Ein zentrales Problem unserer Ernährung ist der übermäßige Fleischkonsum. Eine pflanzenbasierte Ernährung ist im Vergleich dazu nicht nur im Regelfall gesünder, sondern auch ressourcenschonender und besser für das Klima. Green Nudges können dazu beitragen, vegane sowie vegetarische Gerichte attraktiver zu machen.
Ebenso problematisch ist die Verschwendung von Lebensmitteln, die noch genießbar sind, aber unnötigerweise entsorgt werden – oft, weil sie in größerer Menge gekauft wurden, als tatsächlich verzehrt werden kann. Die folgenden Beispiele thematisieren nicht-nachhaltiges Verhalten und stellen anschließend einen “Green Nudge” vor, der auf die erwünschte Handlungsweise abzielt. Die Ergebnisse der Interventionen sind oft überraschend.
CO₂ Fußabdruck auf Kantinendisplays
Heftige Reaktionen löste 2013 der Vorschlag der Grünen in Deutschland aus, einen vegetarischen/veganen Tag in Kantinen von Unternehmen, Schulen oder Universitäten einzuführen. Vorwürfe von "Cancel Culture", Einschränkung der Freiheit oder Bevormundung standen im Raum. Dabei war das Ziel des Vorschlags, nicht nur das Bewusstsein für eine fleischarme Ernährung zu schärfen, sondern auch Emissionen zu reduzieren. Das Problem: Die negativen externen Effekte des Fleischkonsums sind meist unbekannt. Viele Menschen wissen nicht, wie viel CO₂-Emissionen ihr Steak verursacht oder wie ein Fleischgericht mit einer vegetarischen Option vergleichbar ist.
Dabei zeigte ein Experiment 2022, dass das Umweltbewusstsein in diesem Fall sehr wohl Kaufentscheidungen beeinflussen kann. In einer großen Münchner Universitätsmensa mit über 8.000 Besuchern wurde innerhalb von zehn Tagen erforscht, ob die Darstellung negativer Umweltauswirkungen, wie CO₂-Emissionen, auf den Menü-Displays die Essensauswahl beeinflusst. Durch die Anzeige des CO₂-Fußabdrucks in Verbindung mit Ampelfarben für die Umweltbelastung der Gerichte konnte eine fast zehnprozentige Reduktion der CO₂-Emissionen erreicht werden. Dies war vor allem der Fall, wenn die Umweltkosten in Euro angegeben wurden.
„Sommerplatte“ statt „Sojasteak“ - Reframing von veganen oder vegetarischen Speisen
Liseberg, Schwedens größter Freizeitpark, hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 zum weltweiten Branchenführer im Bereich Nachhaltigkeit aufzusteigen. Ein zentraler Ansatzpunkt ist die Steigerung des Absatzes von veganen und vegetarischen Gerichten in den Park Restaurants. Eine Analyse hat ergeben, dass die vegetarischen Optionen weniger ansprechend präsentiert wurden, da sie vorrangig als Alternative zu Fleischgerichten und nicht aufgrund ihrer eigenen Qualitäten als leckere Speisen in den Vordergrund gestellt wurden.
Um die Attraktivität veganer und vegetarischer Gerichte zu steigern, erfolgte eine Umbenennung und eine auffälligere Präsentation. Das „Sojasteak“ wurde beispielsweise zum „Sommerteller“ und vegetarische Speisen erhielten im Menü eine prominente Platzierung als „Restaurant Favoriten“. Diese Maßnahmen führten in einem der Parkrestaurants zu einem Verkaufsanstieg vegetarischer Gerichte um 76 Prozent und des „Sommertellers“, vormals „Sojasteak“, sogar um 275 Prozent.
Normal - oder mit Fleisch?
Der Verzehr von Fleisch ist tief in der westlichen Kultur verwurzelt. Doch das hat seinen Preis. Die globale, landwirtschaftliche Tierhaltung macht ungefähr 14,5 Prozent aller menschengemachten Emissionen aus – das entspricht 7,1 Gigatonnen CO₂-Äquivalenten pro Jahr. Rindfleisch ist dabei der CO₂-Spitzenreiter: Die Produktion von einem Kilogramm Fleisch verursacht Emissionen von 60 kg CO₂-Äquivalenten. Wir brauchen weniger Fleischesser oder mehr Menschen, die seltener Fleisch essen. Leider gibt es Speisen, die quasi immer mit Fleisch daherkommen – wie Burger. Es ist die Standardoption. Das etablierte Normal. Bestellt man einen Burger, bekommt man einen mit Beef.
