Entscheidungsstichwort (Thema)

Handelsübliche Qualität von Rindfleisch bei zweimaligem Einfrieren

 

Leitsatz (amtlich)

Bei tiefgefrorenem Rindfleisch, das vor seiner Abgabe an den Verbraucher angetaut und sodann ein weiteres Mal tiefgefroren wird, ist eine Vermarktung unter normalen Bedingungen nicht mehr gewährleistet.

 

Normenkette

EWGV 3665/87 Art. 13; RL 89/108/EWG Art. 1 Abs. 2, Art. 5 Abs. 1

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Rückforderung von Ausfuhrerstattung durch das beklagte Hauptzollamt.

Mit Ausfuhranmeldung vom 13.10.1995 meldete die Klägerin beim Hauptzollamt H 6.859,80 kg gefrorenes Rindfleisch der Marktordnungs-Warenlistennummer 0202 3090 4000 zur Ausfuhr nach Russland an und beantragte hierfür die vorschussweise Gewährung von Ausfuhrerstattung. Das Hauptzollamt H entnahm aus der angemeldeten Warenmenge jeweils eine Untersuchungs- und Rückstellprobe und sandte diese an die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt bei der Oberfinanzdirektion Hamburg. Nachdem die Zolltechnische Prüfungs- und Lehranstalt bei der Oberfinanzdirektion Hamburg in ihrem Untersuchungszeugnis und Gutachten vom 30.10.1995 keine Beanstandungen festgestellt hatte, gewährte das beklagte Hauptzollamt der Klägerin mit Bescheid vom 18.11.1995 antragsgemäß Ausfuhrerstattung in Höhe von DM 21.092,80 als Vorschuss. Mit Bescheid vom 11.4.1996 gab das beklagte Hauptzollamt in der Folgezeit die Sicherheiten frei.

Im Sommer 1998 führte das Hauptzollamt für Prüfungen P bei der Klägerin eine Marktordnungsprüfung durch. In dem vom Hauptzollamt für Prüfungen P erstellten Bericht vom 10.4.2000 heißt es u.a.: Das Kreisveterinäramt K habe hinsichtlich der in Rede stehenden Ausfuhrsendung eine Genusstauglichkeitsbescheinigung ausgestellt, wonach das Fleisch ausschließlich aus den vom Veterinäramt zugelassenen Schlachthöfen S1, Hamburg und S2 stammen würde. Tatsächlich hätten sich in der Sendung, die aus verschiedenen Wareneinkäufen zusammengestellt worden sei, auch Teilmengen italienischer (218,7 kg) und spanischer Herkunft (6.156,3 kg) befunden. Außerdem habe die Klägerin aufgekaufte gefrorene Rindfleischteilstücke in ihrem Betrieb be- und verarbeitet. So sei die Ware der gewünschten Schnittführung angepasst und in neue Kartons verpackt worden, die mit dem Label EZ ... der Klägerin versehen worden seien. Die Änderung der Schnittführung sei nur möglich gewesen, wenn die Ware vorher aufgetaut worden sei.

Mit Berichtigungsbescheid vom 25.10.2000 forderte daraufhin das beklagte Hauptzollamt die der Klägerin gewährte Ausfuhrerstattung zuzüglich eines Zuschlags von 15 % in Höhe von insgesamt DM 22.710,40 für eine Teilmenge von 6.375,5 kg Rindfleisch zurück. Zur Begründung führte es aus: Würden Erstattungswaren mit unrichtigen Herkunftsangaben versehen, seien diese nicht mehr als handelsüblich im Sinne des Art. 13 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 anzusehen. Deshalb sei für eine Teilmenge von 6.375,5 kg Rindfleisch spanischer bzw. italienischer Herkunft Ausfuhrerstattung zu Unrecht gewährt worden.

In ihrem gegen den Berichtungsbescheid vom 25.10.2000 gerichteten Einspruch wandte die Klägerin ein, dass unrichtige Angaben über die Herkunft der Ausfuhrware die gesunde und handelsübliche Qualität des Erzeugnisses nicht in Frage stellten.

Mit Einspruchsentscheidung vom 25.7.2001 wies das beklagte Hauptzollamt den Einspruch der Klägerin gegen den Berichtigungsbescheid vom 25.10.2000 mit der Begründung zurück, dass nach § 22 Fleischhygienegesetz in Verbindung mit §§ 6 Abs. 1, 10 Abs. 1 Fleischhygieneverordnung um- oder ungekennzeichnete Rindfleischteilstücke, aus denen die tatsächliche Herkunft nicht ersichtlich sei, nicht in den Verkehr der Bundesrepublik Deutschland gebracht werden dürften. Das Finanzgericht Hamburg habe mit Urteil vom 15.3.2001 - IV 208/99 - entschieden, dass keine rechtlichen Bedenken bestünden, die Vorschriften des deutschen Fleischhygienerechts zur Beurteilung der handelsüblichen Qualität heranzuziehen. Vorliegend sei infolge des Bearbeitens bzw. Verpackens und Neukennzeichnens die tatsächliche Herkunft der Erzeugnisse nicht zutreffend bezeichnet worden. Die Nichteinhaltung der nationalen fleischhygiene- und lebensmittelrechtlichen Vorschriften führe dazu, dass die Erzeugnisse im Gemeinschaftsgebiet nicht unter normalen Verhältnissen vermarktet werden könnten und deshalb nicht den Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 entsprächen.

Die Klägerin hat am 16.8.2001 Klage erhoben. Sie räumt ein, dass die aus Italien bzw. Spanien bezogene Ware durch die Bearbeitung den internationalen Zuschnitt erhalten habe, der zum Export nach Russland von den Importeuren gefordert werde. Hierzu müsse die Ware tatsächlich angetaut werden. Allerdings bleibe das Fleisch auch nach zweimaligem Einfrieren, sofern dies unter hygienischen Bedingungen geschehe, grundsätzlich für den menschlichen Verzehr geeignet. Sie - die Klägerin - habe jedenfalls spezielle Vorrichtungen zum Bearbeiten tiefgefrorener Waren, um die Bearbeitung unte...

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