Entscheidungsstichwort (Thema)
Staatsvertrag zwischen den Ländern Freie und Hansestadt Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein über die Errichtung eines gemeinsamen Senats des Finanzgerichts Hamburg: Keine Ausweitung der Zuständigkeit des gemeinsamen Senats des Finanzgerichts Hamburg durch die Übertragung der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer von der Finanz- auf die Zollverwaltung zum 01.07.2014
Leitsatz (amtlich)
Aufgrund der Neufassung des Art. 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 FGGemSenVtr HA vom 10.03.2014 führt die Übertragung der Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer von der Finanz- auf die Zollverwaltung zum 01.07.2014 nicht zu einer örtlichen Zuständigkeit des gemeinsamen Senats des Finanzgerichts Hamburg für Klagen gegen Kraftfahrzeugsteuerbescheide bzw. entsprechende Vollstreckungsmaßnahmen von Hauptzollämtern, die ihren Sitz in Niedersachsen oder Schleswig-Holstein haben.
Normenkette
FGGemSenVtr HA Art. 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2; FGO § 38 Abs. 1, § 70 S. 1; GVG § 17a Abs. 2 S. 1
Gründe
Das Finanzgericht Hamburg ist örtlich unzuständig, daher ist das Verfahren gemäß § 70 S. 1 FGO i. V. m. § 17a Abs. 2 S. 1 GVG an das örtlich zuständige Finanzgericht Hannover zu verweisen.
Die örtliche Zuständigkeit des Finanzgerichts Hannover folgt aus § 38 Abs. 1 FGO. Danach ist örtlich zuständig das Finanzgericht, in dessen Bezirk die Behörde, gegen welche die Klage gerichtet ist, ihren Sitz hat. Das Hauptzollamt A, das die streitgegenständliche Vollstreckungsankündigung erlassen hat, hat seinen Sitz im Gerichtsbezirk des Finanzgerichts Hannover.
Eine hiervon abweichende Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgt nicht aus dem Staatsvertrag zwischen den Ländern Freie und Hansestadt Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein über die Errichtung eines gemeinsamen Senats des Finanzgerichts Hamburg vom 22.04.1981. Nach dessen Art. 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 (in der Fassung vom 10.03.2014) sind dem gemeinsamen Senat zwar Angelegenheiten zugewiesen, die der Zollverwaltung aufgrund von Rechtsvorschriften übertragen sind, aber mit Ausnahme der auf den Zoll übertragenen Verwaltung von Steuern im Sinne von § 3 Absätze 1 und 2 der Abgabenordnung (...), soweit diese Übertragung nach dem 13.07.2013 wirksam geworden ist.
Die Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer ist nach dem 13.07.2013 zum 01.07.2014 von den Landesfinanzbehörden auf die Zollverwaltung übergegangen. Dabei umfasst die "Verwaltung von Steuern" nicht nur die Festsetzung und die Erhebung, sondern auch die Vollstreckung der Kraftfahrzeugsteuer, wozu auch der Erlass einer Vollstreckungsankündigung gehört. Diese Auslegung folgt dem erklärten Willen der Staatsvertragsländer. Aus Anlass der beabsichtigten Übertragung der Kraftfahrzeugsteuer auf die Zollverwaltung wurde Art. 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und S. 2 des Staatsvertrags zum 10.03.2014 neu gefasst. Mit der Neufassung wurde bezweckt, künftig auf die Zollverwaltung übertragene Steuerangelegenheiten ("Verwaltung von Steuern") von der Zuständigkeit des gemeinsamen Senats auszunehmen und bei den bisher zuständigen Finanzgerichten zu belassen, mithin den damals aktuellen "Status quo" zu erhalten (vgl. Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg, Mitteilung des Senats an die Bürgerschaft v. 18.03.2014, Drucksache 20/11179 sowie Bericht des Ausschusses für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung über die Drucksache 20/11179 v. 28.04.2014, Drucksache 20/11649).
Einer Verweisung an das Finanzgericht Hannover steht schließlich nicht der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers entgegen. Wenn mit einem Prozesskostenhilfeantrag - wie vorliegend - gleichzeitig die Hauptsache anhängig gemacht wird, ist vor Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag über die Zulässigkeit des eingeschlagenen Rechtswegs zu entscheiden und gegebenenfalls das Verfahren an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges gemäß § 17a Abs. 2 S. 1 GVG zu verweisen (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 08.04.2011, Az. 10 W 2/11, Juris m. w. N.). Aufgrund der entsprechenden Anwendbarkeit des § 17a GVG durch § 70 S. 1 FGO kann im vorliegenden Fall der Klageerhebung bei einem örtlich unzuständigen Gericht nichts anderes gelten.
Die Beteiligten sind zur Frage der örtlichen Zuständigkeit gehört worden.
Fundstellen
Dokument-Index HI10148935 |