Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattung von Reisekosten des Rechtsanwalts am dritten Ort - besondere zur Fallbearbeitung notwendigen Kenntnisse
Leitsatz (amtlich)
Ein auswärtiger Rechtsanwalt hat besondere zur Fallbearbeitung notwendigen Kenntnisse auf tatsächlichem Gebiet, die ihn von anderen ortsansässigen Rechtsanwälten unterscheiden, wenn er bereits vor dem Verfahren umfassend mit bauplanungsrechtlichen Aspekten einer Immobilie, Auswertung von Bildern, Plänen und Gutachten, Reisen zu Terminen vor Ort sowie anderen Verfahren zum gleichen Sachverhalt befasst war.
Normenkette
FGO §§ 135, 149, 155; ZPO §§ 91, 104; VwGO §§ 164, 173
Tatbestand
A.
Nach Obsiegen in der Klage-Hauptsache macht die Klägerin und Erinnerungsführerin (Klägerin) im Kostenfestsetzungsverfahren als Rechtsverfolgungskosten Reisekosten (Fahrtkosten und Tage- Abwesenheitsgelder) ihres Prozessbevollmächtigten geltend, der seinen Sitz weder an dem Ort des Finanzgerichts noch an dem mit dem Gerichtsort identischen Sitz der Klägerin unterhält.
I.
1. Die Klägerin ist als Grundstückgemeinschaft Eigentümerin einer Immobilie und erzielt daraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
2. In 2008 plante ein Dritter, auf dem Nachbargrundstück ein neues Gebäude zu errichten, das direkt an das Gebäude der Klägerin angrenzen sollte. Der Dritte beabsichtigte eine deutliche Überschreitung der bisherigen Baulinien und Geschosshöhen sowie eine Unterfangung des eigenen (Neubau-)Baukörpers.
Gemäß der Planung sollte die Baulinie im straßenseitigen Bereich gegenüber dem Grundstück der Klägerin um 2 Meter überschritten und in 6-facher Geschosshöhe ausgedehnt werden. Zudem sollten über die erweiterte Baulinie hinaus Erker in der Straßenfront eingebaut werden. Die Baulinie sollte im rückwertigen Bereich um 4 Meter überschritten und in 6-facher Geschosshöhe ausgedehnt werden. Die Überschreitungen der Baulinien ließen eine Verschattung der Immobilie der Klägerin erwarten. Der neue Baukörper sollte das Haus der Klägerin um 2 Vollgeschosse bzw. um mehr als 5 Meter überragen.
3. Die Genehmigung des Bauvorhabens erforderte aufgrund seiner Größe eine Zustimmung der Klägerin.
Durch die Verwirklichung des Bauvorhabens waren ein Wertverlust und die baurechtliche Unzulässigkeit eines weiteren Ausbaus der Immobilie der Klägerin zu erwarten.
Am 13.02.2008 erteilte die Klägerin ihre Zustimmung und es wurde eine Ausgleichszahlung in Höhe von EUR 100.000,00 vereinbart.
II.
1. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist seit fast 30 Jahren für diese tätig. Er ist dadurch auch mit den Verhältnissen der streitgegenständlichen Immobilie sowie deren bauplanungsrechtlichen Aspekten vertraut. Der Prozessbevollmächtigte befasste sich unter anderem mit den Fragen der Baulinien und dem Gutachten zur zunehmenden Verschattung der Immobilie.
2. Vor dem Klageverfahren begleitete er die Klägerin auch im Rahmen eines steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. Gegenstand jenes Verfahrens war die oben genannte Ausgleichszahlung. Bereits mit Schreiben vom 29.12.2010 nahm der Prozessbevollmächtigte dort ausführlich Stellung und fügte zur Visualisierung Bilder und Pläne bei. Darüber hinaus wurden mehrere Termine vor Ort in Hamburg wahrgenommen. Der Prozessbevollmächtigte reiste am 14.01.2011 zur Vorbereitung eines Termins in den Räumen des Finanzamtes für Prüfungsdienste und Strafsachen nach Hamburg. Am 24.02.2011 nahm der Prozessbevollmächtigte einen Termin in Hamburg beim Finanzamt für Prüfungsdienste und Strafsachen wahr. Das Verfahren wurde nach umfangreichen Erörterungen unter Beteiligung des Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 29.08.2011 ohne Auflagen eingestellt
3. Der Prozessbevollmächtigte begleitete die Klägerin im Veranlagungsverfahren und im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren. Auch hier wurde die rechtliche Einordnung der Ausgleichszahlung diskutiert. Das beklagte Finanzamt (FA) folgte den im Steuerstrafverfahren von der Klägerin vorgebrachten Argumenten nicht. Dadurch ergab sich eine erneute Auseinandersetzung mit den bauplanungsrechtlichen Aspekten und der verschattungsbedingten Wertminderung der Immobilie.
III.
1. Im Besteuerungsverfahren berücksichtigte das FA die oben genannte Zahlung als sonstige Einkünfte aus Leistung im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG und erfasste am 30.11.2011 in einem Bescheid für das Jahr 2008 Einkünfte in Höhe von EUR 100.000,00.
2. Der hiergegen eingelegte Einspruch blieb erfolglos.
IV.
1. Die Klägerin hat am 18.04.2013 Anfechtungsklage gegen den Bescheid über die Einkünftefeststellung für 2008 in Gestalt der Einspruchsentscheidung erhoben (Finanzgerichts Akte {FG-A} Bl. 1).
2. Nach entsprechendem Hinweis durch das Finanzgericht im Erörterungstermin vom 23.04.2014 hat das FA der Klage abgeholfen und den Feststellungsbescheid für 2008 vom 30.11.2011 nebst Einspruchsentscheidung vom 22.03.2013 aufgehoben (FG-A Bl. 28).
3. Die Beteiligten haben die Hauptsache damit für erledigt erklärt. Das Finanzgericht hat mit Beschluss vom 23.04.2014 1 K 93/13 die Kosten des Verfahren...