Entscheidungsstichwort (Thema)
Ertragsteuerliche Wirkungen eines Cash-Pools: Darlehensverträge bei einem Cash-Pool Anerkennung von Verträgen zwischen nahestehenden Personen
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Cash-Pool führt nicht zwingend zu der Annahme von Darlehensverträgen, sondern es muss im Einzelfall ermittelt werden, ob Darlehensverträge abgeschlossen wurden.
2. Grundsätzlich haben Gesellschafter und Gesellschaften die freie Entscheidung, wie sie ihre Beziehungen vertraglich gestalten. Insbesondere schreibt es weder das Handels-, noch das Gesellschafts- oder Steuerrecht vor, ob die Gesellschafter mit ihren Gesellschaften zusätzlich private Verträge, insbesondere Darlehensverträge abschließen oder ob sie Zahlungen über Entnahmen und Einlagen regeln.
3. Nach den Grundsätzen über die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen sind Verträge zwischen nahestehenden Personen grundsätzlich in einer Gesamtschau mit Verträgen zwischen fremden Dritten zu vergleichen und nur dann steuerlich anzuerkennen, wenn sie ernsthaft gewollt, vor Beginn des Leistungsaustausches klar und eindeutig mit bürgerlich-rechtlicher Wirksamkeit vereinbart und tatsächlich durchgeführt werden sowie inhaltlich dem unter Fremden Üblichen entsprechen.
4. Der Steuerpflichtige hat bei der Bildung von Rückstellungen die Verpflichtung das Risiko vorsichtig zu bewerten. Dies gilt insbesondere, wenn die Situation in den Streitjahren insgesamt auf Grund von mehreren noch anhängigen Zivilprozessen und erfolgten Überkreuzaufrechnungen sehr unübersichtlich gewesen ist. Der Sachverhalt kann nicht rückwirkend betrachtet werden, sondern nur in der Situation der einzelnen Streitjahre.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, 5-6; AO §§ 162, 177; HGB § 249
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten sind das Vorliegen der Voraussetzungen für Teilwertabschreibungen auf Darlehensforderungen und in diesem Zusammenhang auch die Höhe der gebildeten Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten streitig. Außerdem streiten sie über die Qualifizierungen von Geldbewegungen in einem Cash-Pool.
Die Klägerin, eine KG, firmierte bis 2005 als A KG. Sie ist Rechtsnachfolgerin der B ... mbH (Verschmelzungsvertrag vom ... 1999). Persönlich haftender Gesellschafter ist Herr C. Kommanditist ist der D Verlag. Bezüglich der Regelungen der Kontoführung und der Kapitalkonten I, II und des Privatkontos wird auf Ziff. 6 des Gesellschaftsvertrags verwiesen.
Der klagegegenständliche Sachverhalt besteht aus zwei Komplexen.
Rückstellungen und Teilwertabschreibung
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin befasste sich mit dem Vertrieb und der Verwaltung von Zeitschriftenabonnements. Zwischen ihr und der E GmbH & Co. KG bestand seit dem ... 1980 ein Geschäftsbesorgungsvertrag, nach dem die E GmbH & Co. KG für die Rechtsvorgängerin der Klägerin Zeitschriftenabonnements bewarb. Die E GmbH & Co. KG wiederum warb diese Zeitschriftenabonnements nicht selbst, sondern durch mit ihr vertraglich verbundene Liefergesellschaften, die ihrerseits sogenannte Zeitschriftendrücker beschäftigten. Hierfür erhielt die E GmbH & Co. KG Provisionen, Weihnachtsgeld und Boni. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Geschäftsbesorgungsvertrag vom ... 1980 verwiesen (...).
Die Parteien rechneten wie folgt ab: Die E GmbH & Co. KG erstellte für die vermittelten Abonnements wöchentlich jeweils eine Provisionsrechnung, welche von der Klägerin per Verrechnungsscheck bezahlt wurde; im Gegensatz stellte die Rechtsvorgängerin der Klägerin wöchentlich die anfallenden "Springer" in Rechnung, d. h. diejenigen Abonnements, bei denen die Abonnenten von ihrem Rücktritts- oder Widerrufsrecht Gebrauch gemacht hatten oder bei denen die Abonnenten die von der Klägerin vertriebenen Zeitschriften nicht für einen Mindestbezugszeitraum abgenommen hatten. Die E GmbH & Co. KG beglich diese, im Einvernehmen der Parteien jeweils um mit zwei Wochen zurückdatierten, wöchentlichen Stornorechnungen ebenfalls per Verrechnungsscheck. Den Stornorechnungen der Klägerin war jeweils ein sogenannter "Sprungnachweis" beigefügt, auf welchem das Datum des jeweiligen Lieferbeginns, die Anzahl der von der Klägerin durchgeführten Mahnungen sowie eine Begründung für den Sprung eingetragen waren. Der Geschäftsbesorgungsvertrag vom ... 1980 enthielt zu diesem Abrechnungsmodus Regelungen in Ziff. 1G und H. Wegen deren Einzelheiten wird auf den Geschäftsbesorgungsvertrag Bezug genommen.
Die Parteien vereinbarten ferner in Ziff. 1 des Geschäftsbesorgungsvertrages, dass die E GmbH & Co. KG zur Absicherung von Rückzahlungsforderungen der Rechtsvorgängerin der Klägerin eine bestimmte Anzahl ihr selbst zustehende Abonnementverträge treuhänderisch zur Verwaltung an die Rechtsvorgängerin der Klägerin übergeben sollte. Die Renditen aus diesen Abonnementsaufträgen sollten der E GmbH & Co. KG zustehen, die Belieferung- und Inkassorechte indessen sicherungshalber auf die Rechtsvorgängerin der Klägerin übertragen werden. Hierzu schlossen die Parteien am ... 1987 eine Verwaltungsvereinbarung und einen ...