Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Krankheit
Leitsatz (amtlich)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Krankheit wenn dem Kranken wegen seines Zustandes nicht zugemutet werden kann, das Schriftstück selbst oder durch einen Dritten rechtzeitig einzureichen, d.h. wenn die Krankheit plötzlich und in einer Schwere auftritt, die es dem Steuerpflichtigen auch nicht mehr zumutbar ermöglicht, einen Dritten mit der Interessenwahrung zu beauftragen. Art, Schwere und Dauer der Krankheit müssen dargelegt und glaubhaft gemacht werden, pauschaler Vortrag und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mit allgemein gehaltenen Diagnosen reichen regelmäßig nicht.
Normenkette
AO § 110
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren ist.
Die Klägerin reichte ihre Einkommensteuererklärung 1999 nach mehrfachen Fristverlängerungen und einer Androhung von Zwangsgeld am 17.07.2001 beim Beklagten ein. Der Einkommensteuerbescheid 1999 wurde am 29.01.2002 zur Post gegeben. Mit Fax vom 31.12.2002 bat die Klägerin um "Einsetzung in den vorigen Stand des Erhaltes des Bescheides von 1999", "Zugang des Einkommensteuerbescheides im Jahr 2002 (erste Jahreshälfte)". Erst bei der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung für 2000 sei sie dazu gekommen, den vorherigen Bescheid durchzusehen und zu bearbeiten. Die Gründe für die Verzögerung sei ihre permanente Krankheitssituation. Im Mai 2002 sei sie als Folge der schwierigen gesundheitlichen Lage im Krankenhaus gewesen und habe im Sommer eine Kur gemacht.
Nach einem Hinweis des Beklagten, dass auf das als Einspruch gewertete Schreiben vom 31.12.2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht gewährt werden könne, erläuterte die Klägerin mit weiterem Schreiben vom 30.01.2003, dass bis Jahresende 2002/Jahresanfang 2003 eine andauernde permanente Krankheitslage neben einer im Jahre 2002 bestehenden extremen beruflichen Belastungssituation dazu geführt habe, dass sie sich im Jahre 2002 nicht mit steuerlichen Angelegenheiten habe befassen können.
Laut zur Steuerakte gereichter ärztlicher Bescheinigungen war die Klägerin in 2002 zwischen dem 03. und 05.04.2002, dem 17. und 25.05.2002, dem 05.09. und 19.09., dem 30.09. und 12.10., dem 15.11. und 22.11. und dem 09.12. und 13.12. dienstunfähig, zwischen dem 12.05. und 16.05.2002 befand sie sich im Krankenhaus.
Mit Einspruchsentscheidung vom 04.02.2003 lehnte der Beklagte die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ab und verwarf den Einspruch als unzulässig.
Am 04.03.2003 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist der Ansicht, dass ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren sei. Sie habe sich während des Laufes der Einspruchsfrist in einem kritischen Gesundheitszustand befunden, der die Wahrnehmung häuslicher Aufgaben und geschäftlicher Verpflichtungen nur sehr eingeschränkt zugelassen habe (Beweis: Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin Dr. A vom 26.03.2003, Anlage K 2, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird).
Die Einspruchsentscheidung sei auch deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte vor seiner ablehnenden Entscheidung bei der Klägerin nicht wegen ihrer permanenten Krankheitssituation Nachfrage gehalten habe. Jedenfalls habe der Beklagte nicht ohne weitere Sachverhaltsaufklärung über den Wiedereinsetzungsantrag entscheiden dürfen.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die ablehnende Einspruchsentscheidung vom 04.03.2003 aufzuheben und ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Einspruchsfrist zu gewähren.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Unter Bezugnahme auf seine Einspruchsentscheidung weist der Beklagte darauf hin, dass kein Anlass bestanden habe, Nachfrage bei der Klägerin zu halten. Der Hinweis auf die permanente Krankheitssituation könne eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht rechtfertigen. Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den relevanten Zeitraum der Einspruchsfrist seien nicht vorgelegt worden. Das im Klageverfahren vorgelegte Attest der Ärztin Dr. A rechtfertige ebenfalls keine andere Entscheidung, denn es sei erst nachträglich zur Vorlage im gerichtlichen Verfahren erstellt worden.
Zudem habe sich die Klägerin auf ihre besondere Situation einstellen müssen. Da sie sich ausweislich der zahlreichen Fristverlängerungsanträge auch in anderen Veranlagungszeiträumen und nach ihren eigenen Angaben in einem Zustand der psychischen Dauernot befinde, habe sie Vorsorge für die Wahrung von Rechtsbehelfsfristen treffen und ggf. beizeiten Dritte mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragen müssen.
Die die Klägerin betreffende Einkommensteuerakte zur Steuernummer ... hat vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Das Gericht entscheidet gemäß §§ 79a Abs. 2 und 4, 90a FGO ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid.
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Das Klagebegehren beschränkt sich unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung auf die Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zw...