Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistung aufgrund gerichtlichen Vergleichs

 

Leitsatz (amtlich)

Die einem gerichtlichen Vergleich i.S.v. § 779 BGB immanente Gegenseitigkeit des Nachgebens spricht dafür, alle zum Vergleich gehörenden Regelungen als im Gegenseitigkeitsverhältnis stehend und damit alle geregelten Verbindlichkeiten als Bestandteil eines Leistungsaustauschs jedenfalls dann anzusehen, wenn eindeutige Hinweise fehlen, die es ermöglichen, einzelnen Leistungspflichten eine andere Qualifikation zuzuerkennen.

 

Normenkette

UStG § 1

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob Zahlungen aufgrund eines gerichtlichen Vergleichs Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustauschs darstellen.

Die Klägerin betreibt einen Musikverlag. Die Beigeladene betätigt sich durch Komposition, Aufnahme und Darbietung von ... Musik. Bis zum Jahre 1999 wurden die Aufnahmen der Beigeladenen von der Hamburger Plattenfirma F Musik produziert. Gegen Zahlung einer durch Kredit finanzierten Ablösesumme trennte sich die Beigeladene von der Firma F Musik und erwarb die Rechte an den beiden von dieser Firma produzierten Alben "...(A)" und "...(B)" zurück. Unter dem 21.12.1999 schloss sie mit der Beigeladenen einen Künstler-Exklusivvertrag über die Auswertung von Aufnahmen der Beigeladenen durch Herstellung und Vertrieb von Tonträgern. Hiermit war die Übertragung von Rechten an den Aufnahmen verbunden. Darüber hinaus waren der Klägerin Optionen auf weitere Albenproduktionen eingeräumt worden (§ 4 Ziff. 1 Abs. 2 des Vertrages). Zugunsten der Beigeladenen war als Vergütung eine Umsatzbeteiligung vereinbart (§ 7). § 12 Ziff. 2 des Vertrages enthielt eine Regelung für die Verwertung der sog. Backkatalog-Alben "...(A)" und "...(B)" einschließlich einer Regelung einer Rückkaufsumme. Für weitere Einzelheiten wird auf den Vertrag verwiesen (Gerichtsakte - GA - Bl. 71ff).

Mit Schreiben vom 16.02.2001 übte die Klägerin die Option gem. § 4 Ziffer 1 Abs. 2 des Vertrages aus (Umsatzsteuerakte - UStA - Bl. 45). In der Folge kam es zwischen den Vertragspartnern zu Unstimmigkeiten u.a. über die Höhe des Produktionskostenbudgets und schließlich zu persönlichen Zerwürfnissen. Mit Schreiben vom 23.04.2001 kündigte die Beigeladene den Künstler-Exklusivvertrag fristlos (UStA Blatt 46). Weitere Kündigungen der Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen vom 12.10. und 18.10.2001 (Anlagen K6 und K7 der Zivilakte 308 070/02) folgten. Die Klägerin bestritt die Wirksamkeit der Kündigungen. Außergerichtlich bot sie der Beigeladenen eine Einigung an, zu deren Ausgestaltung sie unterschiedliche Alternativen für seitens der Beigeladenen zu zahlende Ablösebeträge vorschlug (Schriftsatz vom 07.11.2001, Anlage K3 der Zivilakte). Es schloss sich ein Klageverfahren der Beigeladenen gegen die Klägerin vor dem Landgericht Hamburg (308 0 70/02) an. Mit der Klage begehrte die Beigeladene die Feststellung der Wirksamkeit der Kündigungen und das Fehlen eines Rechtes der Klägerin aus § 4 Ziff. 1 des Vertrages, die Zahlung von Rechtsanwaltskosten für die Verhandlungen mit der Firma F Music, die Zahlung restlicher Tantiemeforderungen und die Rückübertragung der Rechte an der Auswertung der Alben "...(A)" und "...(B)". Vor dem Landgericht Hamburg wurde am 26.04.2002 zwischen den Beteiligten ein Vergleich geschlossen (GA Bl. 69 ff, UStA Bl. 22ff). Hierin vereinbarten die Beteiligten die einvernehmliche Aufhebung des Vertrages nebst Rückübertragung der der Klägerin im Künstler-Exklusivvertrag übertragenen Rechte, insbesondere an der Vertragsproduktion "...(D)" sowie den Tonträgern aus dem Backkatalog mit den Titeln "...(A)" und "...(B)". Die Gesellschafter der Beigeladenen verpflichteten sich gesamtschuldnerisch, an die Klägerin 17.500 EUR zu zahlen und noch vorhandene Tonträger und booklets herauszugeben. Die Klägerin sollte der Beigeladenen eine Schlussrechnung erteilen. Für Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll des Landgerichts Hamburg vom 26.04.2002 verwiesen. Vereinbarungsgemäß stellte die Klägerin unter dem 28.06.2002 unter Bezugnahme auf den Vergleich vor dem Landgericht Hamburg eine Rechnung über die Vergleichszahlung in Höhe von 17.500 EUR, ohne dass hierin eine Umsatzsteuer ausgewiesen war (UStA Blatt 27, GA Bl. 68).

Im Rahmen einer Umsatzsteuersonderprüfung gelangte der Prüfer (siehe Bericht vom 31.03.2003 GA Bl. 24ff) zu dem Ergebnis, dass in Höhe von 75 % dieses Betrages, nämlich in Höhe von 13.125 EUR, ein umsatzsteuerpflichtiger Leistungsaustausch, das heißt ein Entgelt für die Rückübertragung der Rechte vorliege. Allein in Höhe von 25 % des Betrages handele es sich um einen nicht steuerbaren Schadensersatz. Aus dem Betrag von 13.125 EUR sei daher der Umsatzsteueranteil in Höhe von 7 % gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 7c Umsatzsteuergesetz (UStG) herauszurechnen, so dass sich eine Umsatzsteuerpflicht von 858,64 EUR ergebe. In der Folge erging eine gem. § 164 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geänderte Festsetzung der Umsatzsteuervorauszahlung für das zweite Kalenderviert...

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