Entscheidungsstichwort (Thema)
Antidumpingzoll und Ausgleichszoll auf Einfuhren von Solarmodulen - Verzugszinsen
Leitsatz (amtlich)
Die Erhebung von Verzugszinsen nach Art. 114 Abs. 2 UZK vom Tag der Zollschuldentstehung bis zum Tag der Mitteilung der Zollschuld entspricht ihrem Gedanken nach der Erhebung von Hinterziehungszinsen nach § 235 AO, wobei das Vorliegen subjektiver Tatbestandsmerkmale keine Voraussetzung ist.
Sie werden nach dem - hier mangels unionaler Grundlage maßgeblichen - mitgliedstaatlichen Verfahrensrecht gemäß §§ 239 Abs. 1, 155 AO durch schriftlichen Bescheid festgesetzt.
Die Voraussetzungen für die Festsetzung dem Grunde und der Höhe nach sind dabei unabhängig von einem bereits ergangenen Einfuhrabgabenbescheid zu prüfen. Letzterer ist kein Grundlagenbescheid für den Zinsbescheid.
Gegen den Zinsbescheid nach § 239 AO sind der Einspruch und die Anfechtungsklage vor dem Finanzgericht statthaft.
Normenkette
UZK Art. 114; AO §§ 235, 239; DVO (EU) 2017/366; DVO (EU) 2017/367; DVO (EU) 2017/1570
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung von Antidumping- und Ausgleichszöllen sowie Verzugszinsen betreffend Einfuhren von Fotovoltaikmodulen.
Mit den Zollanmeldungen AT/C/42/XXX-1 vom 19. Oktober 2017, AT/C/42/XXX-2 vom 30. Oktober 2017 und AT/C/42/XXX-3 vom 30. Januar 2018 meldete die Klägerin, vertreten durch die A GmbH, jeweils "Solarmodule, aus kristallinem Silicium" mit der Codenr. 8541 4090 49 0 thailändischen Ursprungs zur Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr an. Der Beklagte nahm die Zollanmeldungen an und überließ die Einfuhrsendungen ohne weitere Überprüfung unter Erhebung des für die angemeldete Warennummer einschlägigen Drittlandzolls (frei) in das angemeldete Verfahren 4200.
Aufgrund des Einleitungsbeschlusses vom 25. April 2018 hatte das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) die vermutete Umgehung von Antidumping- und Ausgleichszöllen auf Einfuhren von Fotovoltaikmodulen aus kristallinen Silicium mit Ursprung in oder Versand aus der Volksrepublik China untersucht, die als thailändische Ursprungserzeugnisse angemeldet worden waren. Auf den Abschlussbericht wird verwiesen.
Der Untersuchung lag eine Information der belgischen Zollbehörden zugrunde, dass über das Unternehmen "B Co. Ltd." Lieferungen von Solarpaneelen chinesischen Ursprungs als angebliche thailändische Ursprungserzeugnisse angemeldet worden waren. Neuerdings seien diese Waren von dem Unternehmen "... C" (C) geliefert worden. Bei weiteren Untersuchungen traf das OLAF die Feststellung, dass mehrere aus der VR China nach Thailand erfolgte Sendungen hinsichtlich Mengen und zeitlichem Rahmen mit Sendungen übereinstimmten, die anschließend bei der Einfuhr nach Belgien als angeblich thailändische Ursprungserzeugnisse angemeldet worden seien.
Bezüglich 33 Sendungen zu drei bestimmten thailändischen Unternehmen, darunter die C, sowie zu zwei weiteren thailändischen Unternehmen richtete das OLAF unter dem 8. Mai 2019 (OCM(2019)xxx) ein Amtshilfeersuchen an die thailändischen Behörden. Diese übermittelten im März 2020 Informationen (OCM(2020)xxx), in denen sie u.a. anhand der Nummern der Einfuhranmeldungen Einfuhren in die Freizone entsprechenden Ausfuhren aus der Freizone zuordneten. Neben den 33 angefragten Sendungen übermittelte die thailändische Seite entsprechende Information bezüglich 41 weiterer Container hauptsächlich der C. Auf dieser Grundlage traf das OLAF mit dem Abschlussbericht vom 19. April 2021 (OCM(2021)xxx) die Feststellung, dass diese von der C in die EU ausgeführten Erzeugnisse, darunter auch die streitbefangenen, ihren wirklichen Ursprung in der Volksrepublik China hätten.
Das OLAF ordnete den streitbefangenen Einfuhrsendungen thailändische Import- und Exportanmeldungen zu:
Mit der thailändischen Importanmeldung A013-YYY-1 sei die Einfuhr von 13.608 kg "Solar Modules SM-1" an Bord des Frachters "F-1" mit dem Container C-1 am 12. September 2017 in die thailändische Freizone angemeldet worden. Laut der thailändischen Exportanmeldung A013-YYY-2 sei diese nämliche Sendung, 13.608 kg "Solar Modules SM-1" am 14. September 2017 mit Container C-2 an Bord des Frachters "F-2" wieder aus der Freizone ausgeführt worden. Dieser Container sei mit der streitbefangenen Einfuhrzollanmeldung AT/C/42/XXX-1 vom 19. Oktober 2017 in die EU eingeführt worden. Den dazu angemeldeten Handelsdokumenten (Handelsrechnung Nummer HR-1 vom 17. August 2017 sowie zugehörige Packliste) sei ebenfalls die Warenbeschreibung 13.608 kg "Solar Modules SM-1" zu entnehmen.
Mit der thailändischen Importanmeldung A014-YYY-3 sei die Einfuhr von 12.474 kg "Solar Modules SM-2" sowie 1.134 Kilogramm "Solar Modules SM-1" an Bord des Frachters "F-3" mit dem Container C-3 am 14. September 2017 in die thailändische Freizone angemeldet worden. Laut der thailändischen Exportanmeldung A014-YYY-4 sei diese nämliche Sendung, 12.474 kg "Solar Modules SM-2" sowie 1.134 Kilogramm "Solar Modules SM-1" am 20. September 2017 mit Container C-4 an Bord des...