Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH III B 71/12)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer: Realteilung ohne Spitzenausgleich bei Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer mehrgliedrigen Personengesellschaft unter Übernahme eines Teilbetriebs, dem zuvor liquide Mittel zugeordnet wurden, und bei Fortsetzung der Personengesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern
Leitsatz (amtlich)
1. Scheidet ein Gesellschafter aus einer Personengesellschaft unter Übernahme eines Teilbetriebes aus, liegt auch dann eine Realteilung und kein Ausscheiden gegen Sachwertabfindung vor, wenn die Mitunternehmerschaft von den übrigen Gesellschaftern fortgeführt wird (gegen BMF-Schreiben vom 28.02.2006, BStBl I 2006, 228).
2. Die vorherige Zuführung vorhandener liquider Mittel zu dem von dem Ausscheidenden zu übernehmenden Teilbetrieb ist kein steuerpflichtiger Spitzenausgleich.
3. Die Bindungswirkung einer von allen Feststellungsbeteiligten beantragten und antragsgemäß erteilten verbindlichen Auskunft entfällt nicht, wenn ein Feststellungsbeteiligter eine abweichende steuerliche Behandlung verlangt, ein anderer sich aber auf die Bindungswirkung beruft und die Feststellungsbeteiligten bereits entsprechend der Auskunft disponiert haben.
4. Bei einer Realteilung ohne Spitzenausgleich besteht keine Verpflichtung, eine Auseinandersetzungsbilanz zu erstellen und einen Übergangsgewinn zu ermitteln.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 S. 2, § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1, § 4 Abs. 1, 3; UmwStG § 24; AO § 89 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin anlässlich ihres im Wege der Realteilung durchgeführten Ausscheidens aus einer Wirtschaftsprüfungs-, Steuerberatungs- und Rechtsanwaltssozietät einen Gewinn zu versteuern hat.
I.
1. a. Die "A oHG ..." (im Folgenden "oHG") ist eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, die seit 1992 im Handelsregister als oHG eingetragen ist (vgl. Handelsregisterauszüge, Finanzgerichtsakten -FGA- Bl. ...; sog. Schein-oHG). Gesellschafter waren im Streitjahr zunächst die Beigeladenen zu 1. bis 4. und 6. sowie die Klägerin. Parallel dazu gab es eine Sozietät in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (im Folgenden "GbR"), an der dieselben Gesellschafter mit denselben Beteiligungsverhältnissen beteiligt waren. Die Klägerin war seit 1998 Gesellschafterin der oHG und der GbR mit einem Anteil am Gesellschaftsvermögen von jeweils 20 %. Die oHG und die GbR unterhielten neben ihrer Hauptniederlassung in B eine Zweigniederlassung in C. Die C Niederlassung wurde ausschließlich durch die Klägerin geleitet.
b. Zwischen der oHG und der GbR bestand ein am ... 2000 geschlossener Gesellschaftsvertrag (Betriebsprüfungsarbeitsakten -BpAA- Bd. I Bl. ...), in dem vereinbart war, dass zwischen den beiden Gesellschaften trotz der zwei Erscheinungsformen im Außenverhältnis - sämtliche Mandatsverhältnisse und sonstigen Verträge waren einer der beiden Gesellschaften zugeordnet - im Innenverhältnis eine untrennbare rechtliche und wirtschaftliche Einheit bestehen solle (im Folgenden als Sozietät bezeichnet). Ferner enthielt der Vertrag folgende Bestimmungen:
"C. Gesellschafter
(...)
i) Rechnungslegung, Ergebnis, Entnahmen
(2) Die Jahres-Ergebnisermittlung erfolgt auf der Grundlage einer Einnahme-Überschuß-Rechnung. Daneben wird auf statistischer Grundlage ein Vermögensstatus erstellt, der auch den jeweiligen Anteil der Gesellschafter am festgelegten und am verfügbaren Eigenkapital aufzeigt. (...) Entnahmen, Einlagen und Ergebnisanteile sind unter Einbeziehung eines Eigenkapital-Ausgleichspostens zu berücksichtigen. Der Eigenkapital-Ausgleichsposten resultiert aus der Differenz zwischen der Gutschrift der Ergebnisanteile aus der Einnahme-Überschuß-Rechnung und dem statistischen Jahresergebnis im Vermögensstatus. (...)
j) Beendigung der Mitgliedschaft
(...)
(8) Alle Abfindungsansprüche richten sich nach C. a) Abs. 2 und 5, wobei auch ein Anteil am Eigenkapital-Ausgleichsposten im Vermögensstatus zu berücksichtigen ist. An stillen Reserven, einem Praxis- oder Firmenwert, an Gewinnen aus schwebenden Geschäften u. ä. hat der ausscheidende Gesellschafter aufgrund der Regelung in C. a) Abs. 2 sowie im Interesse der Erhaltung des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze keinen Anteil, (...)."
Die GbR und die oHG erstellten gemeinsame Einnahmenüberschussrechnungen und Feststellungserklärungen und wurden beim Beklagten unter einer Steuernummer geführt.
c. Die oHG hatte eine Tochtergesellschaft, die D GmbH ... (vgl. Handelsregisterauszug, Finanzgerichtsakten -FGA- Bl. ...; im Folgenden: D GmbH), die ebenfalls auf dem Gebiet der Wirtschaftsprüfung tätig war.
2. a. Mit Schreiben vom ... 2005 (Akte "Verbindliche Auskunft" Bl. ...) stellte die oHG beim Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft. Es sei geplant, dass die Klägerin zum ... 2005 aus der oHG ausscheiden und die bislang von ihr betreute C Niederlassung mit sä...