Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer als Betriebseinnahme bei der Einnahmen-Überschuss-Rechnung Fehlerberichtigung nach § 177 AO bei Zusammenveranlagung
Leitsatz (amtlich)
Bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung nach § 4 Abs. 3 EStG sind vereinnahmte und verausgabte Umsatzsteuerbeträge keine durchlaufenden Posten i.S. des § 4 Abs. 3 Satz 2 EStG, sondern in die Gewinnermittlung einzubeziehende Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben.
Zusammen zu veranlagende Ehegatten sind ungeachtet des § 155 Abs. 3 Satz 1 AO im Rahmen des § 177 AO als ein Steuerpflichtiger zu behandeln; liegt beim einen Ehegatten der Anlass für die Änderung des Steuerbescheides, beim anderen Ehegatten ein Fehler i.S.d. § 177 AO vor, dessen Korrektur nach § 177 AO zu einem in der Höhe der Steuer gegenläufigen Ergebnis führt, ist der Fehler im Rahmen des § 177 AO zu berichtigen, obwohl es sich bei zusammengefassten Steuerbescheiden um zwei Bescheide handelt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 3; AO § 177; UStG § 18 Abs. 3
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Erfassung von Umsatzsteuer als Betriebseinnahme sowie die Nichtberücksichtigung von Fahrtkosten als Werbungskosten bei der Einkommensteuer für das Streitjahr 2018 sowie die Festsetzung von Verspätungszuschlägen.
Der Kläger war im Streitjahr als selbständiger ... tätig. Seinen Gewinn ermittelte er mit einer Einnahmenüberschussrechnung. Er wurde gemeinsam mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt.
Am 22. August 2019 forderte der Beklagte den Kläger auf, die Einkommen- und Umsatzsteuererklärung für 2018 sowie die Einnahmenüberschussrechnung einzureichen. Mit Schreiben 14. Juli 2020 erinnerte er die Eheleute erneut, entsprechende Erklärungen spätestens bis zum 14. August 2020 an das Finanzamt zu übermitteln und drohte die Festsetzung eines Zwangsgelds in Höhe von jeweils ... €, mithin insgesamt ... € an. Am 22. August 2020 setzte der Beklagte ein entsprechendes Zwangsgeld i.H.v. ... € fest.
Am 1. September 2020 gab der Kläger die Einkommen- und Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr ab und reichte eine Einnahmenüberschussrechnung in Papierform ein. Auf seinen Einspruch hin hob der Beklagte die Zwangsgeldfestsetzung auf.
In der Einkommensteuererklärung machte der Kläger für seine Ehefrau Fahrtkosten als Werbungskosten aus unselbständiger Tätigkeit geltend. Dabei gab er die Adresse der ersten Tätigkeitsstätte, die Zeit der Tätigkeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 2018 sowie die Anzahl der Wochenarbeits- und Urlaubstage an. Angaben zur Entfernung zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte fehlen ebenso wie zum eingesetzten Verkehrsmittel.
In seiner Umsatzsteuererklärung erklärte der Kläger Umsätze zum allgemeinen Steuersatz (netto) i.H.v. ... € sowie unentgeltliche Wertabgabe i.H.v. von ... €. Die Umsatzsteuer darauf errechnete er i.H.v. ... €. Vorsteuerbeträge brachte er i.H.v. ... € in Ansatz, so dass eine Zahllast i.H.v. ... Euro verblieb.
In seiner Einnahmenüberschussrechnung machte er folgende Angaben:
...
Die Beträge waren jeweils überschrieben mit "Betrag Netto". Als Gewinn wurden ... € ausgewiesen. Der Einnahmenüberschussrechnung war eine weitere Aufstellung beigefügt, in welcher die Betriebsausgaben mit Bruttobeträgen sowie darin enthaltenen Vorsteuer ausgewiesen waren. Dabei findet sich unter den laufenden Nr. 87 und 88 die Positionen "Rücklagen-Pkw" ... € sowie "Rücklagen-Umsatzsteuer" i.H.v. ... €, zusammen mithin ... €.
Am 18. September 2020 erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid gegenüber dem Kläger und seiner Ehefrau. Hinsichtlich der Einkünfte des Klägers aus freiberuflicher Tätigkeit ging er gemäß den Angaben in der Einnahmenüberschussrechnung von einem Gewinn i.H.v. ... € aus. Die für die Ehefrau des Klägers geltend gemachten Werbungskosten bezüglich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte brachte der Beklagte nicht zum Ansatz, sondern berücksichtigte den Werbungskosten-Pauschbetrag i.H.v. 1.000 €. Insgesamt setzte er Einkommensteuer i.H.v. ... € fest. Zudem erhob er einen Verspätungszuschlag i.H.v. ... €. Zur Begründung führte er an, die Abgabefrist für die Einkommensteuererklärung des Streitjahres sei am 31. Juli 2019 abgelaufen; die Erklärung sei erst am 1. September 2020 eingegangen.
In seiner Abrechnung zur Umsatzsteuer für 2018 und den Bescheid über Zinsen und Verspätungszuschlag vom 14. September 2020 wies der Beklagte erklärungsgemäß abzurechnende Umsatzsteuer i.H.v. ... € aus und setzte wegen verspäteter Abgabe der Umsatzsteuererklärung (Ablauf der Abgabefrist zum 31. Juli 2019) einen Verspätungszuschlag i.H.v. ... € fest.
Dagegen richtete sich der Kläger mit seinem Einspruch vom 15. bzw. 19. Oktober 2020. Einen gestellten Antrag auf Akteneinsicht lehnte der Beklagte ab. Am 5. Januar 2021 beantragte der Kläger Fristverlängerung zur Begründung seines Einspruchs bis zum 20. Januar 2021, da er insbesondere im Hinblick auf den Verspätungszuschlag die rechtliche Richtigkeit des Bescheides nicht prüfen könne. Eine weitere Begründung blieb au...