Leitsatz (redaktionell)

Ist der Kontingentszollsatz irrtümlich zugrunde gelegt worden, obwohl das Kontingent bereits erschöpft war, kann von der Nacherhebung nur abgesehen werden, wenn bereits eine Anrechnungsmitteilung der ZZK vorlag.

 

Normenkette

ZK Art. 220 Abs. 2 Buchst. b; ZKDV Art. 869 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.04.2001; Aktenzeichen VII R 114/99)

 

Tatbestand

Die Klägerin meldete in der Zeit ab 1. Juli 1995 fortlaufend Einfuhrsendungen mit verschiedenen Fischereierzeugnissen aus Norwegen beim Beklagten -Zollamt A- zur Abfertigung zum freien Verkehr an. Dabei meldete sie die Waren ab 1. September 1995 unter Vorlage von Präferenznachweisen zum Zollkontingentsatz „frei” an. Die Waren wurden in allen Fällen vom Zollamt antragsgemäß abgefertigt.

Grundlage für die Zollpräferenzbehandlung war das Zusatzprotokoll zum Abkommen zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und dem Königreich Norwegen vom 25. Juli 1995 (ABl. Nr. L 187 vom 8.8.1995 S. 14, 15 ff.). Dieses Zusatzprotokoll trat am 1. September 1995 in Kraft, sah aber als Geltungsdauer für die im Anhang I aufgeführten Zollkontingente den Zeitraum vom 1. Juli 1995 bis zum 31. Dezember 1995 vor. Die deutschen Zollstellen wurden durch Mitteilung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 31. August 1995 über die Eröffnung der Zollkontingente ab dem 1. September 1995 unterrichtet. Unter dem 4. Oktober 1995 wurde den Zollstellen vom BMF mitgeteilt, dass diese Kontingente aufgrund einer Entscheidung des juristischen Dienstes der Kommission rückwirkend bereits zum 1. Juli 1995 wirksam geworden seien.

In dem Zeitraum ab 1. September 1995, in welchem die Klägerin ihre Einfuhrwaren zum Zollkontingentsatz „frei” abfertigen ließ, waren einige der Kontingente bereits erschöpft, und zwar teilweise (wegen ihrer rückwirkenden Eröffnung ab dem 1. Juli 1995) schon vor dem 1. September 1995. (Auf die von der Klägerin gefertigte Aufstellung wird insoweit Bezug genommen. – Bl. 22 d. A.) Über die Zeitpunkte der Erschöpfung der Zollkontingente wurden die deutschen Zollstellen erst unter dem 13. Februar 1996 vom BMF informiert (vgl. Bl. 467 d. Sachakte). Der Beklagte erhob daraufhin mit -inzwischen rechtsbeständigem- Steueränderungsbescheid vom 8. März 1996 für die Einfuhrsendungen der Monate September bis Dezember 1995 Zoll nach dem jeweiligen Drittlandszollsatz in Höhe von insgesamt 955.330,64 DM nach, während andere Einfuhrsendungen der Monate Juli und August 1995 nachträglich auf die entsprechenden Zollkontingente angerechnet werden konnten und der Klägerin die entrichteten Einfuhrabgaben insoweit erstattet wurden, so dass sich im Wege der Verrechnung von der Klägerin nachzuerhebender Zoll in Höhe von 680.672,27 DM ergab (Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf die Anlage zum Steueränderungsbescheid verwiesen. – Bl. 4 – 59 d. Sachakte). Durch spätere Steueränderungsbescheide vom 28. Mai 1996 und vom 13. und 27. Juni 1996 reduzierte sich dieser Betrag auf 669.903,87 DM (auf Bl. 60 ff. der Sachakte wird verwiesen).

Mit Schreiben vom 8. Mai 1996 beantragte die Klägerin den Erlass der nacherhobenen Abgaben. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 28. November 1997 ab. Den hiergegen am 16. Dezember 1997 erhobenen Einspruch der Klägerin wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 19. März 1998 zurück. Von den nacherhobenen Abgaben hat die Klägerin inzwischen einen Teilbetrag in Höhe von 357.000 DM entrichtet. Hierin ist ein Betrag von 210.000 DM enthalten, den die Klägerin von ihren Kunden nachgefordert und erhalten hat.

Mit ihrer am 16. April 1998 erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, dass die Voraussetzungen für einen Erlass bzw. eine Erstattung nach Art. 236 Zollkodex gegeben seien. Aufgrund der Kontingentseröffnung zum 1. September 1995 seien die vom Beklagten nachgeforderten Einfuhrabgaben nicht zu erheben gewesen. Sie habe zum Zeitpunkt des gewollten Eröffnungszeitpunkts der Kontingente die richtigen Anträge gestellt. Von einer rückwirkenden Kontingentseröffnung habe sie nichts gewusst; diese gehe aus dem Amtsblatt auch nicht hervor. Sie habe durch ständige Nachfragen beim Beklagten und bei der Zentralstelle Zollkontingente in Düsseldorf (ZZK) versucht, die Erschöpfungszeitpunkte der Zollkontingente zu erfahren. Jedoch habe ihr weder am Anfang der Kontingentseröffnung zum 1. September 1995 noch in den folgenden Monaten eine entsprechende Auskunft gegeben werden können. Auch Anrechnungsmitteilungen der ZZK habe sie nicht erhalten. Die Nichterhebung der Einfuhrabgaben im Zeitpunkt der Abfertigung der Waren sei somit auf einen Irrtum des Beklagten zurückzuführen, den sie (die Klägerin) nicht habe erkennen können. Darüber hinaus seien die Voraussetzungen für einen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen gemäß Art. 227 AO und nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gegeben. Wegen der verspäteten Nacherhebung, mit der sie nicht mehr habe rechnen müssen, könne sie die Abgaben nicht mehr auf ihre Kunden abwälzen. Soweit einzelne Kunden ...

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