Leitsatz (redaktionell)

Zulässigkeit der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG auch hinsichtlich des Auflösungsbetrages aus einer § 6 b EStG Rücklage.

Der Auflösungsbetrag bleibt Ertrag aus der Grundstücksverwaltung.

Der Zinsbetrag nach § 6b Absatz 7 EStG stellt keine gewerbesteuerpflichtigen Einkünfte aus Kapitalvermögen dar, sondern ist der gewinnerhöhenden Auflösung der Reinvestitionsrücklage zuzuordnen.

 

Normenkette

EStG § 6b; GewStG § 9 Nr. 1 S. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 15.03.2000; Aktenzeichen I R 17/99)

 

Tatbestand

Zwischen den Parteien ist streitig, ob der steuerpflichtige Gewerbeertrag im Jahr 1993 um einen sich aus der Auflösung einer Rücklage gemäß § 6b Einkommensteuergesetz (EStG) ergebenden Betrag von DM … Tsd. zu kürzen und die entsprechende Gewerbesteuerrückstellung in Höhe von DM … Tsd. aufzulösen ist.

Unternehmensgegenstand der am … 1951 mit Sitz in Hamburg errichteten Klägerin ist seit September 1958 ausschließlich die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes und eigenen Kapitalvermögens.

Die Klägerin veräußerte im August 1990 ein unbebautes Grundstück und stellte die dabei aufgedeckte stille Reserve in Höhe von DM … Mio. in eine Rücklage nach § 6b EStG ein. (Blatt 2 Jahresabschluß 1990, Bilanz- und Bilanzberichtsakten -BA-) Der erzielte Veräußerungsgewinn sollte von den Herstellungskosten eines zu einem späteren Zeitpunkt geplanten Betriebsgebäudes abgezogen werden. (Tz. 12 Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden Jahresabschluß 1990 -BA-)

Zum 31.12.1993 wurde die Rücklage wie folgt aufgelöst:

Stand 1.1.1993

… Mio. DM

./. Verrechnung mit Herstellungskosten Lagerhalle im Bau,

… Tsd. DM

(Tz. 8 Bilanzierungs- und Bewertung. Jahresabschluß 1993 -BA-)

./. gewinnerhöhende Auflösung der Rücklage

… Tsd. DM

Stand 31.12.1993

0,00 DM

In der Gewerbesteuererklärung für 1993 am 22. September 1994 (Blatt 18ff. Gewerbesteuerakte -GeA-) erklärte die Klägerin einen steuerpflichtigen Gewerbeertrag von DM … Tsd. Sie kürzte den Gewinn aus dem Gewerbebetrieb gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (-GewStG-) um den Auflösungsgewinn aus der gemäß § 6b EStG gebildeten Rücklage in Höhe von DM … Tsd. sowie um einen Betrag von DM … Tsd. aus der Verzinsung der Rücklage gemäß § 6b Absatz 7 EStG.

Das seinerzeit zuständige Finanzamt für Körperschaften Hamburg-… errechnete den steuerpflichtigen Gewerbeertrag im Gewerbesteuerbescheid 1993 vom 6. Dezember 1995 (Blatt 31ff. GeA) wie folgt:

Auflösung der Rücklage gemäß § 6b EStG

… Tsd. DM

Verzinsung der Rücklage gemäß § 6b EStG

… Tsd. DM

Insgesamt

… Mio. DM

./. GewSt- Belastung

… Tsd. DM

Hinzurechnung zum steuerpf. Gewerbeertrag

… Tsd. DM

Gewerbeertrag, Nutzung von Kapitalvermögen (lt. Erkl.)

… Tsd. DM

steuerpflichtiger Gewerbeertrag

… Tsd. DM

Die Klägerin legte am 3.01.1996 Einspruch ein. (Blatt 34ff. GeA)

Der Beklagte wies den Einspruch am 27. November 1996 als unbegründet zurück. (Blatt 38ff. GeA)

Die Klägerin hat am 17.12.1996 Klage erhoben.

Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG könne auf Antrag der Teil des Gewerbeertrags, der auf den Grundbesitz entfalle, vom gewerblichen Gewinn abgesetzt werden. Es sei nicht ersichtlich, daß Grundstücke bzw. Grundstücksteile, aus denen die Erträge stammten, im Erhebungszeitraum noch zum Betriebsvermögen gehören müßten. Vielmehr sei entscheidend, daß im Erhebungszeitraum nur Erträge aus eigener Grundstücksverwaltung erzielt wurden und eigener Grundbesitz im Betriebsvermögen enthalten sei.

Das Urteil des BFH vom 28. Juni 1989, I R 124/88 BStBl II 1990,76 sei gegenüber einem gemeinnützig anerkannten Wohnungsbauunternehmen in der Rechtsform einer GmbH ergangen, das für bestimmte Geschäfte nach § 6 Absatz 2 und 4 Wohnungseigentumsgesetz (WGG) eine Ausnahme erhalten habe und aus dieser Tätigkeit mit sämtlichen Einkünften der Gewerbesteuer unterliege. Für sie, die Klägerin, müßten andere Kriterien gelten. Wegen des Verweises in der Urteilsbegründung auf das BFH-Urteil vom 29. April 1987 (I R 10/86 BStBl. II 1987, 603), sei bei ihr der aufgrund der Veräußerung erzielte Gewinn gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei der Ermittlung des Gewerbeertrags zu kürzen, denn sie verwalte und nutze – auch im Streitjahr – ausschließlich eigenen Grundbesitz. Der durch den Grundstücksverkauf realisierte Gewinn stamme, obwohl er nunmehr durch die Auflösung einer Rücklage entstanden sei, aus der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes der Klägerin.

Die Auslegung der Klägerin werde auch durch den ursprünglichen Sinn und Zweck der Vorschrift des § 9 Nr.1 Satz 2 GewStG, Grundstücksunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft entsprechend den gewerbesteuerfreien Personenunternehmen gleichzustellen, gestützt. Vermögensverwaltende Personengesellschaften unterlägen mit den Gewinnen aus Grundstücksveräußerungen nie der Gewerbesteuer. Die vom Beklagten vertretene Auffassung würde dem gesetzgeberischen Zweck, eine Doppelbelastung von Grundstückserträgen mit Grundsteuer und Gewerbesteuer zu vermeiden, zuwider laufen.

Die Klägerin beantragt,

den Gewerbesteuerbes...

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