Entscheidungsstichwort (Thema)

Zulässigkeit eines erneuten Antrags auf Aussetzung der Vollziehung

 

Leitsatz (amtlich)

Hat das Gericht über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung schon entschieden, so ist ein erneuter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung nur zulässig, wenn eine maßgebliche Änderung der Rechtslage eingetreten ist. Davon kann erst dann die Rede sein, wenn eine den Streitfall betreffende Gesetzesänderung oder eine für die Beurteilung des Streitfalles erhebliche Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eingetreten ist. Als Änderung der maßgeblichen Rechtslage kann nicht angesehen werden, dass das Finanzamt seine eigene Auffassung im Einspruchsverfahren zugunsten des Antragstellers geändert und dem Einspruch mit der Einspruchsentscheidung teilweise stattgegeben hat.

 

Normenkette

FGO § 69 Abs. 3, 6

 

Tatbestand

I.

Mit Beschluss vom 28.02.2005 (II 7/05) lehnte der Senat einen Antrag des Antragstellers (Ast) auf Aussetzung der Vollziehung der Bescheide betreffend Umsatzsteuer 1998 bis 1999, Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer nebst Zinsen 1998 bis 2000 und Gewinnfeststellung 1998 bis 2000 ab. Dem Verfahren lag ein Streit um die Rechtmäßigkeit einer aufgrund einer Prüfung erfolgten Nachkalkulation der Umsätze des Ast und entsprechend geänderter Bescheide zugrunde, gegen die Einsprüche erhoben worden waren. Auf den Beschluss vom 28.02.2005 wird verwiesen. Mit weiterem Beschluss vom 20.04.2005 (ebenfalls II 7/05) wies der Senat eine Gegenvorstellung des Ast gegen den Beschluss vom 28.02.2005 zurück. Auch auf diesen Beschluss wird verwiesen. Mit der nur die Bescheide über Gewinnfeststellung für 1998, Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer für 1998 sowie Umsatzsteuer für 1998 betreffenden Einspruchsentscheidung vom 29.09.2006 (Postaufgabe) reduzierte der Ag die Hinzuschätzungen zu dem Gewinn für das Jahr 1998 und änderte die Bescheide entsprechend durch Ansatz einer niedrigeren Feststellung bzw. Festsetzung. Im Übrigen wies der Antragsgegner (Ag) den Einspruch des Ast als unbegründet zurück. Hierauf hat der Ast am 30.10.2006 Klage "gegen die Gewerbe- und Umsatzsteuerbescheide" in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.09.2006 erhoben (2 K 249/06) und gleichzeitig bei Gericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.

Der Ast trägt vor: Die Voraussetzungen des § 69 Abs. 4 Finanzgerichtsordnung (FGO) lägen vor, da die Vollstreckung drohe und für den Ast existenzvernichtend sei. Die Kreditlinie bei der Hausbank sei erschöpft, der erwirtschaftete Gewinn decke die Kosten der Lebensführung. An der Rechtmäßigkeit der Nachforderungen bestünden erhebliche Zweifel. Hierzu trägt der Ast Einwände gegen die Hinzuschätzung vor.

Der Ast beantragt sinngemäß, die Vollziehung der Bescheide betreffend Gewerbesteuermessbetrag und Gewerbesteuer 1998 sowie Umsatzsteuer 1998 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.09.2006 auszusetzen, soweit sie auf der Schätzung gem. Prüfungsbericht vom 03.08.2004 beruhen.

Der Ag beantragt, den Antrag abzulehnen.

Er trägt vor: Der Antrag sei hinsichtlich der Gewerbesteuer unzulässig, da er insoweit einen Folgebescheid betreffe. Zudem könne insoweit eine Vollstrekkung schon deshalb nicht drohen, weil die geänderte Festsetzung zu einer Erstattung geführt habe. In Bezug auf die Umsatzsteuer 1998 fehle die Darlegung existenzvernichtender Vollstreckung, die durch Zahlung der rückständigen Beträge nicht abgewendet werden könne. In außergerichtlichen Vereinbarungen mit dem Ag sei dem Ast hinsichtlich der Gewerbesteuer und der Umsatzsteuer Vollstreckungsaufschub bis zum 31.12.2006 gegen Ratenzahlung gewährt worden.

Dem Senat haben Band I der Umsatzsteuerakten, der Rechtsbehelfsakten und der Betriebsprüfungsakten sowie die Gerichtsakten II 7/05 und 2 K 249/06 vorgelegen. Auf den Hinweis der Berichterstatterin im Schreiben vom 04.01.2007 zu § 69 Abs. 6 FGO (Gerichtsakte Öl. 67) wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist unzulässig. Nachdem der Senat mit Beschluss vom 28.02.2005 bereits über einen entsprechenden Antrag des Ast entschieden hat, wäre ein erneuter Antrag nur unter denjenigen Voraussetzungen statthaft, unter denen nach § 69 Abs. 6 Satz 2 FGO eine Änderung der ergangenen Entscheidung des Gerichts verlangt werden könnte. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

Die gerichtliche Entscheidung über einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung erwächst nicht in materielle Rechtskraft. Vielmehr kann das Gericht der Hauptsache einen einmal ergangenen Beschluss jederzeit ändern oder aufheben (§ 69 Abs. 6 Satz 1 FGO). Die Beteiligten können die Aufhebung oder Änderung jedoch nur wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen (§ 69 Abs. 6 Satz 2 FGO). Diese Begrenzung der Antragsmöglichkeit dient der Entlastung der Gerichte, die so in die Lage versetzt werden sollen, nach Möglichkeit innerhalb eines einzigen Verfahrens abschließend über das Aussetzungsbegehre...

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