Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarif: Vorabentscheidungsersuchen, Einreihung einer Mineralstoffzubereitung in Form einer Brausetablette
Leitsatz (amtlich)
Der Gerichtshof der Europäischen Union wird im Hinblick auf die folgende Frage um die Auslegung des Unionsrechts im Wege der Vorabentscheidung ersucht:
Ist die Kombinierte Nomenklatur in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23.07.1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. Nr. L 256, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 1777/2001 der Kommission vom 07.09.2001 (ABl. Nr. L 240, S. 4) geänderten Fassung dahin auszulegen, dass Brausetabletten mit einem Calciumgehalt von 500 mg pro Tablette, die zur Vorbeugung und Behandlung eines Calciummangels und zur Unterstützung einer speziellen Therapie zur Vorbeugung und Behandlung einer Osteoporose angewandt werden und für die auf dem Etikett für Erwachsene eine maximale Tagesdosis von 3 Tabletten (= 1.500 mg) empfohlen wird, in die Unterposition 3004 9000 einzureihen sind?
Normenkette
KN Nrn. 2106, 3004
Nachgehend
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Einreihung von Brausetabletten.
Die Klägerin führt aus der Schweiz laufend Brausetabletten mit der Handelsbezeichnung "A 500 mg" ein. Dabei handelt es sich um Brausetabletten aus einer Zubereitung mit Calcium als wesentlichem Bestandteil, die zum Einnehmen nach Auflösen im Wasser bestimmt sind. Jede Brausetablette enthält 500 mg Calcium. Die Brausetabletten sind in verschiedenen Packungsgrößen erhältlich. Informationen zu dem Produkt, insbesondere zur Dosierung, zum Anwendungsfeld und zu den enthaltenen Wirkstoffen finden sich auf der Faltschachtel und auf einem Beipackzettel. Als Dosierung werden für Erwachsene 1 bis 3 Brausetabletten - also 500 bis 1500 mg - und für Kinder 1 bis 2 Brausetabletten - also 500 bis 1000 mg - pro Tag empfohlen. Im Beipackzettel heißt es, die Brausetabletten würden zur Vorbeugung und Behandlung eines Calciummangels und zur Unterstützung einer speziellen Therapie zur Vorbeugung und Behandlung einer Osteoporose (Knochenschwund) angewandt. Die Klägerin vertreibt die Brausetabletten ausschließlich über Apotheken.
Mit Schreiben vom 02.05.2012 beantragte die Klägerin die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft. Sie schlug die Einreihung der Brausetabletten als andere Arzneiwaren in die Unterposition 3004 9000 vor.
Mit verbindlicher Zolltarifauskunft am 08.10.2012 (DE ...-1) reihte der Beklagte die Brausetabletten in die Warennummer 2106 9092 60 9 ein. Zur Beschreibung der Ware heißt es, es handele sich um eine Lebensmittelzubereitung, anderweit weder genannt noch inbegriffen, keine der Unterpositionen 2106 1020 bis 2106 9059, kein Milchfett und keine Saccharose, Isoglukose, Stärke oder Glukose enthaltend; kein Erzeugnis der Position 3004 der KN, da die empfohlene Verzehrmenge an Calcium nicht deutlich höher liege als die empfohlene Tagesdosis für den Erhalt der allgemeinen Gesundheit oder des allgemeinen Wohlbefindens.
Mit Schreiben vom 26.10.2012 legte die Klägerin Einspruch ein. Sie meinte, es handele sich um eine Arzneiware der Position 3004, da die Brausetabletten zu einem konkreten therapeutischen oder prophylaktischen Zweck eingesetzt würden. Es werde nicht nur ein Mangelzustand ausgeglichen, vielmehr handele es sich um ein therapeutisches Präparat für Patienten mit entsprechenden krankhaften Beschwerden. Das Erzeugnis sei als Arzneimittel zugelassen.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 13.01.2014 zurückgewiesen. Die Abgrenzung zwischen Arzneiwaren der Position 3004 und Lebensmittelzubereitungen der Position 2106 ergebe sich aus der Zusätzlichen Anm. 1 zu Kap. 30, Auslegungshinweise würden in den ErlKN zu Kap. 30 genannt. Es handele sich um eine Zubereitung auf der Grundlage des Mineralstoffs Calcium. Voraussetzung für eine Einreihung in die Position 3004 sei unter anderem, dass die als Tagesdosis empfohlene Menge deutlich höher sei als die für den Erhalt der allgemeinen Gesundheit oder des Wohlbefindens empfohlene Tagesdosis. Die Zufuhr von 800 mg Calcium pro Tag werde als ausreichend angesehen, um den normalen täglichen Bedarf eines Erwachsenen zu decken. Eine Zufuhr zur Behandlung von Krankheiten liege erst ab der dreifachen Menge, also ab täglich zuzuführenden 2400 mg, vor. Die für das streitgegenständliche Erzeugnis empfohlene maximale tägliche Dosis an Calcium betrage 1500 mg, daher scheide eine Einreihung in die Position 3004 aus. Die Einreihungsauffassung bestätige sich auch durch die VO Nr. 380/2010.
Mit ihrer am 17.02.2014 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie meint, die Zusätzliche Anm. 1 zu Kap. 30 sei, soweit vorausgesetzt werde, dass die Tagesdosis der angegebenen Stoffe deutlich höher sei als die für den Erhalt der allgemeinen Gesundheit oder des allgemeinen Wohlbefindens empfohlene Tagesdosis, unwirksam, da sie den Inhalt der Tarifposi...