Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH IV B 22/12)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabenordnung/Finanzgerichtsordnung: Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Organisationsverschulden
Leitsatz (amtlich)
Die Organisation der Fristen- und Ausgangskontrolle im Büro eines Steuerberaters oder Rechtsanwalts muss so aufgebaut sein, dass menschliches Versagen möglichst ausgeschlossen ist und bei normalem Verlauf der Dinge ein unterlaufener Fehler aufgefangen wird.
Normenkette
FGO § 56
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin, eine Kommanditgesellschaft, wurde in den Streitjahren 2006-2008 mit Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und der verrechenbaren Verluste nach § 15 a Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) zunächst jeweils erklärungsgemäß veranlagt. Aufgrund einer Außenprüfung erkannte der Beklagte Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit dem " ... A" in 2006 in Höhe von ... €, in 2007 in Höhe von ... € und in 2008 in Höhe von ... € nicht als Betriebsausgaben an. Der Beklagte erließ am 28.03.2011 geänderte Gewinnfeststellungsbescheide und stellte Einkünfte aus Gewerbebetrieb für 2006 in Höhe von ... €, für 2007 in Höhe von ... € und für 2008 in Höhe von ... € fest.
Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 06.04.2011 Einspruch ein, der mit Einspruchsentscheidung vom 27.05.2011 als unbegründet zurückgewiesen wurde.
Mit Schreiben vom 04.07.2011 hat die Klägerin gegen die Gewinnfeststellungsbescheide 2006-2008 Klage erhoben. Mit Schreiben vom 15.07.2011 beantragte die Klägerin hinsichtlich der versäumten Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung trägt sie vor, dass sie wegen des Fristversäumnisses kein persönliches Verschulden treffe. In dem Büro ihrer Prozessbevollmächtigten sei im hier relevanten Zeitraum der Diplom-Volkswirt B allein für die Fristenkontrolle zuständig gewesen. Dabei handle es sich um einen erfahrenen und fachlich vorgebildeten Mitarbeiter, der regelmäßig im Hinblick auf die Aufgabe der Fristenkontrolle von dem Steuerberater und Rechtsanwalt C überwacht werde. Bisher habe die Tätigkeit des Mitarbeiters B insbesondere im Hinblick auf die Fristenbearbeitung keinen Anlass zu Beanstandungen gegeben. Regelmäßig werde am Tag des Fristablaufs für die jeweils ablaufenden Fristen des Tages ein "roter Fristenkontrollzettel" ausgedruckt und mit der Handakte des jeweiligen Aktenvorgangs dem Steuerberater und Rechtsanwalt C, dem einzigen Steuerberater in der Kanzlei der Prozessbevollmächtigten, zur fristwahrenden Bearbeitung vorgelegt. Zum Ende des Arbeitstages erfolge an Hand des Fristenkontrollzettels eine Rückkopplung mit dem Steuerberater und Rechtsanwalt, ob und wie die Fristen bearbeitet worden seien. Die Art und Weise der Fristeneinhaltung werde sodann auf dem roten Fristenkontrollzettel vermerkt. Vor dem Tag des Fristablaufs gebe es zwei Vorfristen, die 10 bzw. 5 Tage vor dem Fristablauf lägen. Es sei organisatorisch vorgesehen, dass der jeweilige Vorgang auch bei diesen Fristen dem Steuerberater und Rechtsanwalt C vorgelegt werde. Im vorliegenden Fall sei der Fristablauf ausweislich des Fristenkontrollzettels ordnungsgemäß notiert worden. Am 30.06.2011 habe der sonst sehr pflichtbewusst und gewissenhaft arbeitende B aufgrund einer aufkommenden Magenverstimmung es übersehen, die ablaufende Frist zu überwachen. Er habe es übersehen, den Rechtsanwalt und Steuerberater C unter erneuter Vorlage der Akte darauf hinzuweisen, dass in der Angelegenheit spätestens mit Ablauf des 30.06.2011 Klage zu erheben sei. In Folge des fehlenden roten Fristenkontrollzettels sei der Fristablauf von dem Steuerberater und Rechtsanwalt unentdeckt geblieben. Erst durch eine Nachfrage von Seiten der Klägerin sei man am 04.07.2011 auf den Ablauf der Klagefrist aufmerksam geworden. Bei dem Vorgang habe sich lediglich ein gelber Fristenkontrollzettel befunden, der im Zeitpunkt der Erfassung der Frist angelegt worden war. Das im Verfahren vorgelegte rote Fristenkontrollblatt sei nachträglich ausgedruckt worden. Dass das D-Fristenkontrollsystem, mit dem die Prozessbevollmächtigte der Klägerin gearbeitet habe, kein "Alarmfenster" aufweise wie andere Fristenkontrollsysteme, sei rechtlich unschädlich.
Die Klägerin beantragt, unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der versäumten Klagefrist die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und der verrechenbaren Verluste nach § 15 a Abs. 4 EStG für 2006 bis 2008 vom 28.03.2011 und die Einspruchsentscheidung vom 27.05.2011 in der Weise zu ändern, dass der Gewinn unter Berücksichtigung von Betriebsausgaben in 2006 in Höhe von ... €, in 2007 in Höhe von ... € und in 2008 in Höhe von ... € niedriger festgestellt wird.
Der Beklagte beantragt, die Klage zu weisen.
Der Beklagte ist der Auffassung, dass die Klage unzulässig sei, weil sie verspätet erhobe...