rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterarbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers mit seinem Ehegatten ist steuerlich nicht anzuerkennen. Einkommensteuer 1990
Leitsatz (amtlich)
1. Das Unterarbeitsverhältnis einer Pharmaberaterin mit ihrem Ehegatten ist mangels Fremdüblichkeit nicht beruflich veranlasst und führt daher nicht zu Werbungskosten.
2. Die Unüblichkeit ergibt sich bereits daraus, dass in der Branche und in dem betreffenden Unternehmen Unterarbeitsverhältnisse üblicherweise nicht geschlossen werden, sowie ferner aus dem Verbot gemäß Hauptarbeitsvertrag, die laut Unterarbeitsvertrag geschuldeten wesentlichen Hauptpflichten zu deligieren. Ebenso unüblich sind arbeitsvertragliche Vereinbarungen über geringfügige Tätigkeiten, die üblicherweise im Rahmen der Lebensführung im häuslichen Bereich mit erbracht werden.
Normenkette
EStG 1990 § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits fallen den Klägern zur Last.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die steuerliche Anerkennung eines Unterarbeitsverhältnisses zwischen den klagenden Eheleuten.
Die Klägerin war seit Oktober des Streitjahrs 1990 im Hauptarbeitsverhältnis als Pharmaberaterin für ein süddeutsches Chemie-Unternehmen tätig; sie betreute Arztpraxen in Hamburg und Schleswig-Holstein. Der schriftliche Anstellungsvertrag vom 12. September 1990 sieht keine ausdrückliche Befreiung von der höchstpersönlichen Verpflichtung zur Dienstleistung vor, sondern stellt auf Können, Gewissen, Fortbildung, volle Arbeitskraft der Klägerin ab und enthält Regelungen über Erkrankungsfälle und die berufliche Verschwiegenheitspflicht (§§ 1–3, 8 und 10, Anl. K 4, FG-Anlbd.).
Unter dem 30. Oktober 1990 schloß die Klägerin einen (Unter-)Arbeitsvertrag mit dem Kläger, der seinerzeit im Hauptberuf Offizier war, mit im wesentlichen folgendem Inhalt (Anl. K 1, FG-Anlbd. = ESt-Akte Bl. 143):
§ 1
Herr … stellt sich mit Wirkung vom 1. November 1990 als Bürogehilfe und Verwalter zur Verfügung.
Zum Tätigkeitsbereich gehören insbesondere: Schreibarbeiten, Terminvereinbarungen, Belegbearbeitung, Dokumentation der Besuche, Annahme von Warensendungen, Einlagerung und Lagerverwaltung.
§ 2
Das vereinbarte Nettogehalt beträgt ab 1. November 1990 monatlich DM 470,– … und wird jeweils an Schluß des Monats auf das Konto des … gezahlt.
§ 3
Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 10 Stunden. Der Stundenlohn beträgt 11,75 DM.
Im Rahmen der Zusammenveranlagung 1990 erklärten die Kläger als Werbungskosten aus nichtselbständiger Tätigkeit der Klägerin Lohnzahlungen an den Kläger in Höhe von (12 × 470 DM =) 5.640 DM und pauschalierte Lohnsteuer in Höhe von 225,72 DM, zusammen 5.865,72 DM (ESt-Akte Bl. 142).
Der Beklagte (das Finanzamt – FA–) erkannte das Unterarbeitsverhältnis im angefochtenen Einkommensteuerbescheid 1990 vom 11. Februar 1992 steuerlich nicht an (ESt-Akte Bl. 151–156). Die pauschalierte Lohnsteuer wurde am 9. Dezember 1991 erstattet (Schreiben des FA vom 23. März 1992, ESt-Akte Bl. 160, 161 zu 2).
Den am 9. März 1992 eingegangenen Einspruch vom 7. März 1992 (ESt-Akte Bl. 158, 164, 168) wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 22. Mai 1992 zurück (Anl. K 2, FG-Anlbd. = ESt-Akte Bl. 178). Das Unterarbeitsverhältnis beziehe sich auf steuerlich nicht zu berücksichtigende, üblicherweise auf familienrechtlicher Grundlage erbrachte Hilfeleistungen.
Zur Begründung ihrer unter dem 10. Juni 1992 am 12. Juni 1992 erhobenen Klage tragen die Kläger vor:
Es handele sich um ein ernsthaft (eindeutig und schriftlich) vereinbartes Arbeitsverhältnis mit angemessener (üblicher) Entlohnung, das auch tatsächlich durch Arbeitsleistung und Vergütungszahlung erfüllt worden sei.
Im Hauptarbeitsverhältnis folge aus einer zivilrechtlichen Verpflichtung zur höchstpersönlichen Dienstleistung kein gesetzliches Verbot von Unterarbeitsverhältnissen. Solche bedürften keiner Genehmigung des Hauptarbeitgebers.
Durch die Delegation einfacher und zeitintensiver Arbeiten habe die Klägerin ihre eigene Arbeitsleistung und damit ihre Karrierechancen im Hauptarbeitsverhältnis verbessern können.
Sie sei ganztags bis 18.30 Uhr im Beratungseinsatz (Außendienst) unterwegs gewesen, um täglich ca. 10 Arztbesuche täglich und 14-tägig ein Essen mit diversen Ärzten zu absolvieren.
Der Umfang der im Unterarbeitsverhältnis vereinbarten Arbeitszeit spreche gegen eine nach familienrechtlichen Grundsätzen geschuldete Leistung. Wegen der tatsächlichen Menge der ab 1. November 1990 angelieferten Waren, Werbeartikel u.ä., Verpackungsmaterial, Drucksachen sowie Büroausstattung werde auf die Lieferscheine vom 8., 20., 23., 27. November, 3., 5., 10., 12. und 17. Dezember 1990 Bezug genommen (Anl. K 5, FG-Anlbd.). Der Kläger habe die in Kartons gelieferten Sendungen ausgepackt, geprüft und in Regale einsortiert. Die Termine für die Arztbesuche habe er mit den jeweiligen Sprechstundenhilfen vereinbart. Täglich seien die Bemusterungsartikel für die Klägerin je nach Fahrtroute, Arztmerkmalen etc. zusamme...