Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabenordnung: Unzulässiger Antrag auf Vollstreckungsaufschub bei Bestandskraft des gegenständlichen Ablehnungsbescheids - kein Vollstreckungsaufschub bei Ratenzahlungsangebot
Leitsatz (amtlich)
1) Ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Vollstreckungsaufschub ist unzulässig, wenn der im Antrag zum Gegenstand der Anordnung gemachte Ablehnungsbescheid bestandskräftig geworden ist.
2) Ein Vollstreckungsaufschub gemäß § 258 AO kann mangels kurzfristigen Zuwartens nicht erfolgen, wenn der Steuerschuldner ein Ratenzahlungsangebot macht, was eine Tilgungsdauer von über fünf Jahren zur Folge hätte.
Normenkette
AO § 258; FGO § 114
Tatbestand
I.
Der Antragsteller begehrt Vollstreckungsschutz im Wege einer einstweiligen Anordnung.
Der Antragsgegner führt seit einiger Zeit Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber dem Antragsteller durch. Mit Verfügung vom 22. August 2017 gegenüber dem Arbeitgeber des Antragstellers, der X ..., pfändete der Antragsgegner wegen Abgabenrückständen in Höhe von 15.443,10 € die gegenwärtigen und künftigen Ansprüche auf Zahlung von Arbeitseinkommen sowie auf Erstattungen nach Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleiches und zog sie ein.
Die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers wandte sich daraufhin mit Schreiben vom 30. August 2017 an den Antragsgegner und teilte mit, dass der Antragsteller bereit sei, seine Steuerverbindlichkeiten vollständig zu tilgen. Es sei ihm wichtig, dass sein Arbeitgeber nicht mit Pfändungen behelligt werde. Der Antragsteller wolle seine Steuerrückstände in monatlichen Raten von 250 €, beginnend mit dem 15. September 2017, vollständig zurückführen.
Auf Anforderung des Antragsgegners übersandte die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers eine Einkommens- und Vermögensübersicht sowie Gehaltsabrechnungen aus den Monaten Juni und Juli 2017. Aus der Einkommens- und Vermögensübersicht vom 4. September 2017 ging hervor, dass der Antragsteller bei monatlichen Nettoeinnahmen von 1.978,67 € Verbindlichkeiten von insgesamt 53.919 € hatte.
Der Antragsgegner bewertete das Schreiben vom 30. August 2017 als Antrag auf Vollstreckungsaufschub und lehnte diesen mit Bescheid vom 15. September 2017 ab. Ein Vollstreckungsaufschub im Sinne von § 258 der Abgabenordnung (AO) könne nicht erfolgen, weil dies voraussetze, dass ein mit der Vollstreckung oder einer einzelnen Vollstreckungsmaßnahme verbundener unangemessener Nachteil durch ein kurzfristiges Zuwarten vermieden werden könne. Die vorgeschlagenen Ratenzahlungen erforderten einen Tilgungszeitraum von 62 Monaten, der nicht mehr kurzfristig im Sinne des § 258 AO sei.
Der Antragsteller legte dagegen am 26. September 2017 Einspruch ein. Der Ablehnungsbescheid sei unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Es läge eine Unbilligkeit vor. Durch die Lohnpfändung drohe eine Entlassung aus dem Arbeitsverhältnis. Der Arbeitgeber habe dies bereits angedeutet. Im Falle der Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei der Steueranspruch erst recht gefährdet. Die Lohnpfändung stehe im Übrigen in keinem Verhältnis zum Ertrag. Bei der neu eingetragenen Steuerklasse vier könnten monatlich gerade 40 € beigetrieben werden. Die angebotene Ratenzahlung von 250 € liege weit über diesem Betrag. Die Lohnpfändung sei deshalb weder erforderlich noch angemessen.
Mit Drittschuldnererklärung vom 28. September 2017 erkannte der Arbeitgeber des Antragstellers die gepfändeten Forderungen als begründet an und teilte mit, dass rückwirkend ab September 2017 monatlich ein Betrag von 204,75 € überwiesen werde.
Mit Entscheidung vom 9. Oktober 2017 wies der Antragsgegner den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er auf ein Hinweisschreiben vom 28. September 2017, in dem ausgeführt worden ist, dass allein wegen der Ratenzahlungsdauer bei einer Einstellung der Vollstreckung der Steueranspruch gefährdet sei. Im Übrigen seien mit der Einkommens- und Vermögensübersicht nicht alle erforderlichen Unterlagen eingereicht worden, so dass der Antragsteller seine Mitwirkungspflicht in Bezug auf die Aufklärung seiner wirtschaftliche Situation verletzt habe.
Der Antragsteller hat am 19. Oktober 2017 bei Gericht um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Der beantragte Vollstreckungsaufschub sei zu gewähren. Die Ablehnung sei unverhältnismäßig und damit rechtswidrig. Im Einspruchsverfahren sei dargelegt worden, dass die Lohnpfändung in keinem Verhältnis zum Ertrag stehe. Der Antragsgegner habe sich mit dieser Argumentation nicht auseinandergesetzt. Im Übrigen habe er, der Antragsteller, beim Finanzamt Hamburg-1 Rückstände in Höhe von rund 16.500 €. Dieses Finanzamt habe sein Angebot akzeptiert und Vollstreckungsaufschub gewährt. Er werde die vereinbarten Ratenzahlungen mit dem Finanzamt Hamburg-1 umgehend einstellen, wenn der Antragsgegner die Zwangsvollstreckung durchführe. Der Aufschub sei ohne Sicherheitsleistung zu gewähren, weil er, der Antragsteller, nicht dazu in der Lage sei, eine Sicherheit zu schaffen, ohne seine wirtschaftliche Ex...