Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer: Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung bei verbilligter Vermietung an nahe Angehörige
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Mietvertrag zwischen einem Steuerpflichtigen und seinen Eltern ist dann anzuerkennen, wenn die Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt worden sind. Die Nichtdurchführung der Nebenkostenabrechnung hat in diesem Zusammenhang kein ausschlaggebendes Gewicht.
2. Bei einer auf Dauer angelegten Vermietung ist grundsätzlich von dem Vorliegen einer Einkünfteerzielungsabsicht auszugehen, solange der Mietzins nicht weniger als 75 v. H. der ortsüblichen Marktmiete beträgt.
3. Maßgeblich für die Ermittlung der ortsüblichen Marktmiete sind die objektiven Umstände, insbesondere die tatsächliche Größe und nicht die im Mietvertrag angegebene Größe des Mietobjekts.
4. Die ortsübliche Marktmiete gem. § 21 Abs. 2 EStG ist die am Wohnungsmarkt für vergleichbare Objekte (nach Lage, Art und Ausstattung) erzielbare Miete. Zur Ermittlung dieser erzielbaren Miete kann auf einen Mietspiegel oder ein Sachverständigengutachten zurückgegriffen werden.
5. Im Einzelfall kann die ortsübliche Marktmiete die ortsübliche Vergleichsmiete übersteigen, wenn ersichtlich ist, dass bei einer Neuvermietung eine höhere Miete erzielt werden kann.
6. Bei einer Grundstücksübertragung im Rahmen einer vorweggenommenen Erbfolge im Zusammenhang mit der Übernahme der Darlehensverbindlichkeiten der Eltern handelt es sich um einen gemischten Vertrag, der zum Teil auch privat veranlasst ist, wenn der Verkehrswert des Grundstücks niedriger ist als die übernommenen Verbindlichkeiten und kein fremder Dritter bereit wäre, mehr zu zahlen, als das Grundstück objektiv wert ist.
7. Von dem ermittelten Verkehrswert ist ein Abschlag vorzunehmen, wenn vor der Übertragung des Grundstücks ein Mietvertrag abgeschlossen wurde, der für den Vermieter ungünstige Konditionen beinhaltet.
Normenkette
EStG § 21
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, in welcher Höhe Einkünfte der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung zu berücksichtigen sind.
Die ... geborene Klägerin ist als ... in Hamburg tätig.
Mit Darlehensverträgen vom ... 2009 gewährte die A AG der Klägerin Darlehen in Höhe von 144.000 € und in Höhe von 76.000 €. Die Darlehen sollten durch Grundschulden (an den Grundstücken der Eltern und der Großeltern der Klägerin) besichert werden. Außerdem verpfändete die Klägerin ihre Rentenversicherungen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Darlehensverträge verwiesen.
Am ... 2009 schloss die Klägerin als Vermieterin mit ihren Eltern als Mieter einen Mietvertrag über das Einfamilienhaus in der X-Straße (heute: Y-Straße) in B ab. Das Mietverhältnis begann am 01.03.2009. Der vereinbarte monatliche Mietzins betrug 515 € zuzüglich 220 € Vorauszahlung auf die Betriebskosten. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Mietvertrag verwiesen.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom ... 2009 übertrug die Mutter der Klägerin das Grundstück in der X-Straße in B auf die Klägerin. Nach § 1 des Vertrags waren für das Grundstück in Abteilung III des Grundbuchs diverse Grundschulden eingetragen. Hierzu wurde in § 5 des Vertrags folgende Vereinbarung getroffen:
"Die beiden Rechte Abteilung II Nr. 1 und 2 sollen ebenso wie sämtliche voraufgeführte Grundpfandrechte im Grundbuch gelöscht werden."
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Übertragungsvertrag, insbesondere auf dessen § 3, verwiesen.
Die Darlehen wurden am 05.03.2009 ausgezahlt. Die Auszahlung erfolgte in Höhe von 210.919,05 € unmittelbar auf das Konto des Vaters der Klägerin. Zu diesem Zeitpunkt beliefen sich der Kontokorrentkredit des Vaters auf 72.392,13 € sowie die Darlehensverbindlichkeiten auf 41.341,51 € und 89.617,25 €. Außerdem bestanden Verpflichtungen des Vaters zur Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 5.515 €, von Gebühren in Höhe von 110 € und sonstigen Verbindlichkeiten in Höhe von 1.943,16 €. Der Differenzbetrag in Höhe von 9.048,22 € (220.000 € abzüglich des an den Vater gezahlten Betrages in Höhe von 210.919,05 €) wurde an die Klägerin ausgezahlt.
Es entstanden Notarkosten für die Grundschulden in Höhe von 449,82 € und 343 € und für die Löschungsbewilligung in Höhe von 182,13 €, sonstige Kreditkosten in Höhe von 114,86 € und eine Bürgschaftsgebühr in Höhe von 212,80 €.
In ihrer am 26.05.2010 eingegangenen Einkommensteuererklärung für 2009 erklärte die Klägerin Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von -6.247 €. Dabei gab sie Einnahmen in Höhe von 5.150 € und Werbungskosten in Höhe von 11.397 € an. In diesem Zusammenhang erklärte sie Schuldzinsen in Höhe von 7.139 €, Geldbeschaffungskosten in Höhe von 2.809 € und laufende Betriebskosten in Höhe von 1.449 €.
Der Beklagte berücksichtigte in dem Einkommensteuerbescheid für 2009 vom 28.10.2010 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 5.901 €. Er erhöhte die Einnahmen um Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 2.200 € und erkannte Zinse...