Entscheidungsstichwort (Thema)
Marktordnungsrecht, Ausfuhrerstattung
Leitsatz (amtlich)
Zur Aufrechnung mit einer rechtswegfremden Forderung.
Normenkette
GVG § 17 Abs. 2; EGV 800/1999 Art. 52
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache darum, ob die von dem Antragsgegner (Ag) geltend gemachte Rückforderung gewährter Ausfuhrerstattung rechtmäßig ist.
Mit Bescheid vom 13.10.2000 gewährte der Ag der Antragstellerin (Ast) antragsgemäß Ausfuhrerstattung in Höhe von 7.637,21 DM für die Ausfuhr von Schweinefleischerzeugnissen der Marktordnungs-Warenlistennummer 1601 0091 9000 in die Bundesrepublik Jugoslawien. Die Ausfuhranmeldung vom 20.07.2000 war am selben Tage angenommen worden. Mit Schreiben vom 17.12.2001 wies der Ag die Ast darauf hin, dass der Einfuhrnachweis gem. Art. 16 Abs.1 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 bislang nicht vorgelegt worden sei. Gleichzeitig wies der Ag auf die geltenden Fristen für die Vorlage der Unterlagen gem. Art 49 Abs.2 und Art. 50 Abs.2 der Verordnung sowie auf die Möglichkeit eines Antrags auf Fristverlängerung hin.
Die Ast reichte die angeforderten Unterlagen nicht nach und stellte auch keinen Fristverlängerungsantrag.
Mit Berichtigungsbescheid vom 18.02.2002 forderte der Ag die gewährte Ausfuhrerstattung gem. Art. 52 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 unter Rücknahme des Bescheides vom 13.10.2000 mit der Begründung zurück, dass der für die differenzierte Erstattung erforderliche Ankunftsnachweis fehle.
Mit am 19.03.2002 eingegangenen Schreiben legte die Ast hiergegen Einspruch ein und stellte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Der Ag lehnte den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung mit Bescheid vom 11.06.2002 ab. Den hiergegen gerichteten Einspruch ebenso wie den Einspruch gegen den Berichtigungsbescheid wies er mit am 10.09.2002 zur Post gegebenen Einspruchsentscheidungen als unbegründet zurück. Der Rückforderung stünden auch die in Art. 52 Abs.4 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 abschließend geregelten Vertrauensschutzgründe nicht entgegen. Die Ast hätte, so der Ag, durch einen Blick in die hier maßgebliche Verordnung (EG) Nr. 1461/00 erkennen können, dass eine Differenzierung der Erstattungssätze vorliege und mithin die Regelungen in Art. 15 und 16 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 Anwendung fänden. Selbst gemeinschaftsrechtswidriges Verhalten einer für die Anwendung des Gemeinschaftsrechts zuständigen nationalen Stelle könne bei klarer gemeinschaftsrechtlicher Bestimmung kein berechtigtes Vertrauen auf eine gemeinschaftswidrige Behandlung begründen.
Am 07.10.2002 hat die Ast in Bezug auf den Berichtigungsbescheid Klage mit dem Ziel der Aufhebung des Bescheides erhoben und gleichzeitig bei Gericht einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.
Die Ast trägt vor: Sie, die Ast, sei zum Zeitpunkt der Nachforderung der Unterlagen seitens des Ag, vierzehn Monate nach der Erteilung des Erstattungsbescheides und siebzehn Monate nach der Lieferung, nicht mehr in der Lage gewesen, das Zolldokument nachzureichen. Sie hätte dieses Dokument über den Kunden in Jugoslawien anfordern müssen. Bei rechtzeitiger Anforderung wäre dies auch erfolgreich gewesen. Aufgrund des Zeitablaufs und aufgrund der Tatsache, dass die Geschäftsbeziehung zwischen der Ast und dem Kunden in Jugoslawien inzwischen nicht mehr bestanden habe, sei eine Beschaffung des Dokuments aber im Streitfall unmöglich gewesen. Mangelnde Sorgfalt bei der Auswahl der Geschäftspartner könne der Ast nicht vorgeworfen werden, zumal es fernliegend sei, bei Warenlieferungen in Länder außerhalb der EG bestimmte Erwartungen an die Geschäftsabwicklung zu stellen. Der Ag habe durch die ursprüngliche Gewährung der Leistung und das Abwarten von vierzehn Monaten bis zur nachträglichen Anforderung des Zolldokuments einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Insbesondere wenn es sich wie hier um schwer zu überschauende Rechtsvorschriften und rechtliche Formalien handele, könne von dem Bürger nicht verlangt werden, dass er die Rechtslage fachkundiger beurteile als die zuständige Behörde. Das Vertrauen der Ast sei auch deshalb besonders schutzwürdig, weil die durch das Zolldokument nachzuweisende Überführung in den freien Verkehr in Jugoslawien erfolgt sei und auch von dem Ag nicht bestritten werde. Von einem Antrag auf Fristverlängerung für die Vorlage des Zolldokuments habe die Ast abgesehen, da schon zu dem Zeitpunkt der erstmaligen Anforderung des Dokuments durch den Ag keine Möglichkeit mehr zur Erlangung des Zolldokuments bestanden habe. Da die Ast ihre Sorgfaltspflichten eingehalten habe, stelle die nachträgliche Anforderung des Zolldokuments durch den Ag für sie ein unvorhergesehenes Ereignis dar, das die Annahme höherer Gewalt rechtfertige.
Aus den vorstehenden Erwägungen sei die Rückforderung der Ausfuhrerstattung rechtswidrig. Hilfsweise erkläre die Ast die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch wegen Amtshaftung des Ag. Dieser habe durch sein Versäumnis, das Zolldokument rechtzeitig von der Ast anzufordern, bewirkt,...