Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Bindungswirkung des Einkommensteuerbescheides für die Kindergeldfestsetzung
Leitsatz (amtlich)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bei Versäumung der Klagefrist wegen fehlerhafter Adressierung der Klage aufgrund insoweit falscher Rechtsbehelfsbelehrung.
Grundsätzlich keine Klagebefugnis bei auf Null festgesetzter Steuer, da hierdurch in der Regel keine subjektive Rechtsverletzung gegeben ist.
Der Einkommensteuerbescheid des Kindes ist kein Grundlagenbescheid für die Kindergeldfestsetzung gegenüber den Kindergeldberechtigten und bindet die Familienkasse nicht bei der Ermittlung der Einkünfte und Bezüge des Kindes. Die erforderlichen tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen hat die Familienkasse selbständig und in eigener Verantwortung zu treffen.
Normenkette
EStG § 31; AO §§ 88, 155 Abs. 6; FGO § 40 Abs. 2, §§ 44, 56
Tatbestand
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger (-Kl.-) die Änderung von Besteuerungsgrundlagen eines die Steuerschuld mit Null festsetzenden Bescheides.
In seiner Einkommensteuererklärung 2002 machte der Kl. Fahrtkosten betreffend die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für eine Anzahl von 235 Tagen geltend. Ausweislich der seiner Erklärung beigefügten Lohnsteuerkarte belief sich der für ihn abgeführte Arbeitnehmeranteil am Gesamtsozialversicherungsbetrag im Streitjahr auf 1.710,90 Euro.
Der Beklagte (-Bekl.-) veranlagte den Kl. erklärungsgemäß mit Ausnahme der Anzahl an Tagen, für welche er Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anerkannte. Hier berücksichtigte er unter formelhaftem Hinweis auf Urlaub, Krankheit etc. Fahrtkosten lediglich für 220 Tage. Mit dem Einkommensteuerbescheid vom 30.04.2002 wurde die Einkommensteuer 2002 des Kl. bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 7.229 Euro in Höhe von Null Euro festgesetzt.
Der Kl. legte gegen diesen Bescheid fristgerecht Einspruch ein und begehrte den Ansatz höherer Fahrtkosten auf Basis der erklärten 235 Arbeitstage, deren Anzahl er zudem erläuterte.
Mit Schreiben vom 20.05.2003 wies der Bekl. den Kl. darauf hin, sein Einspruch könne keinen Erfolg haben, da die Steuer bereits mit Null festgesetzt sei und sich daher insoweit auch bei einer Anerkennung der geltend gemachten Anzahl von Arbeitstagen keine Änderung zu seinen Gunsten ergeben könne.
Der Kl. hielt seinen Einspruch gleichwohl aufrecht und verwies nunmehr auf ein in der Revision befindliches Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts zu der Frage, ob Sozialversicherungsbeiträge auf das steuerpflichtige Einkommen angerechnet werden müssten.
Mit am 14.08.2003 zur Post gegebener Einspruchsentscheidung verwarf der Bekl. den Einspruch unter Hinweis auf § 350 Abgabenordnung (-AO-) als unzulässig. Beschwer im Sinne der genannten Vorschrift sei bei einem Steuerbescheid die Höhe der festgesetzten Steuer. Da diese in dem angefochtenen Bescheid bereits Null betrage, sei der Kl. nicht beschwert.
Entsprechend der - insoweit fehlerhaften - Rechtsbehelfsbelehrung legte der Kl. fristgerecht Klage unter der vormaligen Adresse des Finanzgerichts ein. Die Klage wurde dem Kl. von der Post am 18.09.2003 als nicht zustellbar zurückgesandt.
Am 30.09.2003 legte der Kl. die Klage erneut, nunmehr unter der korrekten Gerichtsanschrift, ein und beantragte unter Hinweis auf die fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung des Bekl. die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Zur Begründung seines Klagebegehrens wiederholt er seinen bisherigen Vortrag und erklärt ergänzend, die Bemessung des "definitiven Haushaltseinkommens" sei für die Frage von Bedeutung, ob für ihn weiterhin ein Anspruch auf Kindergeld bestehe.
Der Kl. beantragt sinngemäß, den Einkommensteuerbescheid 2002 vom 30.04.2003 - unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 14.08.2003 - dahingehend zu ändern, dass die Besteuerungsgrundlagen unter Berücksichtigung zusätzlicher Fahrtkosten für weitere 15 Tage und der von ihm entrichteten Sozialversicherungsbeiträge niedriger angesetzt werden.
Des Weiteren regte er das Ruhen des Verfahrens bis zur Entscheidung des Bundesfinanzhofs über die Revision gegen die Entscheidung des Niedersächsischen Finanzgerichts an.
Der Bekl. beantragt, die Klage abzuweisen.
Er nimmt Bezug auf die Gründe der Einspruchsentscheidung und trägt ergänzend vor, die vom Kl. dargestellte Erheblichkeit des angefochtenen Bescheides für die Kindergeldberechtigung löse keine Beschwer aus, weil der Einkommensteuerbescheid eines Kindes kein Grundlagenbescheid für die Kindergeldfestsetzung des nämlichen Jahres sei.
Dem Ruhensantrag des Kl. stimmte der Bekl. nicht zu, da die vorgetragenen Gesichtspunkte für das anhängige Verfahren nicht von Bedeutung seien.
Der Vorsitzende des zuvor für die Klage zuständigen VII. Senats forderte den Kl. durch gerichtliche Verfügung vom 21.10.2003 binnen vier Wochen zu einer Äußerung zu dem Klageerwiderungsschriftsatz des Bekl. auf. Zugleich sprach er die Empfehlung aus, der Kl. möge überlegen, die Klage - kostenfrei - zurück zu nehmen und seine Werbungskosten unter Vorlage der ...