsinanspruchnahme der Antragstellerin wurde damit begründet, dass sie ihren Pflichten als Geschäftsführerin der GmbH grob fahrlässig nicht nachgekommen sei, da sie in dem Zeitraum 1997-1999 Steuererklärungen nicht abgegeben und in dem Zeitraum 1995-1999 Steuern und steuerliche Nebenleistungen nicht bezahlt habe.
Gegen beide Haftungsbescheide legte die Antragstellerin am 27.04.2001 Einsprüche ein, den gleichzeitig gestellten AdV-Antrag wies der Beklagte am 21.08.2001 zurück. Mit Beschluss vom 09.10.2001 setzte der erkennende Senat (Az.: II 333/01) die Vollziehung des Haftungsbescheides vom 30.03.2001 über eine Haftsumme von 142.750,50 DM in voller Höhe und die Vollziehung des weiteren Haftungsbescheides vom 30.03.2001 über 165.609,18 DM in Höhe von 26.091,90 DM wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide im Hinblick auf die von dem Antragsgegner vorgenommenen Schätzung der Tilgungsquote hinsichtlich der Haftung für Steuern der Streitjahre 1998 und 1999 ohne Sicherheitsleistung "bis zur Entscheidung in der Hauptsache" aus.
Der Antragsgegner setzte mit Einspruchsentscheidung vom 26.10.2001 die Haftungssumme des über 142.750,50 DM lautenden Haftungsbescheides auf 99.301,15 DM herab und wies die Einsprüche im Übrigen zurück.
Am 30.10./01.11.2001 beantragte die Antragstellerin (Az.: II 420/01) erneut Aussetzung der Vollziehung der beiden Haftungsbescheide durch das Finanzgericht in voller Höhe, da die Einspruchsentscheidung vom 26.10.2001 möglicherweise als "Entscheidung in der Hauptsache" i.S.d. AdV-Beschlusses des erkennenden Senates vom 09.10.2001 angesehen werden könnte. Zur Begründung verwies sie nunmehr darauf, dass sie sich aufgrund des Verhaltens ihres Vaters in einer ganz außergewöhnlichen Zwangslage befunden habe und aus gesundheitlichen Gründen bis 1999 nicht in der Lage gewesen sei, ihre Pflichten als Geschäftsführerin zu erfüllen.
Mit Bescheiden vom 10.12.2001 gewährte der Antragsgegner die Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides vom 30.03.2001 über 99.301,15 DM in voller Höhe und des Haftungsbescheides vom 30.03.2001 über 165.619,18 DM in Höhe eines Teilbetrages von 26.091 DM.
Am 15.12.2001 beantragte die Antragstellerin in dem vorliegenden Verfahren den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend, dem Antragsgegner bis zur Entscheidung in dem AdV-Verfahren, Az.: II 420/01, Vollstreckungsmaßnahmen aus den Haftungsbescheiden zu untersagen. Zur Begründung trägt sie vor, der Antragsgegner habe mit Vollstreckungsmaßnahmen bereits begonnen, da er im Rahmen eines weiteren Rechtsstreits (Antrag auf Erlass einer Vollstreckungsverfügung zugunsten der Antragstellerin gem. § 152 FGO, Az.: II 448/01) gegen eine Forderung aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss - rechtlich zweifelhafte - Aufrechnungserklärungen abgegeben habe. Die Vollstreckung vor Entscheidung über den AdV-Antrag sei unbillig, da ihre Anträge vom 30.10.2001 und 19.11.2001 an den Antragsgegner dahingehend, von Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen bzw. festgesetzte Steuern zu erlassen, noch nicht beschieden seien, angedrohte Gehaltspfändungen ihre Existenz gefährdeten und nachgewiesen worden sei, dass Steuerforderungen aus den Haftungsbescheiden nicht gefährdet seien. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung sei insbesondere deshalb geboten, weil der Vertreter der Antragsgegnerin in der Vergangenheit nur unter dem Druck gerichtlicher Verfahren tätig geworden sei und die Sorgfaltspflichten ordnungsgemäßer Amtsführung vermissen lasse.
Die Antragstellerin beantragt,
dem Antragsgegner zu untersagen, aus den Haftungsbescheiden vom 30.3.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26.10.2001 über insgesamt 264.910,33 DM bis zur Entscheidung über den bei Gericht anhängigen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (Az.: II 420/01) vom 30.10.2001 Vollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er wendet ein, die Antragsstellerin sei nicht beschwert, soweit sich ihr Antrag auch auf Haftungsbe...