Entscheidungsstichwort (Thema)
Zolltarifliche Einreihung von sog. Kälberhütten. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: VII R 8/24)
Leitsatz (amtlich)
Überwiegend aus Kunststoff bestehende "Hütten" bzw. Boxen, die Kälber vor widrigen Witterungsbedingungen schützen sollen und die aufgrund einer nicht schließbaren Zutrittsöffnung keinen allseitig umschlossenen Raum bilden, stellen bereits deshalb keine vorgefertigten Gebäude der Position 9406 KN dar, sondern sind nach ihrer stofflichen Beschaffenheit in die Unterposition 3926 9097 KN einzureihen.
Normenkette
KN Unterpos. 3926 9097; KN Unterpos. 9406 9090
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die zolltarifliche Einreihung von sog. Kälberhütten.
Am 05.08.2015 beantragte die Klägerin die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) für eine von ihr regelmäßig eingeführte Produktreihe von Kälberhütten zur Aufzucht von Kälbern. Im Produktkatalog des Herstellers werden diese Hütten auch als Kälberboxen oder Kälberiglus bezeichnet. Die aus einem Gehäuse (Wände und Dach) und einem Fußbodenelement bestehenden Waren sind mit Einstreu- und Belüftungsöffnungen sowie an der Vorderseite mit einer Eintrittsöffnung ohne Tür versehen. Lediglich die Gruppenhütte "A" wird ohne Bodenelement eingeführt und anschließend um einen Boden aus Massivholz ergänzt. Das kleinste streitgegenständliche Modell ("B") besitzt eine Länge von 147 cm, eine Breite von 109 cm und eine Höhe von 117 cm. Die größte Hütte ("A") hat die Maße 220 cm x 273 cm x 183 cm. Die Kälberhütten werden üblicherweise außerhalb von Ställen aufgestellt und dienen den Tieren als Witterungsschutz. Sie bestehen aus Polyethylen (mit einem Anteil von 8 % Titaniumdioxid) und einem Metallrahmen als Grundlage jeder Hütte. Zudem ist ein metallischer Rahmen in den Türrahmen eingeschweißt. Der Anteil dieser metallischen Bauteile an der Gesamtware variiert zwischen 12 und 21 %. Die Klägerin schlug eine Einreihung der Waren in die damalige Unterposition 9406 0080 KN (seit dem 01.01.2017: Unterposition 9406 9090 KN) als aus anderen Stoffen vorgefertigte Gebäude vor.
Mit vZTA vom 29.09.2015 (DE XXX-1) reihte der Beklagte die Ware als "andere Ware aus Kunststoffen", andere als von den Unterpositionen 3926 1000 KN bis 3926 9092 KN erfasst, in die Unterposition 3926 9097 KN ein. Eine Einreihung als vorgefertigtes Gebäude in die Position 9406 KN scheide aus, da die Hütten keinen allseitig umschlossenen Raum bildeten.
Hiergegen legte die Klägerin am 30.10.2015 Einspruch ein. Das Merkmal "allseitig umschlossener Raum" sei nicht wesensbestimmend für ein Gebäude. Da die Kombinierte Nomenklatur den Begriff des Gebäudes nicht definiere, sei auf den allgemeinen Sprachgebrauch und dabei auf das baurechtliche Verständnis abzustellen. Nach der deutschen Musterbauordnung seien Gebäude selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlagen, die von Menschen betreten werden könnten und geeignet oder bestimmt seien, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen. Bauliche Anlagen seien mit dem Erdboden verbundene aus Bauprodukten hergestellte Anlagen. Eine Verbindung mit dem Erdboden bestehe auch dann, wenn die Anlage durch eigene Schwere auf dem Boden ruhe oder auf ortsfesten Bahnen begrenzt beweglich sei oder wenn die Anlage nach ihrem Verwendungszweck dazu bestimmt sei, überwiegend ortsfest benutzt zu werden. All diese Merkmale seien im Fall der Kälberhütten erfüllt. Unerheblich sei, dass die Zutrittsöffnung nicht schließbar sei. Bei vielen Gebäuden sei der Raum nicht vollständig umschlossen. Zudem sei die Ware im Harmonized Tariff Schedule of the United States (2015) als "animal sheds of plastic" der Unterposition 9406.00.8050 zugeordnet.
Im Folgenden wies der Beklagte darauf hin, dass den in der Anmerkung 4 zu Kapitel 94 KN und den in den Erläuterungen zur Position 9406 HS genannten Gebäuden gemein sei, dass sie über allseitig umschlossene Räume und mindestens über ein Dach, Wände, Türen und häufig auch Fenster verfügten. Mangels Begriffsbestimmung in der Kombinierten Nomenklatur sei für den Begriff des Gebäudes auf die allgemeine Verkehrsauffassung entsprechend dem Bauordnungsrecht abzustellen. Es treffe zu, dass insoweit zwar nicht jedes Gebäude einen allseitig umschlossenen Raum erfordere, aber die Gebäude des sich aus der Anmerkung 4 zu Kapitel 94 KN ergebenden Warenkreises. Hieraus ergebe sich, dass nicht alle denkbaren Gebäudearten unter diese Position einzureihen seien, sondern nur die hier aufgeführten und ihnen vergleichbare, also solche, die einen allseitig umschlossenen Raum bildeten. Überdies seien die Kälberhütten keine mit dem Erdboden verbundenen, aus Bauprodukten hergestellten Anlagen. Angesichts ihrer Außenabmessungen und ihres Gewichts seien sie, womit auch der Hersteller werbe, leicht zu transportieren. Von ihrem beabsichtigten Verwendungszweck und ihrer Einsatzmöglichkeit seien sie eher mit einer Hundehütte als mit einem ortsfesten Gebäude i.S...