Das Experiment „Normal oder mit Fleisch“ von Burger King Austria in einem Wiener Restaurant zielte darauf ab, den Status quo zu ändern. Kunden, die nicht ausdrücklich „mit Fleisch“ bestellten, erhielten einen Veggie-Burger. Das Ergebnis: eine Steigerung des Absatzes pflanzlicher Burger um 270 Prozent.
Die intelligente Verpackung, die Food Waste reduzieren kann
Jährlich verschwenden wir 88 Millionen Tonnen Lebensmittel - allein aufgrund eines abgelaufenen Mindesthaltbarkeitsdatums. So landet Essen im Müll, nur weil das aufgedruckte Datum das vermeintliche Ende der Haltbarkeit signalisiert – selbst wenn es noch genießbar wäre. Das Problem ist, dass es oft schwierig ist zu beurteilen, ob Lebensmittel noch gut sind. Zwar gibt es die bewährte Methode „Sehen, Riechen, Schmecken“, doch bei verpackten Lebensmitteln stößt dieser Ansatz an seine Grenzen.
Ein britisches Start-up hat eine innovative Verpackungslösung entwickelt, die mittels Feedback-Nudge Verbrauchern und Händlern anzeigt, ob Lebensmittel noch frisch oder bereits verdorben sind. Diese intelligenten Verpackungen – Etiketten oder Verschlüsse – ändern ihre Oberflächenbeschaffenheit von glatt zu rau, sobald das Lebensmittel nicht mehr genießbar ist. Diese einfache, intuitive Methode ermöglicht es jedem, direkt am Regal oder zu Hause sofort zu erkennen, ob ein Produkt noch verzehrt werden kann, und bietet eine klare und zuverlässige Alternative zum herkömmlichen Mindesthaltbarkeitsdatum.
Weniger Lebensmittelverschwendung mit einer simplen Voreinstellung
Lebensmittelverschwendung ist nicht nur in Supermärkten oder zu Hause ein Problem, sondern auch in Restaurants. 12 Prozent des weltweiten Food Waste entstehen durch in der Gastronomie weggeworfene Essensreste, die oft noch am nächsten Tag gegessen werden könnten. Der kulturelle Kontext spielt hier eine große Rolle. In den USA ist es ganz normal, sich den Rest des Essens in einer „Doggie Bag“ einpacken zu lassen. Im Gegensatz dazu ist diese Praxis in Europa, insbesondere in Italien, selten und steht im Widerspruch zu einer etablierten Esskultur, die frisch zubereitete Mahlzeiten bevorzugt.
Um das Problem anzugehen, wurde ein Default-Nudge entwickelt, der Gäste in Restaurants ermutigt, Essensreste in speziellen Behältern – sogenannten "Foodie Bags" – mit nach Hause zu nehmen. An jedem Tisch gab es einen Token mit einer grünen und einer roten Seite. Die grüne Seite signalisierte dem Servicepersonal automatisch, dass der Gast seine Reste mitnehmen möchte. Das Ergebnis: Eine deutliche Zunahme der Nutzung von Foodie Bags. Vor der Intervention nahmen nur 40 Prozent der Gäste ihre Reste mit, danach stieg die Rate auf 80 Prozent.
--
Über den Autor
Matthias Höppner, der Initiator und Editor-in-Chief von green-nudges.com, und sein Team veröffentlichen auf ihrer Website, LinkedIn und Instagram jede Woche einen neuen Green Nudge aus aller Welt. Die Seite ist eine der führenden Plattformen für grüne Interventionen, die Menschen zur Inspiration für ihre Arbeit und Projekte nutzen können. Zusätzlich zur wöchentlichen Serie bieten Matthias und sein Team aus erfahrenen Verhaltenswissenschaftlern ein Beratungsangebot für Unternehmen oder andere Organisationen an, um ihnen dabei zu helfen, passende Green Nudges zu identifizieren, mit denen sie Mitarbeiter und Kunden zu nachhaltigem Verhalten bewegen können.