Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Zulässigkeit eines Antrags auf Vollstreckungsaufschub
Leitsatz (redaktionell)
Kein Eilverfahren ohne Hauptsacheverfahren.
Antrag auf Vollstreckungsaufschub an das Gericht ist nicht zulässig.
Keine Umdeutung eines Antrages nach § 114 FGO in eine Sprung-Verpflichtungsklage.
Zu den Voraussetzungen für die Glaubhaftmachung von Anordnungsanspruch und -grund.
Normenkette
FGO §§ 114, 69; AO § 258
Tatbestand
I. Die Antragstellerin (Astin) ist in eigener Praxis tätige Zahnärztin. Nach einer Rückstandsanzeige vom 12.04.2000 schuldete sie zu diesem Zeitpunkt insgesamt ca. 75.000 DM Steuern, davon jeweils ca. 35.000 DM entfallend auf Einkommensteuer (ESt) 1998 und Vorauszahlung viertes Quartal für ESt 1999. Einen im Februar 2000 gestellten Stundungsantrag lehnte der Antragsgegner (Ag) ab und verwies sie an die Vollstreckungsstelle. In einem diesbezüglichen Schriftwechsel wies der Ag u.a. darauf hin, dass die Abschlusszahlung ESt 1998 darauf zurückzuführen sei, dass die Vorauszahlungen für dieses Kalenderjahr auf Antrag der Astin im April 1998 herabgesetzt worden seien. Damals sei schon darauf hingewiesen worden, dass mit einer Stundung einer evtl. Abschlusszahlung nicht gerechnet werden könne. Auch sei sie damals aufgefordert worden, Änderungen bei den Besteuerungsgrundlagen, die dem Herabsetzungsantrag zugrunde lägen, unverzüglich anzuzeigen. In dem Stundungsantrag vom 23.2.2000 hatte die Astin vorgeschlagen, den Gesamtrückstand von ca. 100.000 DM (einschließlich Vorauszahlungen 2000) in monatlichen Raten von 5.000 DM abzuzahlen. Diese Zahlungen hat sie per Ende März 2000 aufgenommen.
Im Anschluss an den Stundungsantrag stellte die Astin am 7.4.2000 einen Antrag auf Vollstreckungsaufschub beim Ag. Die im Rahmen dieses Antragsverfahrens vom Ag angeforderten Unterlagen, insbesondere eine Einkommens- und Vermögensübersicht, Unterlagen über die Erfolglosigkeit eines Kreditantrags bei einem Kreditinstitut und Angaben über mögliche Sicherheiten, legte die Astin zunächst nicht vor, sondern bat darum, im Hinblick auf die begonnene Ratenzahlung von diesen Anforderungen Abstand zu nehmen. Nachdem der Ag weiter auf die Vorlage von Unterlagen bestand, legte die Astin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 17.5.2000 eine Einkommens- und Vermögensübersicht mit Anlagen vor (Bl. 18 ff VoAkte). Auf die Unterlagen wird Bezug genommen. Nach weiterem Schriftwechsel lehnte der Ag mit Verfügung vom 12.7.2000 den begehrten Vollstreckungsaufschub ab. In der Begründung führt der Ag aus, die Astin habe die Notlage selbst verschuldet durch einen aufwendigen Lebensstil und das bewusste Unterlassen, die Steuervorauszahlungen rechtzeitig anpassen zu lassen. Zusammenfassend geht der Ag davon aus, dass das Finanzamt seit 1998 offensichtlich bewusst über die tatsächliche Gewinn- und Finanzsituation der Astin im Unklaren gelassen worden sei. Der Ag forderte die Astin in diesem Schreiben zur Zahlung bis 31.07.2000 auf. Andernfalls sei er gehalten Vollstreckungsmaßnahmen zu ergreifen, zu denen auch die Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung gehöre. Außerdem behalte er sich "ausdrücklich vor, beim Amtsgericht Hamburg die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens ... zu beantragen". Der Rückstand betrug zu diesem Zeitpunkt noch ca. 58.000 DM. Rechtsmittel gegen diese Ablehnung des Vollstreckungsaufschubs wurde nicht eingelegt.
Vielmehr hat die Astin bei Gericht beantragt, im Wege einer einstweiligen Anordnung den Ag zu verpflichten, der Astin Vollstreckungsaufschub gegen Ratenzahlung in Höhe von 5.000 DM monatlich zu gewähren und ggf. die Vollstreckung vorläufig einzustellen.
Zur Begründung macht sie geltend: Die Ablehnung des begehrten Vollstrekkungsaufschubes sei unbillig. Es bestehe deshalb ein Anordnungsanspruch aus § 258 Abgabenordnung. Der Anordnungsgrund ergebe sich aus dem Umstand, dass der Ag eine Aufforderung zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung und die Einleitung eines Insolvenzverfahrens angedroht habe. Dies würde zur Existenzvernichtung führen. Die einstweilige Anordnung sei deshalb zur Abwendung wesentlicher Nachteile erforderlich. Bei Abwägung der gegenseitigen Interessen überwiege das Interesse der Astin auf Gewährung von Vollstrekkungsaufschub. Das öffentliche Interesse sei ausreichend dadurch berücksichtigt, dass laufend 5.000 DM monatlich abgetragen würden. Auf die Frage, ob die Astin die Notlage selbst verschuldet habe, komme es unter diesen Voraussetzungen nicht an. Im Übrigen sei ein Vollstreckungsaufschub gegen Ratenzahlung auch zweckmäßig, weil dadurch die Gesamttilgung der Rückstände gesichert werde. Das Ermessen des Ag sei auf Null reduziert, so dass das Gericht zur Anordnung eines Vollstreckungsaufschubs berechtigt sei.
Neben der Androhung eines Insolvenzverfahrens sei insbesondere auch die Androhung einer Ladung zur Ableistung einer eidesstattlichen Versicherung unbillig. Sie, die Astin, habe nämlich eine ausführliche Vermögensübersicht mit entsprechenden Nachweisen eingereicht, die mi...