Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug für Fahrten von der weiter entfernten Wohnung eines Arbeitnehmers
Leitsatz (amtlich)
Unterhalten Arbeitnehmer mehrere Wohnungen. so ist der Lebensmittelpunkt nach den Gesamtumständen zu bestimmen. Maßgebend sind insbesondere persönliche Beziehungen, die Dauer des Aufenthaltes sowie Größe und Ausstattung der Wohnungen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 a.F., S. 7 n.F.
Tatbestand
Streitig ist der Abzug von Werbungskosten für Fahrten von der weiter entfernten Wohnung der Kläger zur Arbeitsstätte der Klägerin.
Die Kläger werden als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erzielte in den Streitjahren als Krankenschwester Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, der Kläger erhielt Lohnersatzleistungen wegen Krankheit und Arbeitslosigkeit.
Mit erstem Wohnsitz sind sie seit 1981 in der X-Straße in Hamburg-B gemeldet. Dort haben sie eine Dreizimmerwohnung mit etwa 58 m2 Wohnfläche angemietet. Die Wohnung besteht aus einem Kinderzimmer, einem Wohn- und einem Schlafzimmer, die durch einen Durchbruch verbunden sind, einer Küche und Bad/WC (Bl. 10 FG-Akten). Die Wohnung liegt offenbar im Erdgeschoss und hat Zugang zu einer Gartenterrasse.
Daneben erwarben die Kläger 1992 für 36.000 DM ein auf Pachtgrund errichtetes und im Vertrag als Wochenendhaus bezeichnetes Gebäude in A (Bl. 34 ESt-Akten). Dieses hat nach ihren Angaben eine Gesamtwohnfläche von 55 m2 und liegt auf einem 3000 m2 großen Waldgrundstück in Alleinlage. Es verfügt über ein Wohn-/Schlafzimmer, ein Kinderzimmer, eine Küche, Bad/WC und eine Werkstatt. Für das Haus wurde eine Hausratversicherung abgeschlossen, deren Versicherungsbedingungen ein ständiges Bewohnen voraussetzen. Das Haus ist mit einer Musikanlage und zwei Videogeräten ausgestattet; die Kläger sind dort auch Mitglieder einer Videothek. Von der Gemeinde A wird gegen den Kläger Zweitwohnungsteuer festgesetzt.
Die Tochter der Kläger besuchte bis zum Abitur am 14. Juni 2000 das Gymnasium Hamburg-B (Bl. 102 ESt-Akten). Sie lebte zunächst mit den Klägern in der Wohnung X-Straße und ab 16. August 1998 in einem von der Klägerin für sie angemieteten Appartement in der Y-Straße in Hamburg-B (Bl. 33 ESt-Akten). Von dort kam sie in etwa fünf Minuten mit dem Fahrrad zur Schule; die Entfernung zur Wohnung der Kläger beträgt etwa 1 oder 2 km.
Die Korrespondenz mit dem Beklagten und dem Gericht wurde - z.T. per Fax - von der Hamburger Wohnung aus geführt.
Die Einkommensteuer 1998 wurde zunächst mangels Abgabe einer Steuererklärung am 23. März 2001 unter Vorbehalt der Nachprüfung geschätzt. Gegen den nach Eingang der Erklärung antragsgemäß geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998 vom 25. Mai 2001 legten die Kläger am 27. Juni 2001 Einspruch ein und beantragten - für 1998 erstmals - die Berücksichtigung von Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitstätte bei der Klägerin, darunter für 50 Tage "A (Zweitwhg) - Hamburg (s. Vorjahr)". Die einfache Entfernung wurde mit 100 km angegeben, der Routenplaner von map24.de zeigt für die schnellste Verbindung eine Entfernung von 93 km und für die kürzeste 85,3 km an.
Der Beklagte antwortete darauf mit Schreiben vom 13. Juli 2001, dass die Fahrtkosten von der Zweitwohnung zur Arbeitsstätte bereits 1997 nicht anerkannt worden seien und die Werbungskosten der Klägerin somit den Pauschbetrag von 2.000 DM nicht überstiegen.
In der am 20. Juli 2001 beim Beklagten eingegangenen Einkommensteuererklärung für 1999 machte die Klägerin wiederum Aufwendungen für 50 Fahrten "A (Zweitwhg) - Hmb (s. Vorjahr)" als Werbungskosten geltend. Diese wurden im Einkommensteuerbescheid vom 18. September 2001 wiederum nicht berücksichtigt. Dagegen legten die Kläger am 19. Oktober 2001 Einspruch ein.
Die Einkommensteuererklärung für 2000 ging am 22. März 2002 beim Beklagten ein. Als Werbungskosten der Klägerin wurden wiederum Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte "A Aufenthalt Ehemann" an 46 Tagen geltend gemacht.
Gegen den Einkommensteuerbescheid vom 6. Mai 2002, in dem Werbungskosten der Klägerin lediglich in Höhe des Arbeitnehmerpauschbetrages berücksichtigt waren, wurde am 21. Mai 2002 Einspruch eingelegt. Zur Begründung wurde vorgetragen, der Kläger habe auf Anraten seiner Ärztin Dr. D, X-Weg, Hamburg das fast 3.000 m2 große Grundstück in A gärtnerisch angelegt und gepflegt. Das Fahrzeug der Familie sei seit einigen Jahren in A zur Inspektion und zur TÜV-Abnahme gewesen; dazu legten sie eine Wartungsrechnung des Autohauses C vom 11. April 2001 vor.
Mit Einspruchsentscheidung vom 8. Juli 2002 wurden die Einsprüche als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die am 9. August 2002 beim Gericht eingegangene Klage.
Die Kläger tragen vor, sie hätten sich häufig in A aufgehalten; dies könnten Frau E, X-Straße, Hamburg sowie Frau K, Y-Weg, Kiel, bestätigen. In A habe sich in den Streitjahren der Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen befunden; die Aufwendungen für die Fahrten seien deshalb abziehbar.
Die Kläger beantragen, die Einspruchsen...