Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH VII B 254/08)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zollrecht: Erhebung von Einfuhrabgaben
Leitsatz (amtlich)
1. Die Gestellung der Waren bzw. die sie ersetzende zutreffende Angabe eines zugelassenen Ortes ist Voraussetzung die Annahme der Zollanmeldung nach Art. 63 Zollkodex und die Durchführung von Zollkontrollen. Dieser Grundsatz gilt auch bei einer Anmeldung im Rahmen des IT-Verfahrens ATLAS.
2. Die Annahme der Zollanmeldung ist nichtig, wenn sich die streitigen Waren zum Zeitpunkt der Zollanmeldung nicht am zugelassenen und in der Anmeldung angegebenen Ort, sondern noch auf einem Schiff befinden, von dem sie erst später gelöscht werden.
Normenkette
ZK Art. 10, 63; AO § 125 Abs. 1; EWGVO-2913/92 Art. 202 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung von Einfuhrabgaben.
Die Klägerin betreibt seit über ... Jahren eine Spedition und ist zwischen den Seehäfen A, Hamburg und B tätig. Im Rahmen ihrer Bewilligung als zugelassener Versender sandte die Klägerin am 03.11.2006 um 13:51 Uhr im IT-Verfahren ATLAS Zollanmeldungen für 960 Stück Drucker und 960 Stück Elektrohaushaltswaren zur Überführung in das externe gemeinschaftliche Versandverfahren an den Beklagten, Zollamt Hamburg-1. Als Gestellungsort wurde in beiden Zollanmeldungen der in der Freizone Hamburg befindliche und von den Zollbehörden zugelassene Ort C GmbH und Co. KG angegeben. Noch am 03.11.2006 wurden die Zollanmeldungen registriert, die begleitenden Versanddokumente wurden der Klägerin elektronisch übermittelt.
Bei einer stichprobenweisen Überprüfung durch das Zollamt Hamburg-1 stellte sich heraus, dass sich die streitigen Waren zum Zeitpunkt der Datenübermittlung am 03.11.2006 tatsächlich nicht auf dem Betriebsgelände der C, sondern auf einem Seeschiff befanden. Erst am 05.11.2006 wurde das Schiff auf der Betriebsfläche der D GmbH um 4:19 Uhr bzw. um 20:16 Uhr gelöscht. Am 06.11. bzw. am 09.11.2006 wurden die Warencontainer nach A befördert und jeweils am selben Tag bei der zuständigen Abfertigungszollstelle unter Bezugnahme auf die für die Versandverfahren erteilten Registriernummern gestellt.
Mit zwei Einfuhrabgabenbescheiden vom 22.02.2007 erhob der Beklagte nach Anhörung der Klägerin Einfuhrabgaben in Höhe von 6.266,94 € bzw. 8.948,59 €. Die Einfuhrabgaben seien nach Art. 202 Abs. 1 Zollkodex entstanden, da die Waren im Zeitpunkt der Entgegennahme der Versandanmeldungen am 03.11.2006 nicht gestellt worden seien. Tatsächlich seien sie erst am 06.11.2006 gestellt worden.
Am 26.03.2007 legte die Klägerin gegen die Einfuhrabgabenbescheide Einspruch ein. Sie meint, es reiche für die Eröffnung des Versandverfahrens aus, wenn die Waren zum Zeitpunkt der Gestellung auf dem Schiff am Anleger des zugelassenen Gestellungsortes vorhanden gewesen seien. Keinesfalls sei die Versandanmeldung als nichtig anzusehen. Eine Bestimmung, dass eine vor dem Verbringen der Ware an den bezeichneten Ort abgegebene Zollanmeldung nichtig sei, finde sich im Zollkodex nicht. Dass es möglich sei, Zollanmeldungen bereits vor dem Eintreffen der Ware abzugeben, zeige auch Art. 40 Abs. 2 Zollkodex, wobei für den zugelassenen Versender gemäß Art. 398 ZK-DVO die Verpflichtung aus Art. 40 Abs. 2 Zollkodex entfalle. Die vorzeitig abgegebenen Anmeldungen zum Versandverfahren entfalteten Wirkung mit dem Verbringen der Ware an den vorgesehenen Ort. Dies entspreche einer schwebenden Unwirksamkeit. Spätestens beim Verlassen der Freizone und dem Passieren der Zollgrenzstelle sei eine erneute Zollanmeldung abgegeben worden. Auch in einer Informationsschrift des Zollamts Hamburg-1 sei anerkannt worden, dass die Zollanmeldung vor der Löschung eines Containers erfolgen könne. Keinesfalls sei eine Entziehung aus der zollamtlichen Überwachung gegeben.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 21.11.2007 zurückgewiesen.
Mit ihrer am 21.12.2007 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Zur Begründung betont sie, sie habe wirksame Zollanmeldungen zur Überführung in das gemeinschaftliche Versandverfahren abgegeben. Spätestens mit Vorführung der Waren beim Verlassen der Freizone seien die Waren gestellt worden. Damit hätte sie einen Anspruch auf Annahme der Versandanmeldungen vom 03.11.2006 nach Art. 63 Zollkodex gehabt, die zur Eröffnung des gemeinschaftlichen Versandverfahrens geführt hätten. Dieses Versandverfahren sei auch durch Wiedergestellung ordnungsgemäß beendet worden. Im Verfahren des zugelassenen Versenders müssten die Waren nicht an der Abgangszollstelle gestellt werden, dies könne gemäß Art. 398 ZK-DVO auch an einem anderen in der Genehmigung genannten Ort erfolgen. Bereits mit dem Anlegen des Schiffes am Terminal hätte dieser Verfügungsgewalt über den Container erhalten. Selbst wenn die Zollanmeldungen am 03.11. mangels Gestellung noch nicht wirksam geworden sein sollten, wären sie jedenfalls durch die nachträgliche Gestellung wirksam ...