rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Erwerb der Verwertungsbefugnis durch Treugeber

 

Leitsatz (amtlich)

Der Grunderwerbsteuer gegen den Treugeber auf den Erwerb der Verwertungsbefugnis an dem durch den Treuhänder gekauften Grundstück ist der mit diesem notariell geschlossene Treuhandvertrag zugrunde zu legen - im Unterschied zu einem behaupteten anderweitigen formunwirksamen Treuhandverhältnis.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 3 Nr. 6, § 8

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der Abschluss eines Treuhandvertrages zwischen der Klägerin als Treugeberin und ihrem Bruder als Treuhänder in Bezug auf zwei durch ihn gekaufte Eigentumswohnungen dazu geführt hat, dass die Klägerin dadurch die wirtschaftliche Verwertungsbefugnis erworben hat und dieser Erwerb neben dem Kauf durch den Bruder als Treuhänder der Grunderwerbsteuer unterliegt.

I.

1. Die Klägerin erwarb mit notariellem Kaufvertrag vom 22. April 2004 zwei Eigentumswohnungen im Namen und aufgrund mündlich erteilter Vollmacht ihres Bruders für 666.800 € (Grunderwerbsteuer-Akte Treuhänder --GrESt-A TH-- Bl. 1 ff). Am 27. April 2004 wurde diese Vollmacht schriftlich durch den Bruder der Klägerin genehmigt und durch die Deutsche Botschaft in San Salvador beglaubigt (GrESt-A TH Bl. 45).

2. Aufgrund der durch den beurkundenden Notar übersandten Veräußerungsanzeige setzte der Beklagte (das Finanzamt --FA--) durch Bescheid vom 6. Juli 2004 Grunderwerbsteuer gegenüber dem Bruder der Klägerin fest (GrESt-A TH Bl. 51 f).

An weiteren Anschaffungsnebenkosten fielen gemäß Aufstellung des Notars für diesen 3.677,43 € und für die Umschreibung durch das Grundbuchamt 531,00 € an (Grunderwerbsteuer-Akte Treugeber --GrESt-A TG-- Bl. 11).

3. Am 19. August 2004 schloss die Klägerin mit ihrem Bruder vor dem Notar, der bereits den Kaufvertrag beurkundet hatte, einen Vertrag mit folgendem Inhalt (GrESt-A TG Bl. 2 ff):

"... Im Innenverhältnis sind sich Frau ... (Klägerin) und Herr ... (Bruder der Klägerin) darüber einig, dass der Erwerb dieses Grundbesitzes durch Herrn ... (Bruder der Klägerin) von Anfang an insgesamt treuhänderisch für Frau ... (Klägerin) erfolgt ist. ... Treuhandvertrag

"... § 1 Herr... (Bruder) - nachstehend "Treuhänder" genannt - besitzt den vorgenannten Grundbesitz nur als Treuhänder für seine Schwester ... - nachstehend "Treugeber" genannt.

§ 2 Der Treuhänder ist verpflichtet, die Nutzung, Verwaltung und Betreuung des von ihm treuhänderisch erworbenen Grundbesitzes nur im Interesse und nach Weisung des Treugebers auszuführen und alle Anweisungen des Treugebers bezüglich des Grundbesitzes zu befolgen.

§ 3

1. Alle Nutzungen hinsichtlich des Grundbesitzes stehen im Innenverhältnis dem Treugeber zu, der auch sämtliche Kosten für diesen Grundbesitz (u.a. Wohngeld der WEG, Steuern, öffentliche Abgaben, Reparaturen und Pflege- und Instandhaltungsaufwand usw.) und die Zins- und Tilgungsleistungen und alle Nebenkosten einer eventuellen Finanzierung des Kaufpreises zu tragen hat.

2. Der Treuhänder ist verpflichtet, etwaige Nutzungserträge hinsichtlich des Grundbesitzes unverzüglich an den Treugeber auszukehren.

§ 4

1. Der Treugeber verpflichtet sich seinerseits, den Treuhänder hinsichtlich des Grundbesitzes von allen Ansprüchen, Kosten, Gebühren und Steuern einschließlich aller Aufwendungen, die sich aus der treuhänderischen Anschaffung und Verwaltung des Grundbesitzes ergeben, freizustellen. Dies gilt insbesondere auch für die Bezahlung des Kaufpreises und sämtlicher Nebenkosten und Steuern des Kaufvertrages.

2. Der Treuhänder darf den Grundbesitz ohne Zustimmung des Treugebers weder belasten, veräußern, noch darüber verfügen.

§ 5 Der Treugeber ist zu jeder Zeit zur Aufhebung des Treuhandverhältnisses berechtigt. Das Treuhandverhältnis endet mit dem Tod des Treuhänders. Im Falle der Aufhebung ist der Treuhänder - im Falle des Todes seine Erben - verpflichtet, unverzüglich den vorgenannten Grundbesitz auf den Treugeber oder eine von diesem zu benennende dritte Person zu übertragen.

§ 6 Der Treuhänder bevollmächtigt hiermit seinen Treugeber, ihn im vollen Umfang zu vertreten, soweit es sich um die Übertragung, Auflassung und Belastung des treuhänderisch gehaltenen Grundbesitzes handelt, und zwar über den Tod hinaus. ...

§ 9 Beide Vertragsparteien vereinbaren für diesen Treuhandvertrag und die in § 6 erteilte Vollmacht die ausschließliche Anwendung deutschen Rechts. ..."

4. Ebenfalls am 19. August 2004 ließ die Klägerin, zugleich angeblich auch handelnd aufgrund mündlich erteilter Vollmacht für ihre Eltern, einen notariellen Schenkungs- und Darlehensvertrag mit folgendem Inhalt beurkunden (GrESt-A TG Bl. 28 ff):

" ... I. Schenkungsvertrag

1. Der Vater schenkt hiermit seiner Tochter im Wege vorweggenommener Erbfolge einen Barbetrag in Höhe von 200.000 € (in Worten: zweihunderttausend Euro).

2. Die Mutter schenkt hiermit ihrer Tochter im Wege vorweggenommener Erbfolge einen Barbetrag in Höhe von 200.000 € (in Worten: zweihunderttausend Euro).

3. Die Tochter nimmt diese Schenkung h...

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