Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Gewinnvoraus und Sondervergütung
Leitsatz (amtlich)
Soll eine Tätigkeitsvergütung als Gewinnvoraus geleistet werden, darf diese in den Bilanzen von Gewinn und Verlust nicht als Aufwand erfasst werden.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1
Tatbestand
I. Streitig ist, ob die Tätigkeitsvergütung des atypisch stillen Gesellschafters der Klägerin als Sondervergütung im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 2, 2. Halbsatz EStG oder als Gewinnvoraus zu beurteilen ist.
Die Antragstellerin (Astin) ist gemäß Gesellschaftsvertrag vom 28.11.1985 als stille Gesellschaft gegründet worden. Der stille Gesellschafter, der zugleich alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer der beteiligten GmbH ist, ist mit einer Einlage von 30.000 DM beteiligt, die durch Barzahlung erbracht worden ist. In § 6 des Gesellschaftsvertrages heißt es hinsichtlich der Ergebnisverteilung unter anderem:
...
(2) Als Vergütung für die Übernahme der persönlichen Haftung erhält die ... GmbH Export-Import zu Lasten des zwischen den Gesellschaftern zu verteilenden Ergebnisses jährlich 3.750 DM ...
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(5) Der stille Gesellschafter nimmt auch über den Betrag seiner Einlage hinaus an einem Verlust der Gesellschaft teil. Zum Ausgleich eines solchen Verlustes kann der stille Gesellschafter jedoch nur mit künftig auf ihn entfallenen Gewinnanteilen herangezogen werden. Soweit dies nicht möglich ist, hat ausschließlich die ... GmbH Export-Import für solche Verluste einzustehen.
(6) Ein auf den stillen Gesellschafter entfallender Verlust ist nicht von seiner Einlage zu kürzen, sondern einem besonderen Verlustsonderkonto zu belasten. Ein auf den stillen Gesellschafter entfallender Gewinn ist zunächst zum Ausgleich des Verlustkontos zu verwenden. Im Übrigen wird der auf den stillen Gesellschafter entfallende Gewinn einem laufenden Konto gutgebracht.
(7) Forderungen und Verbindlichkeiten des stillen Gesellschafters gegenüber der ... GmbH Export-Import werden mit 6 % per anno verzinst. Die Zinsen sind dem laufenden Konto jeweils mit Wirkung zum Ende eines Geschäftsjahres gutzuschreiben.
...
In den Streitjahren erwirtschaftete die Astin ausschließlich Verluste, und zwar in 1996 von 17.093,03 DM, in 1997 von 199.210,26 DM und in 2000 von 35.156,53 DM. In den Gewinn- und Verlustrechnungen der entsprechenden Jahre sind die Bezüge des stillen Gesellschafters als Geschäftsführergehalt und damit als Betriebsausgabe angesetzt worden.
Mit gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Feststellungsbescheiden für 1996 und 1997 vom 05.09.2002, wirksam bekannt gegeben am 14.01.2003, und für 2000 vom 14.11.2002 stellte der Antragsgegner (Ag) für 1996 einen Gewinn von 80.176,12 DM und für 2000 von 52.830,38 DM sowie für 1997 einen Verlust von 98.753,25 DM fest. Dabei behandelte er die Geschäftsführerbezüge als Sonderbetriebseinnahmen des stillen Gesellschafters. Mit Schriftsatz vom 16.12.2002 legte die Astin Einsprüche gegen die genannten Feststellungsbescheide ein. Zu Unrecht sei die Tätigkeitsvergütung als Sonderbetriebseinnahme angesehen worden; tatsächlich handele es sich bei der als Personalaufwand bezeichneten Entnahme um einen Gewinnvoraus. Über diese Einsprüche ist gegenwärtig noch nicht entschieden. Den Antrag vom 15.01.2003 auf Aussetzung der Vollziehung der Feststellungsbescheide 1996 und 1997 hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 21.01.2003 und für 2000 mit Bescheid vom 15.01.2003 abgelehnt.
Am 20.01.2003 hat die Astin Aussetzung der Vollziehung bei Gericht beantragt. Sie ist der Auffassung, die Tätigkeitsvergütung sei zwar handelsrechtlich als Betriebsausgabe gebucht, steuerrechtlich sei sie aber als Entnahme und Gewinnvoraus behandelt worden. Die entsprechende Regelung sei zwar nicht im Gesellschaftsvertrag getroffen worden, sie ergebe sich aber aus der Gesellschaftervereinbarung vom 01.12.1995, wonach die Vergütung ausdrücklich als Vorweggewinn bezeichnet werde. Dort werde dem stillen Gesellschafter auch die Verpflichtung auferlegt, durch Auslagen einen Ausgleich für geleistete Zahlungen zu erbringen. Tatsächlich habe dieser als Alleingesellschafter in den Verlustjahren durch Einlagen auch jeweils die Liquidität der Gesellschaft gewährleistet. Er habe praktisch seine Tätigkeitsvergütung von der rechten in die linke Tasche bezahlt.
Die Astin beantragt, die Feststellungsbescheide für 1996 und 1997 vom 05.09.2002 und für 2000 vom 14.11.2002 insoweit von der Vollziehung auszusetzen, als die Tätigkeitsvergütung als Sonderbetriebseinnahme behandelt worden ist.
Der Ag beantragt, den Antrag zurückzuweisen.
Der Ag hält an seiner Auffassung fest, dass die Tätigkeitsvergütung keinen Gewinnvoraus darstelle. Die vorgelegte Gesellschaftervereinbarung sei nach den vorliegenden Bilanzen und Gewinn- und Verlustrechnungen tatsächlich nicht durchgeführt worden. Die Vergütung des stillen Gesellschafters sei dort nicht als Gewinnvoraus sondern als Grundgehalt ausgewiesen worden. Die Gesellschaftervereinbarung vom 01.12.1985, wonach das Gehalt als Vorweggewinn zu behandeln sei, könne zudem steue...