Revision eingelegt (BFH VIII R 3/16)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer: Während der Investitionsphase eines Private Equity-/Venture Capital-Fonds aufgrund eines vorformulierten Vertragswerks anfallende Aufwendungen als Anschaffungskosten der Beteiligungen
Leitsatz (amtlich)
1. Investiert eine Fondsgesellschaft in der Rechtsform einer - nicht gewerblich geprägten - GmbH & Co. KG nicht nur unmittelbar in (Fonds-) Beteiligungen, sondern auch mittelbar über eine zwischengeschaltete Tochter-GmbH, unterliegen die bei der Tochter-GmbH thesaurierten Gewinne gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 EStG 2001 bei Auflösung der GmbH der Besteuerung. Wenn weder Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Anleger vorwiegend eine Realisierung von Wertsteigerungen durch Anteilsveräußerung beabsichtigen, noch dafür, dass aufgrund der individuellen Verhältnisse der GmbH und/oder ihrer Gesellschafter auch langfristig mit einem Überschuss aus der Beteiligung nicht zu rechnen ist oder dass rein persönliche Gesichtspunkte für die Beteiligung bestimmend waren, ist von einer Überschusserzielungsabsicht der Anleger in Bezug auf die GmbH-Beteiligung auszugehen. Das gilt auch, wenn die Anleger irrtümlich davon ausgegangen sein sollten, der beabsichtigte Überschuss unterliege nicht der Besteuerung.
2. Aufwendungen eines geschlossenen Private Equity-/Venture Capital-Fonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG für die wirtschaftliche, rechtliche und steuerliche Konzeption, die Prospektierung, die Werbung der Anleger, die Eigenkapitalvermittlung und die Kontrolle der Mittelverwendung sowie die Vergütungen für die Geschäftsbesorgung, die Treuhandverwaltung und die Haftung während der Einwerbungs- und Investitionsphase sind als Anschaffungskosten der (Fonds-) Beteiligungen zu qualifizieren, wenn sich die Anleger aufgrund eines vom Projektanbieter vorformulierten Vertragswerks beteiligen.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nrn. 1, 2 S. 1, § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2, § 52 Abs. 8a; AO §§ 42, 163; HGB § 255 Abs. 1; FGO §§ 74, 136 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in Bezug auf die Beteiligung der Klägerin an der A Beteiligungs GmbH (im Folgenden: Blocker-GmbH) eine Einkünfteerzielungsabsicht bestand und die in den Streitjahren 2001 und 2002 angefallenen Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu berücksichtigen sind.
Die Klägerin wurde durch Gesellschaftsvertrag vom ... 2001 (...) gegründet. Persönlich haftende Gesellschafterin war in den Streitjahren die B GmbH, Kommanditistinnen waren die C AG ... (in den Streitjahren noch firmierend unter D AG) und die E ... mbH (im Folgenden: E).
Die Klägerin ist ein Fonds im Bereich Venture Capital/Private Equity. Ihr Geschäftsgegenstand ist der XX ... Anleger konnten sich direkt als Kommanditisten beteiligen oder treuhänderisch über die E.
Die Gesellschaft war nach § 7 Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrages bis zum 31.12.2011 befristet. Der geschäftsführenden Kommanditistin stand jedoch das Recht zu, die Dauer der Gesellschaft dreimal um jeweils ein Jahr zu verlängern.
Die Geschäftsführung oblag nach § 9 Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrages und nach Maßgabe eines am ... 2001 gesondert abgeschlossenen Managementvertrages (...) der D AG, die hierfür eine Managementvergütung in Höhe von 1,25 % in 2001 und von 2,635 % ab 2002 sowie eine einmalige Vergütung von 2 % des Nominalkapitals erhalten sollte (§ 11 Ziff. 1 und 2 des Gesellschaftsvertrages). Nach einem Gesellschafterbeschluss vom ... 2003 (...) sollte sich die laufende Vergütung ab dem Jahr 2006 jährlich reduzieren auf letztlich 1,3175 % im Jahr 2012.
Die Kommanditisten hatten ein Agio von 5 % auf die jeweilige Nominaleinlage zu entrichten (§ 3 Ziff. 1, § 4 Ziff. 6 und § 6 Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrages).
Gemäß § 13 Ziff. 1 des Gesellschaftsvertrages sollte die Komplementärin für die Übernahme der persönlichen Haftung eine Haftungsvergütung von ... € pro Jahr erhalten, bei Rumpfgeschäftsjahren pro rata temporis.
Der E stand nach § 13 Ziff. 2 des Gesellschaftsvertrages und dem zwischen ihr und der Klägerin am ... 2001 abgeschlossenen Treuhand- und Verwaltungsvertrag (...) eine einmalige Vergütung von 0,25 % des gezeichneten Nominalkapitals für die Platzierungsphase und ab 2002 eine laufende Vergütung von 0,2 % des von ihr treuhänderisch gehaltenen oder verwalteten Nominalkapitals zu.
Auf den weiteren Inhalt des Gesellschaftsvertrages wird Bezug genommen.
Nach dem Anlageprospekt (Stand April 2001, ...) sollten die eingeworbenen Mittel ohne Agio zu 91,51 % in Venture Capital, Private Equity und eine Liquiditätsreserve investiert und im Übrigen wie folgt verwendet werden (in % des platzierten Nominalkapitals):
- 6 % an die F GmbH & Co. KG für die Vermittlung des zu platzierenden Eigenkapitals;
- 1,5 % an die D AG für die Erstellung des wirtschaftlichen Gesamtkonzepts (Konzeptionskosten);
- 0,25 % an die D AG für die Ausarbeitung und Drucklegung des Zeichnungsprospektes (Prospektierungskosten);
- 0,25 % an die D AG für die Organisation und...