Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung Unternehmer/Strohmann im Kfz-Handel
Leitsatz (amtlich)
Gegen die Unternehmereigenschaft eines Kfz-Händlers spricht, wenn dieser weder weiß, wo die gekauften, zum Weiterverkauf vorgesehenen Oberklassewagen abgestellt waren, noch ob sie versichert waren, auch nicht, ob im Büro ein Faxgerät vorhanden war und wo die Unterlagen verwahrt wurden, und über die Deckung seines Kapitalbedarfs keine Auskunft geben kann.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Hinblick auf den Vorsteuerabzug um die Unternehmereigenschaft des Klägers, der nach Auffassung des Beklagten nur Strohmann für den tatsächlichen Unternehmer A gewesen sein soll.
I.
A betreibt einen Teppichhandel und seit Februar 1998 einen Kfz-Handel. Er verkauft Autos national und international, bis zum Beginn der derzeitigen Wirtschaftskrise jedoch mit Konzentration auf das Exportgeschäft, insbesondere in den B, seine Heimat (Finanzgerichtsakte - FG-A - Bl. 103).
Der ... geborene Kläger war seit ca. ... der Lebensgefährte und ist seit kurzem der Ehemann der Schwester des A. Während seiner Studienzeit arbeitete er im Kfz-Handel seines jetzigen Schwagers insbesondere als Fahrer (FG-A Bl. 67, 103). Anfang 2007 brach er sein Studium des ... ab (FG-A Bl. 58).
Am 29.03.2007 meldete der Kläger das Gewerbe "Autohandel" zum ... 2007 an (Betriebsprüfungs-Arbeitsakte - Bp-AA - Bd. 1 Fach 1 Bl. 1).
Seit ... 2007 betreibt der Kläger mit seiner Ehefrau einen Backshop von C. Er war zunächst bei seiner damals noch Lebensgefährtin, der Franchisenehmerin, angestellt, seit ... 2009 ist er mit ihr in Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbstständig (FG-A Bl. 57).
II. 1. a) Am 23.07.2007 gingen beim beklagten Finanzamt - FA - die vom Steuerberater gefertigten Umsatzsteuervoranmeldungen für April, Mai und Juni 2007 ein (Bp-AA Bd. 1 Fach 3 Bl. 2-4). Für April 2007 wurden nur umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferungen in Höhe von 292.500 € sowie Vorsteuerbeträge in Höhe von 54.901 €, mithin ein entsprechender Überschuss, erklärt, für Mai und Juni 2007 weder Umsätze noch Vorsteuerbeträge.
b) Das FA ordnete daraufhin am 10.08.2007 eine Umsatzsteuersonderprüfung an (Bp-AA Bd. 1 Fach 1 Bl. 2). Aus Sicht des FA ergab sich der Verdacht auf Geldwäsche und Umsatzsteuerbetrug (Vermerk der Betriebsprüferin vom 22.08.2007, Bp-AA Bd. 1 Fach 1 Bl. 2). Da gegenüber Steuerberater und FA zunächst die Mutter des A, D, aufgetreten war, leitete das FA für Prüfdienste und Strafsachen am 27.08.2007 gegen diese ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung ein (Strafakten Amtsgericht H ... Nebenakte 1 Bl. 20). Nach weiteren Ermittlungen wurde am 26.09.2007 das Ermittlungsverfahren gegen A wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung und gegen den Kläger sowie den Darlehensgeber E wegen Beihilfe hierzu eingeleitet, zugleich wurde das Verfahren gegen A eingestellt (Strafakte Bd. 1 Bl. 10-12). Am 18.10.2007 kam es zu einer Wohnungsdurchsuchung beim Kläger (Strafakte Bd. 1 Bl. 26).
c) Mit Umsatzsteuervorauszahlungsbescheiden für April bis Juni 2007 vom 04.02.2008 und wegen Bekanntgabemängel erneut mit Bescheiden vom 28.03.2009 versagte das beklagte FA den Vorsteuerabzug, weil der Kläger das Gewerbe nur zum Schein angemeldet habe und somit kein Unternehmer sei, und setzte die Umsatzsteuer auf 0 € fest. Hiergegen legte der Kläger Einspruch ein.
2. a) Während des Einspruchsverfahrens ging am 29.04.2008 die Umsatzsteuerjahreserklärung 2007 beim FA ein (Umsatzsteuerakten - USt-A - Fach "2007", unfoliiert). Darin erklärte der Kläger einen steuerpflichtigen Umsatz aus einer Lieferung an A (vgl. Rechnung vom 30.08.2007, Strafakte Bd. 1 Bl. 41, Umsatz 94.000 €, USt 17.860 €), die in der Voranmeldung für April bereits genannten steuerfreien Ausfuhrumsätze sowie Vorsteuerbeträge in Höhe von insgesamt 73.889,73 €, was einen Überschuss von 56.029,73 € ergab.
b) Das FA vertrat im Anschluss an den Steuerfahndungsbericht vom 14.08.2008 (Strafakte Bd. 2 Bl. 201, Kopie in Akte "Kopien aus USt-Akte" Bl. 61) weiter die Auffassung, der Kläger sei kein Unternehmer, versagte daher den Vorsteuerabzug, verwies wegen der in der vorgenannten Ausgangsrechnung vom 30.08.2007 - nach Auffassung des FA zu Unrecht - ausgewiesenen Umsatzsteuer auf § 14 c UStG und setzte mit Bescheid vom 01.09.2008 die Umsatzsteuer 2007 auf 17.860 € fest (Rechtsbehelfsakten - RbA - Bl. 44).
3. a) Hiergegen legte der Kläger am 17.09.2008 Einspruch ein. Nach übereinstimmender Auffassung des Klägers und des Beklagten hat sich das Einspruchsverfahren wegen der Vorauszahlungsbescheide damit erledigt. Der Kläger vertrat weiter die Auffassung, er sei Unternehmer.
b) Am 11.12.2008 erließ das Amtsgericht Hamburg Strafbefehle gegen A wegen Umsatzsteuerhinterziehung und gegen den Kläger wegen Beihilfe hierzu (Strafakten Band 2 Bl. 259, 265), gegen die Einspruch eingelegt wurde. Das Strafverfahren ist noch nicht abgeschlossen. Bezüglich E i...