Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Antrag auf Vollstreckungsaufschub direkt an das Gericht

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Finanzgericht ist nicht dazu befugt einen Vollstreckungsaufschub nach § 258 AO zu gewähren.

 

Normenkette

FGO § 114; AO § 258

 

Tatbestand

1. Zwischen der Antragstellerin (Astin) und dem Antragsgegner (Ag) besteht in mehreren vor dem Senat anhängigen Hauptsacheverfahren Streit über die Rechtmäßigkeit der gegen die Astin festgesetzten Ertrags- und Umsatzsteuern der Jahre 1996 und 1997. In den Hauptsacheverfahren ist zwischen den Beteiligten im Wesentlichen streitig, ob die Astin durch die Einreichung eines Konvoluts Hauptabschlussübersichten ihrer Verpflichtung, Jahresabschlüsse zu erstellen, nachgekommen ist oder nicht. Als Geschäftsgegenstand der Astin ist auf der Vollstreckungsakte des Ag angegeben "Grundbesitz- und Vermögensverwaltung". Auf den in Kopie zur Akte gereichten Umsatzsteuer(USt)erklärungen 1996 und 1997 gibt die Astin als Art ihres Unternehmens an: Appartementvermietung.

Unter dem 16.2.2000 übermittelte der Vollziehungsbeamte des Ag der Astin eine Zahlungsaufforderung über 10.050 DM im wesentlichen USt 1995 und 1999). Auf dem Aktenexemplar ist vermerkt: "Zahlung verweigert". Nach einer erfolglosen Pfändung bei der A-Bank ließ die Astin dem Vollziehungsbeamten einen Scheck über 10.152 DM übergeben. Dies entspricht dem zu diesem Zeitpunkt ausgewiesenen Zahlungsrückstand.

Mit Schreiben vom gleichen Tag, am 21.08.2000 bei Gericht eingegangen, begehrte die Astin im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens Rechtsschutz gegen die Ag. Sie trägt vor, sie sei ihren Zahlungspflichten "laut USt-Erklärungen und USt-Voranmeldungen" vollständig nachgekommen. Die auf der Rückstandsanzeige ausgewiesenen Posten seien für sie nicht nachvollziehbar und würden von ihr nicht geschuldet. Sie habe am Morgen des 18.08.2000 dem Vollziehungsbeamten S an Amtsstelle ein an den Ag zu Händen des Vorstehers gerichtetes Schreiben mit einem Scheck über 10.152,34 DM übergeben. In diesem Schreiben heißt es u.a. "...überreichen wir einen Scheck über 10.152,34 DM. Dieser Scheck gilt als Sicherheitsleistung...".

Die Astin beantragt, ihr im Wege der einstweiligen Anordnung Vollstrekkungsaufschub gegenüber dem Finanzamt Hamburg-... zu gewähren.

Der Ag beantragt, den Antrag auf einstweilige Anordnung abzuweisen.

Er trägt vor, die in Vollstreckung befindlichen Rückstände von 10.152,34 DM seien durch die Übergabe eines Schecks am 18.08.2000 an den Vollziehungsbeamten vorbehaltlich der Einlösung beglichen worden. Sofern der Scheck eingelöst werde, drohe keine weitere Vollstreckung aus den USt-Forderungen. Ein Anordnungsgrund i.S.v. § 114 FGO sei somit nicht gegeben.

Zu der Frage, ob überhaupt Rückstände wegen USt bestehen, trägt der Ag vor, die Astin verrechne zu Unrecht ihre Steuerschulden aus 1995 und 1999 mit erklärten Vorsteuerüberschüssen der Jahre 1996 und 1997. Er, der Ag, habe den diesbezüglichen Anmeldungen nämlich nicht zugestimmt. Wegen der Darlegungen im Einzelnen wird auf den Schriftsatz vom 25. August 2000 Bezug genommen.

Dem Senat liegt die Vollstreckungsakte des Ag bezüglich der Astin vor.

 

Entscheidungsgründe

2. Der Antrag hat keinen Erfolg. Soweit die Astin bei Gericht direkt Vollstrekkungsaufschub begehrt, ist der Antrag unzulässig. Das Gericht ist nicht befugt, nach § 258 AO Vollstreckungsaufschub zu gewähren. Es kann lediglich im Wege der Nachprüfung im Rahmen von § 101 FGO die Ermessensausübung des Ag als Vollstreckungsbehörde bei der Versagung von Vollstreckungsaufschub überprüfen (vgl.Tipke/Kruse, AO, FGO, § 258 AO Rdz. 13 unter Hinweis auf BFH/NV 1990, 253).

Die Voraussetzungen für eine einstweilige Regelung bis zur Entscheidung des Ag über den beantragten Vollstreckungsaufschub liegen ebenfalls nicht vor.

Nach § 114 FGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechtes des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Eine solche einstweilige Regelung ist u.a. zulässig während eines Verfahrens über die Gewährung von Vollstreckungsaufschub gemäß § 258 AO. Zur Begründetheit eines solchen Antrags bedarf es der Darlegung eines Anordnungsanspruches sowie eines Anordnungsgrundes. Zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruches ist es erforderlich, dass der Ast die Erfolgsaussichten eines Antrags auf Vollstreckungsaufschub, mithin die Unbilligkeit der Zwangsvollstreckung i.S.v. § 258 AO glaubhaft macht. Hinsichtlich des Anordnungsgrundes ist vom Ast vorzutragen, dass die vorzeitige Vollziehung die Verwirklichung eines Rechtes des Ast vereitelt oder wesentlich erschwert oder aber die einstweilige Anordnung unter Abwägung der gegenseitigen Interessen zur Abwendung wesentlicher Nachteile für den Ast notwendig erscheint. Im Streitfall liegen jedenfalls die Voraussetzungen für die Bejahung eines Anordnungsgrundes nicht vor. Dabei kann offen bleib...

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