Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Antrags auf Erlass einer Kindergeldrückforderung - Zuständigkeit
Leitsatz (amtlich)
Für Entscheidungen über einen Erlassantrag ist die Familienkasse zuständig, die den Bescheid über die Aufhebung und Rückforderung des zu Unrecht festgesetzten Kindergeldes erlassen hat. Dem Inkasso-Service Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Recklinghausen fehlt es im Erhebungsverfahren und damit auch bei der Entscheidung über Erlassanträge an der sachlichen Zuständigkeit, wie es auch der Familienkasse Nordrhein-Westfalen Nord an der sachlichen Zuständigkeit für eine Entscheidung im Einspruchsverfahren fehlt.
Normenkette
AO §§ 227, 16, 6 Abs. 2 Nr. 6, § 127; FVG § 17 Abs. 2 S. 3, § 5 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin begehrt den Erlass einer Kindergeldrückforderung.
Auf ihren Antrag hin erhielt die Klägerin Kindergeld aufgrund eines Kindergeldfestsetzungsbescheides der Familienkasse ... vom 20. April 2009 ab Oktober 2008 für ihre am ... geborene und seit Oktober 2008 bei der Klägerin in Deutschland lebende Tochter.
Auf Anfrage der Familienkasse ... teilte die Klägerin dieser unter dem 15. August 2011 mit, dass ihre Tochter seit 15. Dezember 2010 bei den Großeltern in der Ukraine lebe, um dort zu studieren. Ausweislich einer durch die Klägerin vorgelegten von der ... University in D, Ukraine, ausgestellten Bescheinigung ergibt sich, dass das Studium von September 2011 bis voraussichtlich 2016 dauern wird.
Durch Bescheid vom 10. August 2016 hob die Familienkasse ... die Festsetzung von Kindergeld für die Tochter der Klägerin ab September 2016 auf. Am 3. November 2016 wurde die Klägerin aufgefordert, einen Nachweis über den Abschluss der Schulausbildung vorzulegen. Eine Reaktion der Klägerin erfolgte hierauf nicht. Daraufhin hob die Familienkasse ... durch Bescheid vom 2. Dezember 2016 die Festsetzung von Kindergeld von Oktober 2011 bis einschließlich August 2016 auf und forderte von der Klägerin das überzahlte Kindergeld in Höhe von insgesamt 10.952 € zurück.
Dagegen wandte sich die Klägerin mit ihrem "Widerspruch" vom 7. Dezember 2016. Sie bitte um "Aufschub der Zahlung von 10.952 €" bis zur Entscheidung über den Einspruch. Bereits mit Schreiben vom 28. Oktober 2016 habe sie sich an die Familienkasse ... gewandt. Außerdem habe ihr Ehemann mehrfach telefonisch die Familienkasse ... kontaktiert, um einen Aufschub zur Einreichung der geforderten Unterlagen zu erwirken. Bei einem dieser Anrufe habe ihr Ehemann erfahren, dass das Schreiben vom 28. Oktober 2016 wohl nicht bei der Familienkasse ... eingegangen sei. Zugleich reichte die Klägerin eine Kopie ihres Schreibens vom 28. Oktober 2016 ein, in dem sie Fristverlängerung für die Vorlage der fehlenden Unterlagen beantragte, da es gerade bei den Unterlagen aus der Ukraine länger dauere, diese zu beschaffen.
Ebenfalls im Dezember 2016 reichte die Klägerin ein Schreiben ihrer Tochter ein, aus dem sich ergibt, dass diese am 9. Oktober 2011 aus der Ukraine nach Deutschland zurückgekehrt sei. Ihr Studium habe sie aus gesundheitlichen und psychischen Gründen abbrechen müssen.
Per E-Mail vom 13. Januar 2017 teilte die Klägerin der Familienkasse ... mit, sie habe der Familienkasse bereits schriftlich mitgeteilt, dass ihre Tochter aus der Ukraine zurückgekehrt sei. Dieses Schreiben habe sie in den Hausbriefkasten der Beklagten eingeworfen. Nachweise darüber, was ihre Tochter seitdem gemacht habe, werde sie einreichen, sobald sie ihr vorlägen.
Durch Bescheid vom 24. Januar 2017 wurde der Klägerin Aussetzung der Vollziehung bewilligt.
Am 1. März 2017 teilte die Klägerin der Familienkasse ... mit, sie habe bereits am 14. Oktober 2011 persönlich in den Hausbriefkasten der Familienkasse ... ein Schreiben folgenden Inhalts eingeworfen:
"An die Familienkasse-...
Hiermit möchte ich, A, geb. ..., meine Kundennummer: xxx, in Kenntnis setzten und benachrichtigen das meine Tochter, B, geb. ..., ihre Studium in der Ukraine, das sie am 01.09.2011 begonnen hatte, leider aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen abbrechen musste. Sie ist am 09.10.2011 aus der Ukraine zurück nach Deutschland gekommen.
MfG, A Hamburg, den 14.10.2011"
Im Hinblick auf die durch die Klägerin zwischenzeitlich eingereichten Nachweise half die Familienkasse ... dem Einspruch der Klägerin teilweise ab und wies ihn für die Zeiträume November 2012 bis August 2013, Oktober 2013 und November 2014 bis August 2016 durch Einspruchsentscheidung vom 7. April 2017 als unbegründet zurück. Der Rückforderungsbetrag reduzierte sich dadurch auf 6.168 €.
Ihre dagegen gerichtete Klage, die unter dem Aktenzeichen 1 K 156/17 beim Finanzgericht Hamburg anhängig war, nahm die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 25. April 2018 zurück.
Die Klägerin beantragte zum einen durch einen Schriftsatz vom 2. August 2017 im obengenannten finanzgerichtlichen Verfahren, der durch die dort beklagte Familienkasse ... an den Inkasso-Service der Bundesagentur für Arbeit Recklinghausen weitergeleitet wurde, a...