Entscheidungsstichwort (Thema)
GSA Fleisch: Zulässigkeit einer Feststellungsklage nach dem GSA Fleisch. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VII R 3/23)
Leitsatz (amtlich)
1. Die Klage auf Feststellung darüber, dass kein Betrieb oder Betriebsteil der Fleischwirtschaft i.S.v. § 2 Abs. 1 GSA Fleisch i.V.m. § 6 Abs. 9 AEntG unterhalten wird und deshalb das Fremdpersonalverbot des§ 6a Abs. 2 GSA Fleisch keine Anwendung findet, ist statthaft, denn sie betrifft das Nichtbestehen eines konkreten Rechtsverhältnisses im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO.
2. Die hilfsweise Feststellungsklage, dass näher benannte Betriebsbereiche nicht dem Bereich der Fleischverarbeitung im Sinne des § 6a Abs. 2 GSA Fleisch unterfallen, für den das Fremdpersonalverbot gilt, ist statthaft, denn sie betrifft das Nichtbestehen eines konkreten Rechtsverhältnisses im Sinne des § 41 Abs. 1 FGO.
3. Die hinreichende Konkretisierung des Rechtsverhältnisses scheitert nicht daran, dass die Behörden der Zollverwaltung noch keine Prüfungsmaßnahmen nach dem GSA Fleisch verfügt haben (m.w.N.).
4. Im vorliegenden Fall besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis, denn das Hauptzollamt hat angekündigt, eine Verletzung des Fremdpersonalverbots zu prüfen und im Bejahungsfalle entsprechend den Bußgeldvorschriften zu ahnden. Zudem ist unter den Umständen des Einzelfalls das wirtschaftliche Interesse an der Klärung zu berücksichtigen, ob und inwieweit die Klägerin ihre Beschäftigtenstruktur dauerhaft auf die Beschäftigung von ausschließlich eigenen Arbeitnehmern umstellen muss.
5. Die Subsidiarität der Feststellungsklage steht der Zulässigkeit nicht entgegen, denn die Klägerin kann sich durch die Anfechtung einer Prüfungsverfügung oder die einstweilige Untersagung einer Prüfungsmaßnahme nach dem GSA Fleisch i.V.m. dem SchwarzArbG nicht effektiv gegen die Verwirklichung eines Bußgeldtatbestands bzw. gegen eine Bußgeldfestsetzung wehren. Sie kann angesichts der höchstrichterlichen Damokles-Rechtsprechung auch nicht darauf verwiesen werden, sich in einem Bußgeldverfahren, gleichsam von der Anklagebank aus, gegen das Fremdpersonalverbot zu verteidigen, sondern sie benötigt fachgerichtlichen Rechtsschutz.
Normenkette
FGO § 41; GSA Fleisch §§ 2, 6a; AEntG § 6 Abs. 9
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass sie nicht als Betrieb der Fleischwirtschaft einem Beschäftigungsverbot nach dem GSA Fleisch unterfällt.
Die Klägerin unterhält einen Betrieb zur Herstellung von abgepackten Wurstprodukten, insbesondere von Brüh- und Räucherwürsten sowie von Schinken und Bacon. Gegenstand des Unternehmens gemäß Handelsregister ist die ... Ihre einzige Betriebsstätte umfasst in einem Gebäudekomplex den Verwaltungsbereich, Wareneingang, Kutterraum, ein Fleischkühlhaus, Kesselhaus, einen Pökelraum, einen Produktionsraum, ein Produktionslager, mehrere Verpackungsabteilungen und Kühlräume, eine Werkstatt und einen Reinigungsbereich. Ein eigenes Restaurant und ein Werksverkauf liegen etwa 20 m vom Hauptgebäude entfernt.
Sie beschäftigte im Jahr 2020 insgesamt etwa 160 Mitarbeiter, darunter neben eigenen Angestellten auch 54 Werkvertragsarbeiter. Letztere beschäftigte sie angesichts des mit dem Arbeitsschutzkontrollgesetz (ASKG) vom 22. Dezember 2020 ausgesprochenen Beschäftigungsverbots vorsorglich ab dem 1. Januar 2021 als von Personaldienstleistern überlassene Zeitarbeiter und ab dem 1. April 2021 als eigene Arbeitnehmer weiter. Die Klägerin unterliegt keinem Tarifvertrag gemäß § 6a Abs. 3 GSA Fleisch.
Der Produktionsprozess beginnt im Wareneingangsbereich, in dem Schlacht- und Zerlegebetriebe rohes und vorzerlegtes Fleisch anliefern. Die Mitarbeiter der Klägerin führen vorbereitende Produktionsschritte durch wie Feinzuschnitt, Zerkleinern und Entfernen beispielsweise von Fettansätzen des angelieferten Rohfleisches. Die so vorbereiteten Produkte werden ins Fleischkühlhaus oder direkt zum Kutterraum verbracht. In der Gewürzchargierung stellt ein Mitarbeiter die jeweils individuelle Gewürzmischung zusammen. In der Kutterei werden die vorbearbeiteten Fleischstücke in den Kutter gegeben und dort unter Zugabe von Eis und der Gewürzmischung maschinell zerkleinert und zu Brät verarbeitet. Das Brät wird in der Füllerei mechanisch in Därme befüllt, die gezogen, geschnitten und von Mitarbeitern überprüft werden. Auf (Räucher-)Wägen gehängt werden die Würste entweder zur Räucherei oder ins Kesselhaus gebracht und dort jeweils mit hoher Temperatur geräuchert oder gekocht. Anschließend werden die Würste je nach Sorte gegebenenfalls getrocknet. In der Pökelei werden Fleischstücke zur Herstellung von Schinken gepökelt. Im Reiferaum wird Rohpökelware (z.B. Schinken oder Rohwürste) zur Reifung und zum Trocknen auf Wägen hängen gelassen.
Der nachfolgende Slicer-Bereich wird in einen "weißen" und einen "schwarzen" Bereich aufgeteilt. Im "weißen" Slicer-Bereich werden in mehreren Produktionslinien Würste, große Wurstrohlinge sowie Räucher-, Koch- und Formschinken von Mitarbeitern vorbereitet, auf die Sch...