Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbstständiger Milchwirtschaftsbetrieb durch den Pächter bei wirtschaftlichem Risiko und Dispositionsbefugnis über die Betriebsführung
Leitsatz (amtlich)
Milcherzeuger kann auch ein Landwirt sein, der Milch in gepachteten Anlagen und durch gepachtete Kühe erzeugt, wenn er die Produktionseinheiten, zu deren Bewirtschaftung er bestimmte Anlagen gepachtet hat, selbstständig betreibt und eine klare Trennung - auch hinsichtlich der Lagerung und Ablieferung - der vom Pächter und vom Verpächter jeweils ermolkenen Milchmengen gewährleistet ist. Der Pachtvertrag muss nicht über einen Mindestzeitraum geschlossen worden sein. Der Pächter muss den Betrieb nicht selbst bewirtschaften, er kann die Bewirtschaftung Dritten durch Geschäftsbesorgungsvertrag übertragen, wobei Dritter auch der Verpächter selbst sein kann. Von einem selbstständigen Milchwirtschaftsbetrieb durch den Pächter kann aber nur dann die Rede sein, wenn ihm nach der vertraglichen Gestaltung das wirtschaftliche Risiko und auch die Dispositionsbefugnis, um maßgeblich auf die Betriebsführung einwirken zu können, verbleibt.
Normenkette
EWGV 3950/92 Art. 9 Buchst. c; MGV § 3
Tatbestand
Die Klägerin wendet sich gegen die Erhebung einer Milchgarantiemengenabgabe.
Die Klägerin betreibt einen Hof mit Milchviehwirtschaft. Für das Milchwirtschaftsjahr 2001/2002 verfügte sie über eine Referenzmenge von 441.054 kg. Für die Monate Februar und März verpachtete sie ihren Betrieb an Herrn D. Im Einzelnen schloss sie jeweils unter dem 09.01.2002 mit ihm einen Nutzungsvertrag über die Überlassung eines Milchviehstalles einschließlich aller Betriebseinrichtungen, einen Nutzungsvertrag über die Überlassung einer Milchviehherde, einen Geschäftsbesorgungsvertrag sowie einen Liefervertrag über die Lieferung von Grundfutter für Milchkühe.
Der Nutzungsvertrag über die Überlassung eines Milchviehstalles regelt u.a. in §§ 3 und 4, dass die Nutzungsentschädigung einschließlich der Nebenkosten jährlich 2.500 EUR beträgt. Nach § 5 gehen nutzungsbedingte Reparaturen während der Nutzungsperiode zu Lasten des Pächters. In § 11 vereinbaren die Parteien eine Anpassung des Vertrages, sofern Leistung und Gegenleistung in einem Missverhältnis stehen, wobei Leistung und Gegenleistung als gleichgewichtig gelten, wenn die Nutzungsentschädigung aus den Vereinbarungen und der Ertrag sich im Verhältnis 1 zu 0,8 bewegen.
Der Nutzungsüberlassungsvertrag hinsichtlich der Herde regelt die Überlassung von ca. 80 Milchkühen, für die nach § 3 vom Pächter eine Nutzungsentschädigung von jährlich 1.000 EUR zu zahlen ist. Die mit der Nutzung verbundenen Kosten fallen nach § 4 dem Pächter zu. In § 14 vereinbaren die Parteien eine Anpassung des Vertrages, sofern Leistung und Gegenleistung in einem Missverhältnis stehen, wobei Leistung und Gegenleistung als gleichgewichtig gelten, wenn die Nutzungsentschädigung aus den Vereinbarungen und der Ertrag sich im Verhältnis 1 zu 0,8 bewegen.
Mit dem Geschäftsbesorgungsvertrag wird in § 1 die komplette Versorgung einer Milchviehherde auf die Klägerin als Verpächterin übertragen. Nach § 4 haftet der Verpächter für alle mit dem Auftrag verbundenen Risiken, insbesondere für Schäden an der Herde, die einer nicht ordnungsgemäßen Auftragserledigung zuzuschreiben sind, wobei als Schäden infolge der mangelhaften Auftragserledigung insbesondere gelten, wenn sich die durchschnittliche Milchleistung der Herde während der Beauftragung um mehr als 10% verschlechtert und ein überdurchschnittlicher Herdenausfall zu verzeichnen ist. Nach § 6 unterliegt der Auftragnehmer (die Verpächterin) keinerlei Weisungen des Auftraggebers (des Pächters). § 9 sieht eine Entschädigung in Höhe von jährlich 4.000 EUR zuzüglich MwSt. vor. In dem Liefervertrag verpflichtet sich der Verpächter, dem Pächter für 3.250 EUR pro Jahr das Futter zu liefern.
Mit Abgabenrechnung vom 19.07.2002 setzte die Molkerei für das Milchwirtschaftsjahr 2001/2002 eine Abgabe in Höhe von 7.473,30 EUR fest, soweit für die Klägerin über ihre Referenzmenge hinaus Milchlieferungen angerechnet wurden.
Dagegen legte die Klägerin mit Schreiben vom 05.08.2002 Einspruch ein. Sie trägt vor, sie habe ihre Referenzmenge nicht überschritten. Im Monat Februar 2002 habe sie lediglich 613 kg Milch erzeugt, die in den Monaten Februar und März 2002 auf ihrem Hof darüber hinaus ermolkenen Mengen seien nicht auf ihre Referenzmenge anzurechnen, da die Kühe verpachtet gewesen seien.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 02.07.2004 zurückgewiesen. Zur Begründung führt der Beklagte aus, die Klägerin sei auch Erzeugerin der in den Monaten Februar und März 2002 auf ihrem Hof ermolkenen Mengen. Der Pächter D könne nicht als Milcherzeuger angesehen werden, da er die Bewirtschaftung der gepachteten Anlagen nicht selbstständig betreibe. Ihm stehe kein umfassendes Weisungsrecht zu, die Verträge ließen zu, dass die Klägerin ihr eigenes Bewirtschaftungskonzept auch während der Pachtzeit weiter verfolge.
Dabei sei auch die E...