Entscheidungsstichwort (Thema)
Die Beurteilung, ob ein Steuerpflichtiger einen Wohnsitz im Inland hat liegt auf tatsächlichem Gebiet und muss ggf. auf Grund von Indizien erfolgen
Leitsatz (amtlich)
Was "Wohnsitz" im Sinne des § 1 Abs. 1 EStG ist, bestimmt sich nach § 8 AO. Danach kommt es darauf an, ob die betroffene Person im Inland eine Wohnung unter Umständen innehat, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird.
In welchem zeitlichen Umfang die Wohnung in den Streitjahren genutzt wird, ist unerheblich.
Die Beurteilung der Umstände des "Innehabens" einer Wohnung liegt weitgehend auf tatsächlichem Gebiet. Dabei können alle Umstände des Einzelfalles herangezogen werden, die nach der Lebenserfahrung den Schluss erlauben, dass der betreffende Steuerpflichtige die Wohnung beibehält, um sie als solche zu nutzen.
Die Annahme der Beibehaltung eines bestehenden Wohnsitzes unterliegt weniger strengen Anforderungen als die Begründung eines Zweitwohnsitzes im Inland nach Verlegung des Hauptwohnsitzes ins Ausland.
Normenkette
EStG § 1 Abs. 1, §§ 1a, 26; AO §§ 8, 162
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger in den Streitjahren unbeschränkt steuerpflichtig gewesen ist, ob das Doppelbesteuerungsabkommen mit Spanien (DBA Spanien) und ob der Splittingtarif zur Anwendung gelangen.
Der am 09.10.1929 geborene Kläger war bis Januar 1989 alleiniger Gesellschafter und gleichzeitig alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der A GmbH (Stammkapital DM 100.000,-) und der B-Gesellschaft mbH (Stammkapital DM 50.000). Darüber hinaus war der Kläger mit 28 Aktien am Grundkapital der C AG, Schweiz beteiligt, war als Inhaber der D Vermögensverwaltung Eigentümer von Vermögensgegenständen, die von der A GmbH aufgrund von Mietverträgen genutzt wurden und war außerdem Inhaber verschiedener Patente und Patentanmeldungen sowie von Gebrauchs- und Geschmacksmustern. Mit Verträgen vom 15.02.1989 hat der Kläger folgende Rechtsgeschäfte mit schuldrechtlicher Wirkung ab Beginn des 01.02.1989 geschlossen:
1. Der Kläger veräußert seine gesamten Geschäftsanteile an der A GmbH an die E Beteiligungsgesellschaft mbH zum Kaufpreis von DM 500.000,-,
2. In einem weiteren Vertrag überträgt der Kläger an die A GmbH
- seine gesamten Geschäftsanteile an der B-Gesellschaft mbH,
- die Aktien der C AG, Schweiz,
- die Aktiva und Passiva der D Vermögensverwaltung einschließlich des Grundstücks in G, X-Straße,
- alle Patente/Patentanmeldungen und Gebrauchs- und Geschmacksmuster
- und verpflichtet sich zur Einhaltung eines im Vertrag näher geregelten Wettbewerbsverbots.
Von dem mit der A GmbH insgesamt vereinbarten Kaufpreis von DM 9.500.000,- entfallen auf
- die Anteile an der B-Gesellschaft mbH |
DM 70.000,- |
- die Aktien der C AG |
DM 30.000,- |
- das Grundstück in G, X-Straße |
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Grund und Boden |
DM 880.000,- |
Gebäude |
DM 2.127.000,-- |
- das sonstige Anlagevermögen der D Vermögensverwaltung |
DM 4.433.000,-- |
- die Patente, Patentanmeldungen, Gebrauchs- und Geschmacksmuster |
DM 1.000.000,-- |
- das Wettbewerbsverbot |
DM 960.000,-- |
Bezüglich der Begleichung des v.g. Kaufpreises wurden folgende Vereinbarungen getroffen:
- Übernahme von Verbindlichkeiten des Verkäufers i.H. von DM 311.579,35. Hierbei handelte es sich um in der Bilanz der D Vermögensverwaltung zum 31.01.1989 ausgewiesene Verbindlichkeiten gegenüber der B-Bank Zürich und der Wohnungsbaukreditanstalt des Landes Schleswig-Holstein,
- Übergabe eines Schecks an den Verkäufer i.H. von DM 4.188.420,70 zuzüglich 6 % Zinsen hierauf seit dem 15.02.1989,
- Zahlung von DM 2.000.000,- zuzüglich 6 % Zinsen innerhalb von 14 Tagen nach Vorliegen des geprüften und genehmigten Jahresabschlusses der A GmbH. Bei Zahlung nach dem 31.08.1989 Erhöhung des Zinssatzes auf 8,5 % ab dem 01.09.1989,
- Zahlung von DM 3.000.000,- in 5 gleichen Jahresraten von je DM 600.000,- jeweils am Ende eines Jahres, erstmals am 15.02.1990, zuzüglich 6 % Zinsen auf den jeweils noch ausstehenden Teil des Gesamtbetrages.
3. Zusätzlich schloss der Kläger mit der A GmbH mit Wirkung ab dem 01.02.1989 für die Dauer von 12 Jahren einen Beratungsvertrag ab. Nach diesem Vertrag sollte der Kläger der Käuferin in den ersten beiden Vertragsjahren auf Anforderung bis zu 60 Tagen jährlich zur Verfügung stehen und hierfür eine Vergütung von DM 30.000,- erhalten. Ab dem dritten Vertragsjahr sollte sich der Umfang der Beratungstätigkeit nach den zeitlichen Möglichkeiten des Kläger richten. Unabhängig von dem tatsächlichen Tätigwerden wurde eine jährliche Vergütung von DM 50.000,- vereinbart.
Mit Schreiben vom 09.03.1989 teilte die damalige steuerliche Beraterin dem Finanzamt F mit, dass der Kläger seinen Wohnsitz von der BRD nach Spanien verlegt habe und somit beschränkt steuerpflichtig sei. Mit Schreiben vom 14.11.1989 wurden zwei Abmeldebestätigungen der Gemeinde G nachgereicht, lt. denen der Kläger am 01.01.1989 und seine Ehefrau am 25.01.1989 aus der Wohnung in G, X...