Entscheidungsstichwort (Thema)
Marktordnungsrecht: Anspruch auf originäre Ausstellung einer Ausgangsbestätigung gem. § 4 Abs. 1 Ausfuhrerstattungs-Verordnung trotz Nichtgestellung der Ware bei der Bestimmungsstelle
Leitsatz (amtlich)
1. Die Ausgangsbestätigung gemäß § 4 Ausfuhrerstattungs-Verordnung ist ein Verwaltungsakt und eine zollamtliche Entscheidung gemäß Art. 4 Nr. 5 ZK (aA BFH, Urt. vom 13.11.2007, VII R 51/05).
2. Hat der Ausführer bei der Ausfuhr alles Erforderliche getan, um eine Ausgangsbestätigung zu erhalten, und hat die Zollverwaltung die Erteilung rechtswidrig verweigert, ist der Anspruch auf die Norm zu stützen, nach der eine Ausgangsbestätigung originär erteilt worden wäre. Die Vorschriften über die nachträgliche Erteilung einer Ausgangsbestätigung (Art. 912f Abs. 1, 1. Anstrich ZKDVO, Art. 46 Abs. 3 VO (EG) Nr. 612/2009) sind nicht anzuwenden.
3. § 4 Abs. 1 Ausfuhrerstattungs-Verordnung ist eine Anspruchsgrundlage.
4. Wird ein Kontrollexemplar T5 von einer deutschen Ausfuhrzollstelle erteilt und erfolgt die Ausfuhr über eine deutsche Ausgangszollstelle, ohne dass die Absicht nachgewiesen ist, dass die Ausfuhr ursprünglich über einen anderen EU-Mitgliedstaat erfolgen sollte, besteht keine Gestellungspflicht bei der Bestimmungsstelle. Sie ergibt sich weder aus § 4 Ausfuhrerstattung-Verordnung, Art. 912c Abs. 1 UAbs. 1 noch aus Verwaltungsvorschriften oder einer ständigen Verwaltungspraxis.
Normenkette
ZK Art. 4 Nr. 5; ZKDV Art. 793 ff., Art. 912a ff., Art. 912c Abs. 1; EGV 612/2009 Art. 46 Abs. 3; AusfErstV §§ 3-4; ErstDV; ATLAS
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Ausgangsbestätigung.
Die Klägerin meldete am 09.09.2009 bei der Ausfuhrzollstelle - dem Zollamt A - mit ATLAS-Ausfuhrbegleitdokument Nr. DE-1 den Container XXX-1 mit 25 Tonnen gefrorenem Hühnerfleisch der Zolltarifposition 0207 1290 9190 zur Ausfuhr in den O unter Inanspruchnahme einer Ausfuhrerstattung an. In der Ausfuhranmeldung ist der Satz der Ausfuhrerstattung vermerkt und ein Hinweis auf die Ausfuhrlizenz, die Genusstauglichkeitsbescheinigung sowie ein Kontrollexemplar T5 für Marktordnungswaren (im Folgenden: T5) enthalten.
Nach elektronischer Annahme der Ausfuhranmeldung gestellte die Klägerin die Ware beim Zollamt A. Der Abfertigungsbeamte nahm das vorausgefüllte T5 entgegen, füllte Feld E aus, brachte den Raumverschluss an und setzte die Ausgangsfrist auf den 14.09.2009 fest.
Vom Zollamt A wurde die Ware am 10.09.2009 über den Grenzübergang X-Straße in den damaligen Hamburger Freihafen transportiert, ohne dass die Ware an der Freihafengrenze körperlich gestellt wurde. Folglich konnte auf dem T5 keine Ausgangsbestätigung angebracht werden. Am 10.09.2009, 10:50 Uhr, erfolgte die Gestellungsmitteilung, dass sich der Container auf dem Betriebsgelände des Terminals B befinde. Gleichzeitig wurde die Ware zur Ausfuhr freigegeben und das Zollamt C, Abfertigung D, erteilte einen Ausgangsvermerk.
Weil in der elektronischen Ausfuhranmeldung vermerkt war, dass ein T5 erteilt worden sei, ging das Zollamt C, Abfertigung D, bei der elektronischen Ausfuhrabfertigung davon aus, dass die Ware bei Einfahrt in den Freihafen körperlich gestellt werden würde und bei dieser Gelegenheit eine marktordnungsrechtliche Warenprüfung stattfinden könne. Daher gab das Zollamt C, Abfertigung D, die Ware zur Ausfuhr frei, ohne eine Entscheidung über die Durchführung einer markenordnungsrechtlichen Kontrolle zu treffen.
Nach den Angaben des Ausfuhrüberwachungsverfahrens ZAPP, der Schiffsmeldedienst-Auslaufliste und der vorgelegten Bill of Lading vom 14.09.2009 verließ die Ware am 14.09.2009 auf dem Schiff E auf dem Seeweg Hamburg in Richtung O. Am 17.10.2009 wurde die Ware im O zur Einfuhr abgefertigt (Bl. 52 der Sachakte).
Mit Schreiben vom 01.10.2009 beantragte die Spedition beim Zollamt C die nachträgliche Abfertigung des T5, weil der eingesetzte Transportunternehmer irrtümlich die Gestellung bei Einfahrt in den Hafen vergessen habe. Zum Nachweis der Ausfuhr legte sie einen Kai-Antrag, eine Kopie der Bill of Lading, eine Interchange-Kopie für die Anlieferung und eine Kopie des Frachtbriefes vor.
Mit Schreiben vom 11.11.2009 teilte das Zollamt C, Abfertigung D, der Klägerin mit, dass gemäß Art. 912c Abs. 1 UAbs.1, i. V. m. Art. 912c Abs. 2, 1. Anstrich ZKDVO i. V. m. §§ 3, 4 Ausfuhrerstattungsverordnung (AE-VO) mit einem T5 beförderte Marktordnungswaren bei Ausfuhr im Seeverkehr über die Freizone Hamburg bzw. dem Containerterminal F (CTF) bei der Abfertigungsstelle D körperlich zu gestellen seien. Die Gestellung sei bei Einfahrt in die Freizone bzw. beim Verbringen zum CTF am Amtsplatz vorzunehmen. Die Mitteilung in ZAPP-System könne die für Marktordnungswaren vorgeschriebene körperliche Gestellung bei gleichzeitiger Abgabe des T5 nicht ersetzen.
Mit Bescheid vom 10.10.2010 lehnte der Beklagte die nachträgliche Erteilung der Ausgangsbestätigung ab. Die in ATLAS vorgenommen Ausfuhranmeldung umfasse neben der zollrechtlichen Abfertigung auch die Überfü...