Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine Steuerfreiheit beim Versand von Zigaretten aus einem anderen Mitgliedstaat an die eigene Adresse

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Sicherstellung von Zigaretten nach § 19 S. 5 TabStG.

Nach § 20 Abs. 1 TabStG scheidet Steuerfreiheit aus, wenn die Fiktion des § 20 Abs. 3 TabStG, wonach Tabakwaren als zu gewerblichen Zwecken verbracht gelten, wenn Privatpersonen diese aus anderen Mitgliedstaaten in das Steuergebiet verbringen lassen, greift. Ein derartiges "verbringen lassen" liegt auch dann vor, wenn die Zigaretten auf dem Postwege aus einem anderen Mitgliedstaat ins Steuergebiet an die eigene Adresse versandt werden.

 

Normenkette

TabStG § 19 S. 5, § 20 Abs. 1, 3

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Erhebung von Tabaksteuer.

Am 14.4.2005 erschien der Kläger beim Zollamt Post, um eine Paketsendung aus Spanien abzuholen, die er dort selbst, an sich adressiert, aufgegeben hatte. In dem Paket befanden sich 4.070 Stück versteuerte spanische Zigaretten. Den Inhalt des Paketes gab der Kläger auf dem Begleitzettel mit "pullover, zapatos, libra" an. Die Zigaretten wurden sichergestellt.

Am 13.5.2005 legte der Kläger gegen die Sicherstellung Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 4.7.2005 zurückgewiesen wurde.

Mit seiner am 4.8.2005 bei Gericht eingegangenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er trägt vor, im Rahmen eines Urlaubs in Spanien festgestellt zu haben, dass die von ihm bevorzugten Zigarettenmarken dort günstig erworben werden könnten. Dass er sich diese Zigaretten nicht habe schicken lassen dürfen, sei ihm nicht bekannt gewesen. Die an ihn geschickte Menge entspreche in etwa seinem Halbjahresbedarf. Im guten Glauben habe er am freien Warenverkehr im Binnenmarkt teilgenommen.

Der Kläger beantragt, die am 14.4.2005 angeordnete Sicherstellung sowie die Einspruchsentscheidung vom 4.7.2005 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Sicherstellung sei wegen § 19 Satz 5 TabStG anzuordnen gewesen. Das Verbringen der Zigaretten in das Steuergebiet habe die Tabaksteuer entstehen lassen. Da der Kläger die Zigaretten nicht selbst in das Steuergebiet verbracht habe, sondern diese mit der Post versandt habe, scheide Steuerfreiheit nach § 20 Abs. 1 TabStG aus. Es greife die Regelung des § 20 Abs. 3 TabStG. Angesichts der erheblichen Menge von 4.070 Zigaretten sei auch von einem gewerblichen Zweck auszugehen, § 20 Abs. 2 Nr. 5 TabStG. Auch die Verheimlichung der Zigaretten auf der Erklärung der betroffenen Paketsendung lasse die Vermutung des Verbringens zu gewerblichen Zwecken zu.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Sachakte des Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Anfechtungsklage ist unbegründet, § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO.

I. Der Beklagte hat die Zigaretten zu Recht gemäß § 19 Satz 5 TabStG i.V.m. § 215 Abs. 1 AO sichergestellt. Nach § 19 Satz 5 TabStG sind Tabakwaren, die entgegen § 12 Abs. 1 unzulässigerweise aus dem freien Verkehr anderer Mitgliedstaaten zu gewerblichen Zwecken in das Steuergebiet verbracht oder versandt werden, nach § 215 Abs. 1 AO sicherzustellen. Ein Fall des unzulässigen Verbringens bzw. Versendens ist hier gegeben.

Hier greift bereits die Fiktion des § 20 Abs. 3 TabStG, wonach Tabakwaren als zu gewerblichen Zwecken verbrachte gelten, wenn Privatpersonen diese aus anderen Mitgliedstaaten in das Steuergebiet verbringen lassen. Dem entspricht § 20 Abs. 1 TabStG, wonach Steuerfreiheit für Tabakwaren nur dann besteht, wenn Privatpersonen diese für ihren Eigenbedarf erwerben und selbst in das Steuergebiet verbringen. Steuerfreiheit könnte der Kläger also nur beanspruchen, wenn er die Zigaretten selbst ins Steuergebiet verbrachte hätte. Vorliegend hat er genau dies jedoch nicht getan, vielmehr hat er die Post mit dem Versand beauftragt und die Zigaretten daher im Sinne von § 20 Abs. 3 TabStG in das Steuergebiet verbringen lassen.

Allerdings ist die Auffassung des Klägers, dass es keinen Unterschied mache, ob er sich die Zigaretten von Spanien aus selbst schicke oder ob er sie als Reisegepäck mit sich führe, bei wirtschaftlicher Betrachtung nachvollziehbar. Auch spricht sicher manches dafür, dass die hier anzuwendenden Bestimmungen in erster Linie verhindern sollen, dass von Deutschland aus Zigaretten in einem anderen Mitgliedstaat bestellt und von dort ins Steuergebiet versandt werden. Andererseits ist der Wortlaut von § 20 Abs. 1, Abs. 3 TabStG in einer Weise eindeutig, die einer Auslegung in dem vom Kläger angeregten Sinne entgegensteht. Der Kläger hat die Zigaretten gerade nicht "selbst" - also persönlich - verbracht, das heißt tatsächlich körperlich ins Steuergebiet gebracht, vielmehr hat er sie durch einen Dritten - hier den Postdienstleister - verbringen lassen.

Dies entspricht auch dem Gemeinschaftsrecht. So sieht Art. 8 der Richtlinie (EWG) Nr. 92/12 des Rates über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren vom 2...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge