rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Pflegekindschaftsverhältnis zur schwangeren Freundin des Stiefsohnes
Leitsatz (redaktionell)
Es wird kein Pflegekindschaftsverhältnis zu einer 17-jährigen Frau begründet, wenn die schwangere Freundin des Stiefsohnes vorübergehend in dessen Kellerraum im Hause des Stiefvaters zieht.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 1 Nr. 2, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Kindergeldberechtigung des Klägers für die damals 17-jährige A im Zeitraum Januar bis April 2000.
1. Bei dem Kläger und seiner im November 2000 verstorbenen Ehefrau wohnte der Stiefsohn des Klägers, B. Vom Jahreswechsel 1999/2000 bis zum Frühjahr 2000 lebte dieser mit seiner am ... 1982 geborenen Freundin A in einem Kellerraum im Hause des Klägers. Sie war nach der Meldebestätigung des Ortsamts O vom 24. März 2000 seit 01. Januar 2000 mit alleiniger Wohnung unter der Anschrift des Klägers gemeldet. Am 02. August 2000 wurde sie von ihrer Tochter entbunden, deren Vater B ist.
Der Kläger beantragte mit Schreiben vom 04. März 2000 - ergänzt durch Fragebogen vom 15. März 2000 - Kindergeld für A. Seit November 1999 lebe das Kind nicht mehr im Haushalt der leiblichen Eltern, sondern als Pflegekind bei ihm und seiner Ehefrau.
Es sei am 01. Dezember 1999 in den Haushalt aufgenommen worden und solle auf unbestimmte Dauer in seiner Obhut verbleiben. Es werde ganztägig und durchgehend an allen Wochentagen versorgt, eine Pflegeerlaubnis beim Jugendamt sei beantragt.
Mit vorgesehenem Vordruck wiederholte der Kläger seinen Antrag am 30. Juni 2000 und gab an, dass das Kind seit ca. 12 Monaten in seinem Haushalt lebe. Er ergänzte am 10. Oktober 2000 angesichts der bevorstehenden Volljährigkeit, dass A Hausfrau sei und sich weder in der Ausbildung noch in einem Beruf befinde.
Mit Bescheid vom 13. Juli 2000 setzte der Beklagte Kindergeld für A zugunsten des Klägers ab Januar 2000 fest. Die Zahlung erfolgte wegen laufender Ermittlungen, die zur Beiziehung der Kindergeldakte des Vaters führten, zunächst ab Juli 2000.
2. Im Rahmen der Ermittlungen fertigte der Beklagte am 14. Februar 2001 eine Telefonnotiz, nach der der Vater von A mitgeteilt habe, dass diese im Dezember 1999 in den Haushalt des Klägers gezogen sei, jedoch dort lediglich im Haushalt ihres Freundes lebe. Bis April/Mai 2000 habe seine Tochter teilweise auch noch bei ihm übernachtet.
Ferner hielt der Beklagte in einem internen Vermerk vom 12. Juni 2001 fest, dass A nach Angaben in der Kindergeldakte ihres Vaters, die von A bestätigt seien, bei ihrem Freund lebte.
3. Mit Bescheid vom 11. Juli 2001 hob der Beklagte die Kindergeldfestsetzung für A ab Januar 2000 gemäß § 173 Absatz 1 Nr. 1 Abgabenordnung -AO- auf und forderte das ab Juli 2000 gezahlte Kindergeld zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Voraussetzungen zur Berücksichtigung als Pflegekind nicht vorgelegen hätten. A habe nicht mit dem Ziel des dauernden Verbleibs im Haushalt des Klägers gelebt; sie sei die Freundin seines Sohnes, mit dem sie seit Mai 2000 in einer eigenen Wohnung lebe.
4. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger den Einspruch vom 12. Juli 2001 ein, mit dem er geltend machte, dass A mit dem ihr zur Verfügung stehenden gesamten Haushalt bei ihm gewohnt habe. Die Aussage, dass sie nicht mit dauerhaftem Verbleib in der Wohnung gewohnt habe und die Freundin einer nicht näher bezeichneten Person sei, sei spekulativ und entbehre jeder Grundlage.
5. Mit Einspruchsentscheidung vom 23. Juli 2001 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Bei Pflegekindern sei mit Haushaltsaufnahme das örtlich gebundene Zusammenleben von Pflegekind und Pflegeperson in einer gemeinsamen Familienwohnung gemeint. Das Kind müsse in diesem Haushalt persönlich versorgt und betreut werden. Zudem müsse es sich nicht nur zeitweise, sondern durchgängig im Haushalt der Pflegeperson aufhalten. Die erforderliche familienähnliche Bindung müsse von vornherein auf mehrere Jahre angelegt sein. Mit einem familienfremden Kind, das kurz vor oder nach Eintritt in die Volljährigkeit mit dem Ziele des dauernden Verbleibs in den Haushalt aufgenommen werde, könne im Regelfall kein Pflegekindschaftsverhältnis begründet werden. Das Kind A habe sich des öfteren bei ihrem volljährigen Freund, der bei seiner Mutter und seinem Stiefvater lebte, aufgehalten. Seit Mai 2000 lebe das Kind im Übrigen in einer eigenen Wohnung, zusammen mit ihrem eigenen Kind und dem Stiefsohn des Klägers.
6. Hiergegen hat der Kläger die auf den 23. Juli 2001 datierte und bei dem Finanzgericht am 25. Juli 2001 eingegangene Klage erhoben. Nach Rücknahme der Klage betreffend die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung für Mai und Juni 2000 und betreffend die Rückforderung von Kindergeld ab Juli 2000 im Erörterungstermin vom 04. Januar 2002 wendet er sich noch gegen die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung Januar bis April 2000.
Er trägt vor, dass sämtliche Voraussetzungen für ein Pflegekind vorgelegen hätten, das Kind dauerhaft im Haushalt gelebt hab...