Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Aussetzung der Vollziehung bei Ablehnung des Erlasses eines Verwaltungsaktes
Leitsatz (amtlich)
Die Aussetzung der Vollziehung setzt einen vollziehbaren Verwaltungsakt voraus, also einen Bescheid, der dem Steuerpflichtigen eine Leistungspflicht auferlegt oder der - wie bei Grundlagenbescheiden - Grundlage für eine Leistungspflicht ist. Wird der Erlass eines Verwaltungsaktes abgelehnt, so beschränkt sich der Verwaltungsakt auf eine Negation, die grundsätzlich keiner weiteren Vollziehung bedarf und fähig ist.
Normenkette
FGO §§ 69, 114
Tatbestand
I.
Im Hauptsacheverfahren ist zwischen den Beteiligten streitig, ob eine Änderung der Einkommensteuer(ESt)Bescheide für die Jahre 1978 bis 1981 zulässig ist und ob Zinsen auf die ausgesetzten ESt-Beträge für die Jahre 1978, 1980 und 1981 festgesetzt werden dürfen.
Die Beteiligten streiten sich seit 1990 über die Behandlung von Verlusten der ehemaligen G GmbH & Co. Zweite ... KG (G II), an der der Antragsteller (Ast) als stiller Gesellschafter beteiligt war. In den geänderten ESt-Bescheiden für 1978 und 1979 vom 13.09.1990 und den ESt-Bescheiden für 1980 und 1981 vom 6.11.1995 setzte der Ag die ESt ohne Berücksichtigung der Verluste aus der Beteiligung an der G II fest. Diese Bescheide wurden nach Rücknahme der gegen diese Festsetzungen erhobenen Klage (VII 117/98) in 1998 bestandskräftig. Nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Berlin über Feststellungsbescheide der G II beantragte der Ast am 14.08.2001, die ESt-Bescheide 1978 bis 1981 gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO zu ändern und die ursprünglich erklärten Verluste zu berücksichtigen. Mit Bescheid vom 21.11.2001 lehnte das Finanzamt die Änderung der ESt-Bescheide 1978 bis 1981 ab, da Festsetzungsverjährung für die betreffenden Jahre eingetreten sei. Mit gleichem Datum hob das Finanzamt die Aussetzung der Vollziehung der ESt 1978, 1980 und 1981 auf und setzte gemäß § 237 AO Aussetzungszinsen fest. Gegen diese Bescheide legte der Ast Einspruch ein, den der Antragsgegner (Ag) mit Einspruchsentscheidung vom 20.01.2003 als unbegründet zurückwies. Gegen diese Entscheidung hat der Ast mit Schreiben vom 18.02.2003, eingegangen am 19.02.2003, Klage erhoben, die unter dem Aktenzeichen VII 22/03 beim Finanzgericht Hamburg noch anhängig ist.
Mit Bescheid vom 20.12.2001 hatte der Ag dem Ast Aussetzung der Vollziehung bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe einer Entscheidung über den Einspruch gegen den Bescheid vom 21.11.2001 gewährt. Nach dem Ergehen der Einspruchsentscheidung forderte der Ag den Ast mit Schreiben vom 27.01.2003 auf, nunmehr die in den ESt-Bescheiden 1978, 1980 und 1981 festgesetzten Beträge bis zum 24.02.2003 zu zahlen.
Mit Schreiben vom 23.02.2003, eingegangen am 28.02.2003, beantragte der Ast beim Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung und nahm zur Begründung auf seinen Vortrag im Hauptsacheverfahren Bezug.
Aus dem Vorbringen des Ast ergibt sich der Antrag, die Vollziehung der ESt-Bescheide 1978, 1980 und 1981 auszusetzen.
Der Ag beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Dem Gericht haben vorgelegen die ESt-Akten Bd. I, II und IV, eine Sonderakte Beteiligungen G und zwei Bände Rechtsbehelfsakten zu der Steuernummer ... . Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist unzulässig. Nach § 69 Abs. 3 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Die Aussetzung der Vollziehung setzt danach einen vollziehbaren Verwaltungsakt voraus, also einen Bescheid, der dem Steuerpflichtigen eine Leistungspflicht auferlegt oder der - wie bei Grundlagenbescheiden - Grundlage für eine Leistungspflicht ist. Wird hingegen der Erlass eines Verwaltungsaktes abgelehnt, so beschränkt sich der Verwaltungsakt auf eine Negation, die grundsätzlich keiner weiteren Vollziehung bedarf und fähig ist. Deshalb kommt eine Aussetzung der Vollziehung u.a. nicht in Betracht bei der Ablehnung des Erlasses eines Steueränderungsbescheides (vgl. Tipke/Kruse, Komm. Zur FGO § 69 Rn. 24 m.w.N.).
Der Ast begehrt im vorliegenden Fall im Hauptsacheverfahren jedoch den Erlass geänderter ESt-Bescheide für die Jahre 1978, 1980 und 1981. Der Ag hat diesen Antrag mit Bescheid vom 21.11.2001 und Einspruchentscheidung vom 20.1.2003 abgelehnt. Dieser Bescheid legt dem Ast neben der Ablehnung des Antrages keine Leistungspflicht auf. Hierfür besteht auch keine Notwendigkeit, denn die ESt ist für die streitigen Jahre bereits bestandskräftig festgesetzt. Es besteht danach kein anfechtbarer, vollziehbarer Verwaltungsakt, der Gegenstand einer Aussetzung der Vollziehung sein könnte.
Der Antrag des Ast kann nicht als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 114 FGO umgedeutet werden, denn es kann nicht festgestellt werden, in welcher Hinsicht der Ast eine vorläufige Regelung begehren könnte. In Betracht käme ein Antrag auf Vollstreckungsaufschub oder auf Stundung der festges...