Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung einer Sanktion

 

Leitsatz (amtlich)

Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Sind die nationalen Behörden und Gerichte im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen einen auf Art. 11 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO Nr. 3665/87 gestützten Sanktionsbescheid berechtigt zu prüfen, ob der Ausführer eine höhere als ihm zustehende Erstattung beantragt hat, wenn der Rückforderungsbescheid nach Art. 11 Abs. 3 Unterabsatz 1 VO Nr. 3665/87 vor Erlass des Sanktionsbescheides bestandskräftig geworden ist?

2. Für den Fall, dass die vorstehende Frage verneint wird: Darf in einem Rechtsstreit gegen einen Sanktionsbescheid nach Art. 11 Abs. 1 Unterabsatz 1 VO Nr. 3665/87 unter den im vorliegenden Beschluss geschilderten Umständen geprüft werden, ob der Ausführer eine höhere als ihm zustehende Ausfuhrerstattung beantragt hat, um einer mittlerweile vorgenommenen Auslegung des Gemeinschaftsrechts Rechnung zu tragen?

 

Normenkette

EWGV 3665/87 Art. 11 Abs. 1, 3, Art. 3, 5

 

Tatbestand

I. Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung einer Sanktion durch das beklagte Hauptzollamt.

Die Klägerin meldete beim Hauptzollamt (HZA) mit vier Ausfuhranmeldungen aus dem Februar 1998 insgesamt 100 t Weißzucker der Marktordnungs-Warenlistennummer 1701 9910 9950 zur Ausfuhr nach Polen an und beantragte hierfür die Gewährung von Ausfuhrerstattung, was das beklagte Hauptzollamt ihr mit vier Bescheiden vom 6.4.1998 antragsgemäß gewährte.

Nachdem Ermittlungen des Zollkriminalamtes Anhaltspunkte dafür ergeben hatten, dass Weißzucker des KN-Codes 1701 9910, der nach Polen, in die Tschechische Republik bzw. in die Schweiz ausgeführt werden sollte, das Bestimmungsdrittland nicht erreicht habe, stellte das beklagte Hauptzollamt im Rahmen einer sonach veranlassten Prüfung der von der Klägerin vorgelegten Ankunftsnachweise fest, dass diese nicht den Nachweis der Überführung der Waren in den freien Verkehr, sondern lediglich in ein Veredelungsverfahren dokumentierten. Daraufhin forderte das beklagte Hauptzollamt mit vier Berichtigungsbescheiden vom 17.4.2000 die der Klägerin gewährte Ausfuhrerstattung in Höhe von insgesamt DM 84.831,16 zurück. Die Klägerin zahlte in der Folgezeit den angeforderten Rückforderungsbetrag zurück; Rechtsbehelfe gegen die Rückforderungsbescheide legte sie nicht ein.

Mit vier Sanktionsbescheiden vom 5.6.2000 setzte das beklagte Hauptzollamt sodann unter Hinweis auf Art. 11 Abs. 1 Unterabsatz 1 lit. a) der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 jeweils eine Sanktion in Höhe von zusammen DM 42.415,60 fest.

Den gegen die Sanktionsbescheide erhobenen Einspruch der Klägerin wies das beklagte Hauptzollamt mit Einspruchsentscheidung vom 1.11.2001, auf deren Inhalt Bezug genommen wird, zurück; die Einspruchsentscheidung ist der Klägerin am 15.11.2001 zugegangen.

Mit ihrer am 13.12.2001 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren fort. Sie führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Sanktionsbescheide sei u.a. abhängig von der Rechtmäßigkeit der entsprechenden Rückforderungsbescheide. Das beklagte Hauptzollamt habe die Rückforderung der ihr gewährten Ausfuhrerstattungen damit begründet, dass sie - die Klägerin - den vom beklagten Hauptzollamt nach Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 angeforderten Nachweis über die Abfertigung des ausgeführten Zuckers zum freien Verkehr im Bestimmungsdrittland nicht vorgelegt habe. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 14.12.2000 in der Rechtssache C-110/99 sei das beklagte Hauptzollamt indes nicht berechtigt gewesen, von ihr - der Klägerin - einen derartigen Nachweis zu verlangen. Der Europäische Gerichtshof habe in seinem Urteil vom 14.12.2000 nämlich entschieden, dass der Nachweis über die Abfertigung der Ware zum freien Verkehr im Bestimmungsdrittland nach Art. 5 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 nur vor Zahlung der Ausfuhrerstattung verlangt werden dürfe. Da ihr - der Klägerin - die Ausfuhrerstattung bereits ausbezahlt worden sei, habe das beklagte Hauptzollamt sein Nachweisverlangen nicht auf die Vorschrift des Art. 5 Abs.1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 stützen können. Habe das beklagte Hauptzollamt aber die ihr gewährte Ausfuhrerstattung nicht zurückfordern dürfen, so sei sie auch nicht berechtigt, ihr gegenüber eine Sanktion gestützt auf die Vorschrift des Art. 11 Abs. 1 Unterabsatz 1 lit. a) der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 festzusetzen. - Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Klageschrift vom 13.12.2001 verwiesen.

Die Klägerin beantragt, die Sanktionsbescheide vom 5.6.2000 (M 3500 B - ...1) sowie die Einspruchsentscheidung vom 1.11.2001 (S 0625 B - ...2 (...3) Rb.-Nr. ...4/00) aufzuheben.

Das beklagte Hauptzollamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Es verteidigt die angefochtenen Bescheide und hebt hervor, dass die den Sanktionsbescheiden zugrunde liegenden Rückforderungsbescheide in Bestandskraft erwachsen seien. Die Kläge...

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