Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässigkeit der Rückforderung von Kindergeld
Leitsatz (amtlich)
Kindergeldfestsetzungen können wieder aufgehoben werden, wenn abzusehen ist oder bekannt wird, dass die Höhe der Einkünfte oder Bezüge des Kindes dazu führt, dass das Kind für das Kalenderjahr nicht berücksichtigungsfähig ist.
Haben sich die oberhalb der Bemessungsgrenze liegenden Einkünfte des Kindes, die sich aus den vorgelegten Bescheinigungen ergeben und die der Prognose-Entscheidung der Familienkasse zugrunde gelegt wurden, nicht rechtserheblich von den Einkünften unterschieden, die später - nach Ablauf des Kalenderjahres - bestätigt wurden, so kann das gezahlte Kindergeld nicht zurückgefordert werden.
Normenkette
EStG § 31 S. 3, § 32 Abs. 4 S. 2, § 70 Abs. 2; AO § 175
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin beantragte am 04.06.1999 Kindergeld für ihren Sohn S... (S), geb. am ...1978. S leistete bis zum 30.06.1999 Grundwehrdienst und begann am 01.08.1999 eine Ausbildung. Aus der von der Klägerin am 27.08.1999 vorgelegten Ausbildungsbescheinigung ergab sich, dass S ab 01.08.1999 eine mtl. Ausbildungsvergütung von 985 DM und ab 01.05.2000 in Höhe von 1.372 DM zu beanspruchen hatte. Weiter gewährte das Ausbildungsunternehmen zusätzliche Leistungen in Höhe von 780 DM für 1999 und 1.940 DM für 2000, sowie einen Fahrkostenzuschuss in Höhe von 418 DM für 1999 und 1.003,20 DM für 2000.
Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 01.09.1999 das Kindergeld ab Juli 1999 in gesetzlicher Höhe fest. Diese Festsetzung hob die Beklagte mit einem weiteren - nicht in den Akten befindlichen - Bescheid vom 15.12.1999 auf.
Am 11.01.2000 ging bei der Beklagten das ausgefüllte Formblatt "Bescheinigung über die Fortdauer bzw. das Ende der Berufsausbildung" ein. Die Ausbildungsfirma bestätigte in dieser Bescheinigung die Einkünfte für 1999 und 2000 mit der Abänderung, dass die mtl. Ausbildungsvergütung ab 01.12.1999 1.025,25 DM und ab 01.05.2000 1.412,25 DM betrage.
Die Beklagte sah in dieser Bescheinigung einen Antrag auf Änderung des am 15.12.1999 ergangenen Kindergeldaufhebungsbescheides. Aus der vorgelegten Bescheinigung errechnete der zuständige Sachbearbeiter der Beklagten zutreffend, dass die Einnahmen für das Kalenderjahr 2000 auf 17.339 DM zu prognostizieren seien, so dass sich nach Abzug des Arbeitnehmer-Pauschbetrages verbleibende Einkünfte und Bezüge in Höhe von 15.339 DM ergaben. Die Berechnung schließt mit der Feststellung "die Summe der Einkünfte und Bezüge liegt im Feststellungszeitraum über dem Grenzbetrag von 13.500 DM."
Dennoch erließ die Beklagte am 17.01.2000 gem. § 172 Abs. 1 Nr. 2 a Abgabenordnung (AO) einen Kindergeldfestsetzungsbescheid, mit dem das Kindergeld für die Zeit ab Januar 2000 in Höhe von mtl. 270 DM festgesetzt wurde. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Am 19.01.2001 reichte die Klägerin die Bescheinigung des Arbeitgebers vom 16.01.2001 bei der Beklagten ein. Abweichend von der Bescheinigung vom 06.01.2000 wurde bestätigt, dass ab 01.04.2000 eine mtl. Ausbildungsvergütung in Höhe von 1.045,25 DM und ab 01.05.2000 in Höhe von 1.439,25 DM gezahlt worden war.
Die Beklagte errechnete hieraus, wiederum rechnerisch zutreffend, Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von 15.575 DM und erließ am 24.01.2001 einen Kindergeldaufhebungsbescheid ab Januar 2000. Zugleich setzte sie die Erstattung des von Januar 2000 bis Dezember 2000 gezahlten Kindergeldes in Höhe von insgesamt 3.240 DM fest.
Hiergegen erhob die Klägerin fristgerecht Einspruch. Der Rechtsbehelf blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung wurde am 15.02.2001 abgesandt.
Am 19.03.2001 (Montag) erhob die Klägerin Klage. Sie beruft sich darauf, dass sie ihre Mitwirkungspflichten durch zeitnahe Vorlage der Arbeitgeberbescheinigungen erfüllt habe. Bereits bei der Prognose-Entscheidung für das Jahr 2000 habe die Beklagte erkennen können, ob die Voraussetzungen für den Kindergeldanspruch gegeben waren. Sie - die Klägerin - habe deshalb darauf vertrauen dürfen, dass die Voraussetzungen für den Bezug von Kindergeld erfüllt seien. Im Übrigen sei sie durch den sofortigen Verbrauch der Leistung entreichert. Zumindest müsse sie sich gegenüber der Erstattung des Kindergeldes auf Vertrauensschutz berufen können.
Die Klägerin beantragt, den Kindergeldaufhebungsbescheid vom 24.01.2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.02.2001 mit der Maßgabe abzuändern, dass das Kindergeld für S von Januar 2000 bis Dezember 2000 in gesetzlicher Höhe festgesetzt wird.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich zunächst darauf, dass die Einkünfte des Kindes den gesetzlichen Grenzbetrag überstiegen hätten. Damit seien die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kindergeld nicht gegeben. Auf Vertrauensschutz könne sich die Klägerin nicht berufen. Soweit sie bereits bei Erhalt des Bescheides vom 17.01.2000 Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit gehabt haben sollt...