Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Einfuhrabgaben bei Verkauf schadhafter Ware in ein Drittland

 

Leitsatz (amtlich)

Der Verkauf einer Ware, die vom Einführer wegen Schadhaftigkeit zurückgewiesen worden ist, in ein Drittland steht dem Anspruch auf Erstattung der Einfuhrabgaben gemäß Art. 238 Abs. 2 lit. a VO Nr. 2913/92 bzw. Art. 892 VO Nr. 2454/93 grundsätzlich nicht entgegen. "Verwendung" i.S.v. Art. 238 Abs. 2 lit. a VO Nr. 2913/92 meint eine Verwendung innerhalb der Gemeinschaft.

 

Normenkette

EWGV 2913/92 Art. 238 Abs. 2 lit. a; VO (EWG) Nr. 2454/93 Art. 892

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 28.03.2006; Aktenzeichen VII R 24/05)

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Erstattung von Eingangsabgaben.

Im Oktober 2001 kaufte die Klägerin bei einer Firma in Hongkong insgesamt 141 Containerladungen eines in China hergestellten Apfelsaftkonzentrats, die in Hamburg in den zollrechtlich freien Verkehr überführt und dann nach Finnland weiterveräußert werden sollten. Ab Anfang April 2002 wurden wöchentlich etwa 4 Containerladungen über Hamburg nach Finnland verbracht. Der finnische Abnehmer beanstandete die Ware, da große Mengen der bereits erfolgten Lieferungen vergoren waren. Daraufhin wurden im Juni 2002 6 bereits verzollte und von der Klägerin bezahlte Containerladungen in Hamburg aufgehalten.

Der chinesische Lieferant erklärte sich bereit, der Klägerin für diese 6 Container eine Gutschrift in Form der gleichen Menge einwandfreier Ware zu erteilen, bat aber darum, für diese 6 Container einen Käufer zu suchen. Die Klägerin beauftragte das Sachverständigenbüro S in Hamburg mit der Prüfung der Ware. Dies geschah am 23.7.2002 mit dem Ergebnis, dass die Ware optisch und geruchlich noch in Ordnung war. Die 6 Container verkaufte die Klägerin dann mit Bedenken hinsichtlich der Qualität im August 2002 nach Norwegen.

Am 26.8.2002 beantragte die Klägerin die Erstattung der für die 6 Container gezahlten Einfuhrabgaben gem. Art. 238 ZK, da die Ware die Gemeinschaft wieder verlassen würde.

Mit Bescheid vom 28.8.2002 erstattete der Beklagte die Einfuhrabgaben gem. Art. 238 ZK unter dem Vorbehalt, dass die Schadhaftigkeit im maßgebenden Zeitpunkt nachgewiesen wird und weiter nachgewiesen wird, dass der Verkauf nach Norwegen auf Veranlassung des Lieferanten in Hongkong erfolgte.

Am 2.9.2002 wurden die 6 Container nach Norwegen verschifft und vom dortigen Vertragspartner bezahlt. Die Ware erwies sich in Norwegen jedoch ebenfalls als verdorben und wurde Anfang November 2002 über Hamburg an den chinesischen Lieferanten zurückgesandt. Zum Ausgleich für den bereits gezahlten Kaufpreis lieferte dieser nunmehr einwandfreie Ware an die Klägerin. Als Ursache für die Mängel des Apfelsaftkonzentrats stellte sich ein Defekt an der Abfüllanlage des chinesischen Herstellers heraus.

Mit Bescheid vom 17.12.2002 lehnte der Beklagte den Erstattungsantrag vom 26.8.2002 nunmehr ab. Da die Klägerin die Ware nicht zurückgewiesen, sondern an einen Kunden in Norwegen verkauft habe, liege keine Zurückweisung i.S.d. Art. 238 Abs. 1 ZK vor. Den Einspruch gegen diesen Ablehnungsbescheid wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 8.5.2003 zurück.

Mit ihrer am 6.6.2003 bei Gericht eingegangenen Klage trägt die Klägerin vor, dass das Apfelsaftkonzentrat in den fraglichen 6 Containern schadhaft gewesen sei, habe sich erst nach dem Verkauf gezeigt. Der Verkauf sei wegen der Mängel rückgängig gemacht worden, sodass Art. 892 ZK-DVO der Erstattung nicht entgegenstehe. Die Ware sei gegen Erstattung des Kaufpreises nach China zurückverschifft worden. Damit lägen die Voraussetzungen des Art. 238 ZK vor. Jedenfalls ergebe sich der Erstattungsanspruch aus dem Auffangtatbestand des Art. 239 Abs. 1 Beistrich 2 ZK, da die Ware bereits bei der Einfuhr mangelhaft gewesen sei.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 17.12.2002 und der Einspruchsentscheidung vom 8.5.2003 zu verpflichten, ihr Einfuhrabgaben in Höhe von 17.175,32 EUR zu erstatten.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er trägt vor, die Ware sei zwar bereits in dem in Art. 67 ZK bezeichneten Zeitpunkt schadhaft gewesen, sodass die Voraussetzungen des Art. 238 Abs. 1 ZK vorlägen, Art. 238 Abs. 2 lit. a ZK sehe jedoch einschränkend vor, dass die Ware nicht verwendet worden sein dürfe. Nach Art. 892 ZK-DVO sei der Verkauf eine solche Verwendung. Nach Auffassung der Kommission sei auch ein Verkauf außerhalb der Gemeinschaft erstattungsschädlich. Auf das Geschehen nach dem Verkauf komme es nicht an. Eine Erstattung käme nur in Betracht, wenn die Schadhaftigkeit der Ware erst nach Beginn der Verwendung hätte festgestellt werden können. Vorliegend hätte die Klägerin die Schadhaftigkeit jedoch bereits vor dem Verkauf nach Norwegen feststellen können. Wie die ZPLA mitgeteilt habe, sei das von der Klägerin eingeholte Gutachten ungeeignet, da die Qualität nur auf Grund einer lebensmittelhygienischen Untersuchung beurteilt werden könne. Auch einer der Fälle des Art. 239 ZK i.V.m. Art. 900 ...

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