Entscheidungsstichwort (Thema)
Korrektur der Verspätungszuschläge bei Änderung des zu Grunde liegenden Feststellungsbescheides
Leitsatz (amtlich)
Zunächst rechtmäßig festgesetzte Verspätungszuschläge sind aufzuheben, wenn in dem zu Grunde liegenden Feststellungsbescheid nach einer Änderung Verluste (statt zuvor positive Einkünfte) festgestellt werden.
Normenkette
AO § 152; FGO § 40
Tatbestand
Mangels Abgabe der Feststellungserklärungen hatte der Beklagte die Einkünfte der Klägerin für 2000 am 8. Dezember 2003 geschätzt. Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betrugen danach 313.000 DM und verteilten sich je zur Hälfte auf die beiden im Ausland lebenden Gemeinschafter. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2003 setzte er dazu einen Verspätungszuschlag von 1.000 DM fest. Die Einkünfte für 2001 wurden ebenfalls am 8. Dezember 2003 geschätzt, und zwar auf 312.000 DM. Ein Verspätungszuschlag wurde am 9. Dezember 2003 auf 200 DM festgesetzt.
Die am 10. Januar 2004 sowohl gegen die Feststellung der Einkünfte als auch die Festsetzung der Verspätungszuschläge eingelegten und nicht begründeten Ansprüche wurden durch Einspruchsentscheidung vom 23. März 2004 als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen richtete sich die am 26. April 2004 beim Gericht eingegangene Klage. Soweit die Klage auch die Feststellung der Einkünfte für 1986 bis 1999 betraf, wurde das Verfahren wegen Klagrücknahme am 15. September 2004 abgetrennt und eingestellt. Nachdem die Klage trotz Erinnerung nicht begründet worden war, wurde dem Klägervertreter durch Verfügung des Vorsitzenden vom 6. Juli 2004 eine Ausschlussfrist bis zum 29. Juli 2004 gesetzt, den Gegenstand des Klagebegehrens zu bezeichnen und alle Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren eine Beschwer empfunden werde. Auf die Folgen einer Fristversäumnis wurde hingewiesen. Die Ausschlussfrist wurde auf telefonischen Antrag des Klägervertreters bis zum 31. August 2004 verlängert. An diesem Tage ging ein Schreiben des Klägervertreters ein, mit dem er beantragte, die Einkünfte 2000 auf minus 18.689,78 DM und die Einkünfte 2001 auf minus 50.795,39 DM festzustellen. Zur Begründung verwies er auf die anliegenden "Gewinnermittlungen nach § 4 Abs. 3 EStG". Zu den Verspätungszuschlägen äußerte er sich nicht. Der Beklagte erließ am 14. Oktober 2004 erklärungsgemäße Änderungsbescheide über die Feststellung der Einkünfte und erklärte den Rechtsstreit hinsichtlich der Feststellungssachen in der Hauptsache für erledigt.
Der Klägervertreter äußerte sich trotz Aufforderung und Erinnerung nicht.
Die Klägerin beantragt, die Einkünfte 2000 auf minus 18.689,78 DM und die Einkünfte 2001 auf minus 50.795,39 DM festzustellen und die dazu festgesetzten Verspätungszuschläge aufzuheben.
Der Beklagte beantragt, die Klage hinsichtlich der Verspätungszuschläge abzuweisen.
Dem Gericht hat ein Band Feststellungsakten vorgelegen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist hinsichtlich der Verspätungszuschläge zulässig und begründet und hinsichtlich der Feststellung der Einkünfte unzulässig.
1. Das Gericht hat den Schriftsatz des Klägervertreters vom 31. August 2004 nicht dahin ausgelegt, dass der bei Klagerhebung gestellte Antrag auf Aufhebung der Verspätungszuschläge fallen gelassen wird. Die Klage ist insoweit begründet. Zwar war die Festsetzung der Verspätungszuschläge ursprünglich rechtmäßig, da die Abgabefristen weit überschritten wurden und die Verspätungszuschläge sich in dem durch § 152 AO gesetzten Rahmen hielten. Infolge der geänderten Feststellung der Einkünfte waren die Verspätungszuschläge nicht "automatisch" zu korrigieren. Die Änderung zwang aber dazu, die Verspätungszuschläge sowohl auf ihre fortdauernde Rechtmäßigkeit (vgl. insb. § 152 Abs. 2 AO) als auch auf zutreffende Ermessensausübung (BFH v. 29.3.1979, V R 69/77, BStBl II 1979, 641; Dumke, BB 1980, 826) zu überprüfen (Tipke/Kruse, AO, FGO, § 152 AO Rdnr. 53). Verspätungszuschläge müssen insbesondere zwingend herabgesetzt werden, wenn sie infolge einer Änderung der zu Grunde liegenden Steuer- oder Feststellungsbescheide die durch § 152 Abs. 2 und Abs. 4 AO gezogene Grenze überschreiten (Schmieszek, in Beermann, § 152 AO, Rz. 55). Dies hat der Beklagte nicht beachtet. Da die am 14. Oktober 2004 festgestellten Verluste - anders als die zuvor festgestellten positiven Einkünfte - keine Einkommensteuer auslösen, waren die Verspätungszuschläge auf 10 v.H. von Null DM herabzusetzen, also aufzuheben.
2. Im übrigen, d.h. hinsichtlich der für 2000 und 2001 festgestellten Einkünfte, ist die Klage unzulässig, weil die Klägerin nicht (mehr) rechtlich beschwert ist (§ 40 Abs. 2 FGO): Die Feststellungsbescheide vom 8. Dezember 2003, gegen die sich die Klage richtet, entfalten keine Bindungswirkung mehr, weil sie durch die Änderungsbescheide vom 14. Oktober 2004 ersetzt wurden. Diese Änderungsbescheide sind gem. § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Klägerin ist durch sie jedoch auch nicht beschwert, da sie ihrem Klagea...